Politik

"Arche"-Gründer Siggelkow"Müssen aufhören, in Brennpunkten immer mehr Brandherde zu schaffen"

25.11.2025, 13:42 Uhr
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"Arche"-Gründer Siggelkow: "Übernehmen inzwischen staatliche Aufgaben im Bildungsbereich." (Foto: Max Patzig)

Seit drei Jahrzehnten unterstützt die "Arche" Kinder aus teils prekären Verhältnissen. Für den Gründer des Hilfswerks, Siggelkow, ist der Jahrestag kein Grund zur Freude: Der Erfolg sei der Misserfolg der Gesellschaft. Der Politik macht er schwere Vorwürfe.

Der Leiter und Gründer des Kinder- und Jugendhilfswerk "Arche", Bernd Siggelkow, wirft der Politik vor, die Probleme angesichts zunehmender Migration nicht ernst zu nehmen. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der "Arche" am heutigen Dienstag erklärt er: "Die Leute sind frustriert." Dies sei auch einer der Gründe, warum "eine sehr rechtsorientierte Partei" inzwischen gerade in sozial schwächeren Gegenden und Regionen immer mehr Erfolge feiern würde.

Ein weiterer Grund sei, dass Migranten immer dort untergebracht würden, wo die Lage ohnehin schon schwierig sei. "Wo wurden die Berliner Flüchtlingseinrichtungen gebaut? Nicht in Zehlendorf oder Dahlem", sagte Siggelkow ntv. "Wir müssen", so der Pastor weiter, "auf jeden Fall aufhören, in Brennpunkten immer mehr Brandherde zu schaffen". Migranten müssten deshalb gerechter und besser verteilt werden, "anstatt sie in einer Subkultur zusammenzupferchen, die ein bestimmtes Gedankengut fördert".

Damit einher gehe das Problem der mangelnden Sprachkenntnisse. "Es kann auch nicht sein, dass in manchen Schulen 50 Prozent der Erstklässler kein Wort Deutsch sprechen. Da muss man nicht irgendwelche Sprachkurse vorbereiten, sondern sofort sagen: 'Die Kinder lernen heute Deutsch'", so der "Arche"-Gründer weiter. Das Kinder- und Jugendhilfswerk "Arche" übernehme daher mittlerweile bereits staatliche Aufgaben im Bildungsbereich. "Inzwischen bieten wir sogar in der Arche Deutschkurse an - als Zweitsprache für die Eltern der Kinder", sagt Siggelkow. Das Jugendamt schicke die Menschen einfach zur "Arche", 160 Anmeldungen habe man in den vergangenen Wochen bekommen.

Auch was er im Ruhrgebiet sehe, beunruhige ihn, sagt der 61-Jährige. Dort seien unglaublich viele Schleusergruppen aktiv. "Die holen Menschen aus osteuropäischen Ländern für Geld zu uns. Anschließend überweisen wir Kindergeld an Kinder, die gar nicht hier sind. Das schwächt unser System." Siggelkows Fazit: "Staat und Politik versagen und überlassen den extremen Parteien das Feld."

Das fehlende politische Interesse erklärt sich der Pastor mit dem fehlenden politischen Mehrwert: "Die Politik kommt nur im Wahlkampf für Fotos vorbei. Kinderarmut ist eben ein schwieriges Thema: Kinder haben keine Wählerstimmen." Laut Siggelkow betreut die Arche täglich etwa 11.000 Kinder. Seit der Gründung 1995 in Berlin-Hellersdorf hat die Einrichtung mit ungefähr 100.000 Kindern und Jugendlichen gearbeitet. "Das ist ein Armutszeugnis", sagt Siggelkow. "Der Erfolg der 'Arche' ist der Misserfolg der Gesellschaft."

Quelle: ntv.de, tar

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