Der Kriegstag im Überblick Erdogan glaubt an Verhandlungslösung - Briten sehen Schwachpunkt bei Kreml-Panzern
18.08.2022, 21:14 Uhr
Ein russischer Panzer in der Ukraine im Einsatz.
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
Bei seinem Besuch in der Ukraine betont der türkische Präsident Erdogan seine Hoffnung auf ein diplomatisches Ende des Krieges. Unterdessen weisen britische Geheimdienste auf eine Schwachstelle russischer Panzer hin. Ein Experte glaubt aber nicht, dass Moskaus Armeen bald kollabieren. Der 176. Kriegstag im Überblick:
Erdogan glaubt an Ende des Krieges "am Verhandlungstisch"
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt weiter auf eine diplomatische Lösung für den Krieg in der Ukraine. "Ich glaube weiter daran, dass der Krieg irgendwann am Verhandlungstisch enden wird. Tatsächlich sehen auch Herr Selenskyj und Herr Guterres das so", sagte Erdogan laut dem türkischen Präsidialpalast in Lwiw im Westen der Ukraine. Dort hatten sich Erdogan, UN-Generalsekretär António Guterres und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gesprächen getroffen. Man werde die Ergebnisse der Unterhaltungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auswerten, so Erdogan.
Selenskyj ehrt verwundete Soldaten
Vor dem Treffen mit Erdogan und Guterres besuchte Selenskyj ein Militärkrankenhaus in Lwiw. Dort sprach er mit Verwundeten und Ärzten, wie auf veröffentlichten Fotos zu sehen ist. Er würdigte die Kämpfer als "Helden". "Russland wird diesen Krieg nicht gewinnen. Danke für den Schutz des ukrainischen Landes", sagte Selenskyj einer Mitteilung zufolge. Mehreren Soldaten verlieh der 44-Jährige Orden.
Moskau lehnt demilitarisierte Zone um AKW ab
Moskau weist die Vorschläge der Vereinten Nationen für eine Entmilitarisierung der Zone um das besetzte Atomkraftwerk Saporischschja zurück. Das sei inakzeptabel, weil dadurch die Anlage noch anfälliger werde für Angriffe, sagt ein Sprecher des russischen Außenministeriums. Russland erwarte vielmehr, dass schon in "unmittelbarer Kürze" Experten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) das AKW besichtigen werden. Eine solche Mission ist seit langem geplant.
Zuletzt hatten die Vereinten Nationen Vorwürfe Moskaus zurückgewiesen, die UN hätten eine IAEA-Mission verhindert. Dem Vernehmen nach gibt es Streit etwa um den Reiseweg der Experten durch das Kriegsgebiet, das teils von ukrainischen und teils von russischen Truppen kontrolliert wird. Das AKW wird immer wieder beschossen, Russland und die Ukraine geben sich dafür gegenseitig die Schuld.
London sieht russische Panzer schlecht geschützt
Russland hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste Probleme beim Schutz seiner Kampfpanzer. Die schwere Beschädigung vieler russischer Fahrzeuge in der Ukraine hänge mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zusammen, dass die Panzer nicht gut genug mit sogenannter Reaktivpanzerung geschützt seien, heißt es in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in London.
Solche Schutzhüllen können den Angaben zufolge Panzer bei Beschuss vor Schäden bewahren. Die Geheimdienste gehen demnach davon aus, dass viele russische Truppen nicht ausreichend im Umgang mit solchen Schutzhüllen geschult sind. Deshalb seien diese gar nicht an den Panzern angebracht - oder zumindest nicht so, dass sie explosive Geschosse abhalten könnten.
Munitionslager in Russland brennt
Ein russisches Munitionslager im Gebiet Belgorod dicht an der Grenze zur Ukraine ist nach örtlichen Behördenangaben in Flammen aufgegangen. Niemand sei verletzt worden, schrieb der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, auf Telegram. Den Angaben nach lag das Depot bei dem Dorf Timonowo, etwa 4,5 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. "Nach der Brandursache wird gesucht", schrieb Gladkow.
Militärexperte erwartet keinen schnellen Kollaps der russischen Truppen
Der österreichische Militärexperte, Oberst Markus Reisner, rechnet dennoch nicht mit einem baldigen Kollaps der russischen Armee. "Die westlichen Waffenlieferungen zeigen zwar Wirkung, aber noch immer nicht in durchschlagender und nachhaltiger Form", erklärte er in einem Online-Beitrag. Erst bei einem voll umfassenden Stopp der russischen Angriffe oder bei einem Zurückweichen von Moskaus Truppen könne man von einer Wende sprechen.
Die bisherigen westlichen Waffenlieferungen bewirkten, dass die ukrainischen Streitkräfte "zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben haben", so Reisner und fragt: "Wenn die bis jetzt aus den USA gelieferten 16 Mehrfachraketenwerfer vom Typ HIMARS bis jetzt nachvollziehbare Erfolge erzielt haben, stellt sich die Frage: Warum liefern die USA nicht mehr?" Das Fazit des Militärexperten: "Wenn der Westen nicht in den kommenden Wochen gesteigerte Stückzahlen hochmoderner Waffen (darunter vor allem Artillerie und Mehrfachraketenwerfer, aber auch weitreichende Fliegerabwehr) in die Ukraine liefert, kann die Ukraine diesen Konflikt nicht für sich entscheiden."
Gaskunden drohen zwei weitere Umlagen
Auf Gaskunden in Deutschland könnten neben der Gasumlage noch weitere Umlagen zukommen. Vom 1. Oktober an müssen Gasversorger auf jede von Haushalten verbrauchte Kilowattstunde Erdgas 0,57 Cent für sogenannte Regelenergie zahlen, wie das Unternehmen Trading Hub Europe (THE) – ein Gemeinschaftsunternehmen der Ferngas-Netzbetreiber - mitteilte. Bei Firmen beträgt die Umlage 0,39 Cent je Kilowattstunde.
Die Regelenergieumlage gibt es schon mehrere Jahre. Ob und in welcher Höhe sie von den Gaslieferanten auf die Endverbraucher umgelegt wird, ist offen. Neu ist die Gasspeicherumlage von 0,059 Cent je Kilowattstunde. Diese Umlage soll THE die Kosten ersetzen, die zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit entstehen, etwa für den Gaseinkauf. Auch hier ist allerdings noch unklar, ob sie auf die Verbraucher umgelegt wird.
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Quelle: ntv.de, jpe/dpa