Ziel: Rechtssicher sanktionieren Bundesregierung plant "Oligarchen-Gesetz"
06.04.2022, 18:53 Uhr
Deutsche Behörden wollen Rechtssicherheit für Sanktionen, etwa die Beschlagnahmung von Oligarchen-Jachten, schaffen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die Bundesregierung erlässt zwar zahlreiche Sanktionen gegen russische Staatsbürger. Es fehlt allerdings an einer eigenständigen Rechtsgrundlage. Das soll ein Gesetz nun ändern. Bessere Informationen sollen etwa das Einfrieren von Vermögen erleichtern.
Die Bundesregierung plant ein neues Gesetz, um Sanktionen beispielsweise gegen Menschen aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin besser durchzusetzen. Angestrebt werde "ein Sanktionendurchsetzungsgesetz, in dem die verschiedenen Gesetze, die hier berührt sind, aufgegriffen werden, und wir ganz schnell uns alle Handlungsmöglichkeiten verschaffen, die wir brauchen, um 'state of the art' handeln zu können", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag. Einen Zeitplan gibt es derzeit offenbar noch nicht. Im Umfeld des Finanzministeriums, das neben dem Wirtschaftsministerium federführend ist, hieß es, es sei eine zügige Ausarbeitung geplant.
Bei der Durchsetzung der Sanktionen gegen russische Oligarchen und Unternehmen gebe es eine Reihe von Schwachstellen, so die Task Force. "Ein zentrales Problem ist, dass es keine eigenständigen Rechtsgrundlagen für die Vermögensermittlung im Sanktionsbereich gibt. Dies führt dazu, dass die Behörden auf allgemeine Rechtsgrundlagen zugreifen müssen, die nicht für den Sanktionsbereich ausgelegt sind." Auch der Datenaustausch zwischen den Behörden sei verbesserungswürdig. Besonders problematisch seien Umgehungsfälle, in denen Vermögen verschoben oder verschleiert werde.
"Zur Erfassung dieser Fälle auf nationaler Ebene ist es erforderlich, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen." Bundesfinanzminister Christian Lindner kündigte das Gesetz mehreren Teilnehmern zufolge im Finanzausschuss des Bundestages als Möglichkeit an. Deutschland habe bislang nur wenig Erfahrung mit der Durchsetzung solcher Sanktionen, sagte ein der Insider zu Reuters. Die Frage, ob der deutsche Staat "alle notwendigen Instrumente" zur Verfügung habe, um bei den Sanktionen "aktiv so zu handeln, wie wir das gerne wollen", bezeichnete Bundeskanzler Scholz als "völlig berechtigt". Die Antwort darauf "lautet Nein". Es solle Rechtssicherheit geschaffen werden, ergänzte ein zweiter Teilnehmer der Sitzung.
Oligarchen können Eigentum selbst noch nutzen
Nach bisherigen Angaben der Bundesregierung können Oligarchen, die im Zuge des Krieges in der Ukraine von EU-Sanktionen gegen Russland betroffen sind, ihr Eigentum in den meisten Fällen zumindest noch selbst nutzen. Dementsprechend dürfe eine Jacht beispielsweise noch im Hafen liegen, aber nicht mehr verchartert werden. Eine Eigentumswohnung dürfe weiter vom sanktionierten Eigentümer selbst genutzt, aber nicht verkauft werden. Das eigene Auto dürfe noch gefahren, aber nicht als Taxi verwendet werden.
Unter anderem die Organisation Transparency Deutschland hatte in Zusammenhang mit den Sanktionen gegen vermögende und einflussreiche Russen Mängel bei den hiesigen Regelungen zum wirtschaftlichen Eigentum kritisiert. Schmutziges Geld könne in Deutschland zu einfach versteckt werden, monierte die Organisation Anfang März. Es sei unbekannt oder nicht nachzuweisen, welche Immobilien und anderen Vermögenswerte die Oligarchen in Deutschland tatsächlich besäßen.
Angedacht seien nun im Rahmen eines Gesetzes spezielle Eingriffsmöglichkeiten, etwa zur Anordnung von Zwangsverwaltungen, verlautete aus Regierungskreisen. Dies gehe bislang nur im Zusammenhang mit einem Strafverfahren. Die Task Force der Regierung besteht seit Mitte März. Ein Fokus liege derzeit auf dem Einfrieren von Vermögen, heißt es im dem Bericht für das Kabinett. Es gehe momentan um mehrere Hundert Personen und Organisationen. Hier solle die Task Force Einzelfälle aufgreifen und lösen, die Vermögensermittlung koordinieren und den Informationsaustausch verbessern. Einzelinformationen würden zentral gebündelt und im Zweifel schnell an die Staatssekretäre in den Ministerien weitergereicht.
Quelle: ntv.de, als/rts/AFP