Nach Supreme-Court-Leak Biden macht sich für Recht auf Abtreibung stark
03.05.2022, 17:51 Uhr
"Wir werden bereit sein, wenn eine Entscheidung ergeht", kündigt Joe Biden an.
(Foto: IMAGO/UPI Photo)
Wird das verfassungsgemäße Grundrecht auf Abtreibung in den USA gekippt? Laut dem Entwurf einer Urteilsbegründung des Supreme Court könnte das durchaus passieren. Präsident Biden will das nach Möglichkeit verhindern - und appelliert an die Wählerinnen und Wähler.
US-Präsident Joe Biden hat angesichts einer möglichen massiven Einschränkung des Abtreibungsrechts in den USA Gegenwehr angekündigt. Es brauche ein landesweites Gesetz, welches das Recht auf Abtreibung schütze, sagte der US-Präsident. Er wolle sich dafür einsetzen, dass ein solches Gesetz "verabschiedet und unterzeichnet" werde. Der Oberste US-Gerichtshof dürfe sein Grundsatzurteil zu Abtreibungen von 1973 nicht kippen. "Wir werden bereit sein, wenn eine Entscheidung ergeht", so Biden. Mit den aktuellen Mehrheiten im Senat können Bidens Demokraten ein solches Gesetz aber nicht ohne Weiteres durchbringen.
Hintergrund ist der Entwurf einer Urteilsbegründung des Supreme Court, der dem Magazin "Politico" vorliegt und der laut dem Bericht im Gericht kursiert. Diesem Entwurf zufolge soll das als "Roe v. Wade" (Roe gegen Wade) bekannte Grundsatzurteil von 1973 gekippt werden. Das von "Politico" veröffentlichte Dokument ist auf den 10. Februar datiert. Unbekannt ist, ob sich der Entwurf seither verändert hat oder es weitere Entwürfe gab.
Bislang gibt es keine Zweifel an der Echtheit des Dokuments. Biden mahnte dennoch Vorsicht an: "Wir wissen nicht, ob dieser Entwurf echt ist, oder ob er die endgültige Entscheidung des Gerichts widerspiegelt." Bislang war erwartet worden, dass der Supreme Court seine Entscheidung zu "Roe v. Wade" Ende Juni verkündet. Mit einer endgültigen Entscheidung des Gerichts wird in den nächsten zwei Monaten gerechnet.
Mit dem Grundsatzurteil "Roe v. Wade" wurden Abtreibungen in den USA als verfassungsmäßiges Grundrecht verankert. Der Supreme Court bestätigte dies 1992 in seinem Urteil "Planned Parenthood v. Casey". Als Richtlinie gilt, dass Schwangerschaftsabbrüche so lange erlaubt sind, bis der Fötus außerhalb des Mutterleibs lebensfähig wäre. Das ist in der Regel etwa ab der 24. Schwangerschaftswoche der Fall. Das ist wohlgemerkt ein deutlich größeres Zeitfenster als in vielen anderen Staaten.
Bundesstaaten hätten freie Hand
Laut dem nun öffentlich gewordenen Urteilsentwurf will die konservative Gerichtsmehrheit "Roe v. Wade" komplett aufheben. Das würde bedeuten, dass es in den USA kein landesweites Grundrecht auf Abtreibungen mehr gäbe - das Thema ist in keinem Bundesgesetz geregelt. Damit hätten die Bundesstaaten freie Hand, Abtreibungen zu verbieten oder einzuschränken.
Schätzungen zufolge dürfte etwa die Hälfte der 50 Bundesstaaten diesen Weg wählen, viele haben entsprechende Gesetze bereits vorbereitet. Das betrifft konservativ regierte Bundesstaaten, während von den Demokraten von Präsident Biden regierte Bundesstaaten am Recht auf Schwangerschaftsabbrüche festhalten werden. Viele Frauen könnten damit künftig gezwungen sein, in andere Bundesstaaten zu reisen, wenn sie eine Abtreibung vornehmen lassen wollen.
Er sei der Meinung, dass das Recht der Frau auf Wahlfreiheit von grundlegender Bedeutung sei und dass "Roe v. Wade" seit fast fünfzig Jahren geltendes Recht sei, so Biden. Der US-Präsident blickte in seiner Mitteilung auch auf die Kongresswahlen im November dieses Jahres. Es werde an den Wählerinnen und Wählern liegen, Abgeordnete und Senatoren zu wählen, die das Recht der Frau auf Entscheidungsfreiheit unterstützen. Es brauche mehr von ihnen, um schließlich ein entsprechendes Gesetz zum Recht auf Abtreibung zu verabschieden.
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP