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Indizien für Komplizen Fico-Attentäter soll kein "einsamer Wolf" gewesen sein

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Nach dem Angriff auf Fico spielen sich chaotische Szenen am Tatort ab.

Nach dem Angriff auf Fico spielen sich chaotische Szenen am Tatort ab.

(Foto: picture alliance/dpa/TASR)

Bei einem Angriff wird der slowakische Regierungschef Robert Fico durch mehrere Schüsse schwer verletzt. Zunächst gehen die Behörden von einem Einzeltäter aus. Nun prüfen sie, ob noch weitere Personen in das Attentat verstrickt sind.

Der Mann, der am Mittwoch den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico lebensgefährlich verletzt hat, ist möglicherweise doch kein Einzeltäter. Es gebe dafür Indizien, sagte Innenminister Matus Sutaj Estok vor Journalisten in Bratislava. "Wir haben ein Ermittlerteam zusammengestellt, das auch mit der Version arbeiten wird, dass es sich nicht um einen einsamen Wolf handelte."

Eins der Indizien sei, dass der vollständige Inhaltsverlauf der Facebook-Seite des Täters zwei Stunden nach seiner Festnahme gelöscht worden sei. Er sei zu diesem Zeitpunkt in den Händen der Polizei gewesen und habe selbst keinen Zugang zu der Seite gehabt. Auch seine Frau habe in diesem Augenblick nicht darauf zugreifen können, erklärte der Minister.

Es sei zu prüfen, ob "der Täter zu einer bestimmten Gruppe von Personen gehörte, die sich gegenseitig für dieses Verbrechen rekrutiert und unterstützt haben könnten", so Estok. Zunächst ging das Innenministerium davon aus, dass der Mann allein gehandelt hatte.

Auch Verteidigungsminister Robert Kalinak sagte, es gebe Hinweise, wonach der Attentatsversuch "in einem größeren Kreis besprochen" worden sei. "All das sind schockierende Informationen und für viele von uns wäre es viel einfacher, wenn wir nur von einer Person sprechen könnten." Die Situation erweise sich "als noch schlimmer, als wir es erwartet haben", so Kalinak.

Sutaj Estok richtete eine Warnung an "alle Tastatur-Helden", die das Attentat auf den 59 Jahre alten Regierungschef im Internet guthießen oder weitere Hassbotschaften und Gewaltaufrufe verbreiteten. Die Polizei werde schonungslos gegen alle solche Hetzer vorgehen, sie finden und für ihre Bestrafung sorgen.

Positive Prognose für Fico

Vier Tage nach dem Attentat ist Fico außer Lebensgefahr. Allerdings sei sein Gesundheitszustand weiterhin ernst, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Robert Kalinak. "Wir sind alle etwas ruhiger", sagte er vor dem Krankenhaus in Banska Bystrica, in dem Fico behandelt wird. Eine Verlegung in ein Krankenhaus in der Hauptstadt Bratislava könne jedoch noch nicht in Erwägung gezogen werden, sagte Kalinak. Doch die schlimmsten Befürchtungen seien vorerst vorüber.

Der 59-jährige pro-russische Regierungschef war am Mittwoch bei einer Begegnung mit Bürgern vor einem Kulturzentrum in der zentralslowakischen Stadt Handlova von einem Mann angeschossen und von mehreren Kugeln getroffen worden. Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie er sich Schaulustigen hinter Absperrungen nähert und Hände schütteln wollte, als ein Mann nach vorne trat, seinen Arm ausstreckte und Schüsse abgab. Der Angreifer wurde überwältigt und festgenommen.

Der festgenommene mutmaßliche Attentäter ist laut Medienberichten 71 Jahre alt, ein früherer Wachmann und Autor von Gedichtbänden. Er wurde wegen versuchten Mordes angeklagt. Ein Gericht entschied am Samstag, dass der Verdächtige in Untersuchungshaft bleibt.

Ermittlungen gegen Ficos Leibwächter

Direkt nach Angriff wurde Kritik am Verhalten der Leibwächter Ficos laut. Experten rügen vor allem deren chaotisches Verhalten. Sie wundern sich, dass der Angreifer mehrere Schüsse abfeuern konnte und sich niemand vor ihn stellte. Die Behörden prüfen, ob seine Personenschützer ihn nicht ausreichend geschützt haben. Entsprechende Ermittlungen "wegen Behinderung der Aufgaben eines Amtsträgers" seien bereits am Mittwoch eingeleitet worden, sagte eine Behördensprecherin der Nachrichtenagentur TASR.

Fico hatte im April bei Facebook seine Einschätzung geteilt, dass die steigenden Spannungen in der Slowakei zu einem Politikermord führen könnten. Er warf den Medien vor, die Spannungen zu schüren.

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Der linkspopulistische Fico ist seit langem umstritten. Seine Regierung hat Schritte unternommen, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einer Reform zu unterziehen. Kritiker befürchten, dass damit die Regierung die volle Kontrolle über das öffentlich-rechtliche Fernsehen und Radio bekäme. Auch Ficos Pläne, das Strafgesetzbuch zu überarbeiten, riefen Bedenken hervor, er verfolge einen autokratischen Kurs.

Fico hat im Oktober das Amt als Ministerpräsident angetreten, das er seit 2006 bereits drei Mal innehatte. Seither hat er einen Politikwechsel eingeleitet, den Kritiker in der Opposition als Griff nach der Macht bezeichnen. Er hat die Hilfe für die Ukraine zurückgefahren und sich zugleich um einen Dialog mit Russland bemüht. Die NATO machte er für den russischen Angriffskrieg mitverantwortlich. Zudem hat er eine Sonder-Staatsanwaltschaft entmachtet, die gegen Korruption vorgehen soll.

Quelle: ntv.de, gut/dpa/AP

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