
Die Bauern rechnen dieses Jahr nur noch mit einer Getreideernte von 36 Millionen Tonnen.
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Die Trockenheit und Hitze der letzten Wochen trifft die Bauern besonders hart. Die Landwirte fordern eine Milliarde Euro Entschädigung vom Staat. Das ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch anmaßend.
Arme Bauern? Ja. In vielen Regionen Deutschlands ist es staubtrocken. Die anhaltende Dürre trifft die Landwirtschaft schwer. Die Landwirte rechnen mit massiven Ernteausfällen. Der Erlös aus der Getreideernte wird voraussichtlich um 1,4 Milliarden Euro einbrechen. Höchste Zeit für staatliche Hilfen? Nein. Denn wirklich arm sind die Bauern nicht. Die Forderung des Bauernverbands, notleidenden Landwirten mit einer Milliarde Euro aus der Patsche zu helfen, ist dreist.
Selbst wenn die Bauern statt mit 41 Millionen Tonnen jetzt nur noch mit einer Getreideernte von 36 Millionen Tonnen rechnen und vor massiven Umsatzeinbußen stehen, das Wetter gehört für die Landwirte zum Berufsrisiko. Die Folgen mögen dieses Jahr extrem sein. Aber auf schlechte Jahre müssen sich Landwirte vorbereiten. Jede andere Branche sorgt vor. In der Landwirtschaft verzichten die Bauern darauf, Rücklagen zu bilden, weil dann Steuern fällig werden. Versicherungen sind ihnen zu teuer. Aber das ist ihre private Entscheidung.
Außerdem sind die Bauern längst privilegiert. Banken gestehen von Dürre betroffenen Landwirten nicht nur besondere Darlehen zu, auch die Europäische Union räumt ihnen eine Sonderrolle ein. Etwa 40 Prozent des EU-Haushalts sind Agrarsubventionen. Die schätzungsweise 268.000 deutschen Bauern erhalten insgesamt 6,2 Milliarden Euro. Davon fließen mit rund 175 Euro pro Jahr für einen Hektar Land jede Menge Geld des Landwirtschaftsministeriums direkt auf die Konten der Landwirte.
Auch der Vorwurf, die Bundesregierung würde die Bauern ihrem Schicksal überlassen, ist falsch. Liegt die Ernte 30 Prozent unter dem üblichen Durchschnitt und nimmt der Einbruch ein nationales Ausmaß an, greift nach Vorgaben des Bundesrechnungshofs der Bund den Landwirten sowieso unter die Arme. Zuletzt war das 2003 der Fall. In einem der heißesten Sommer der letzten 100 Jahre erreichten die Temperaturen damals mehr als 40 Grad. Deshalb erhielten die Bauern Soforthilfen in Höhe von 72 Millionen Euro. Obwohl die Temperaturen nicht mit denen vor 15 Jahren zu vergleichen sind, hat der Bauernverband seine Forderung nach Unterstützung ein gutes Stück nach oben korrigiert. Warum eigentlich? Geht es etwa darum, Profit aus der Situation zu schlagen? Oder wird den Landwirten bewusst, dass sich solche Dürren häufen?
Bauern tragen eine Teilschuld
Seit Jahren wird der Klimawandel stärker spürbar. Auch die industrialisierte Landwirtschaft ist daran schuld. Sie trägt mit etwa einem Drittel der weltweit ausgestoßenen Treibhausgase erheblich zur Erderwärmung bei. Die Entwicklung ist nicht nur absehbar. Die Bitte des Bauernverbandes, für ein Phänomen entschädigt zu werden, an dem die Landwirtschaft mindestens eine Teilschuld trägt, ist unverschämt.
Die Dürreschäden, vor denen die Bauern jetzt stehen, gehen auch auf den Klimawandel zurück. Staatliche Hilfen für alle sind deswegen nicht zu rechtfertigen. Agrarsubventionen müssen in Zukunft an Bedingungen geknüpft werden und eine nachhaltige und umweltfreundliche Landwirtschaft fördern. An dieser Stelle sind auch die Verbraucher gefragt. Durch ihre Nachfrage sind sie schließlich mitverantwortlich an den Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft. Sie müssen endlich weniger billiges Fleisch und Gemüse kaufen.
Quelle: ntv.de