Politik

Debatte um Kampfpanzer Heusgen: Scholz hat sich in den USA keine Freunde gemacht

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Heusgen war früher sicherheitspolitischer Berater von Angela Merkel und später Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen.

(Foto: dpa)

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Immer wieder deutet der Kreml den möglichen Einsatz von Nuklearwaffen an. Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Heusgen, hält Ängste vor einer Eskalation trotzdem für unbegründet. Mit dem langen Zögern bei der Kampfpanzer-Zusage habe Deutschland Vertrauen verspielt, kritisiert der Spitzendiplomat.

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, rechnet nicht mit einem Einsatz von Atomwaffen durch Russland im Ukraine-Krieg. Kreml-Chef Wladimir Putin wisse, "dass er keine Atomwaffen einsetzen kann, weil er dann die Unterstützung seines wichtigsten Partners China verliert, das vor einem Atomwaffeneinsatz gewarnt hat", sagte er der "Rheinischen Post" und dem Bonner "General-Anzeiger". "Das wird er nicht riskieren. Ohne China ist Russland in der Welt isoliert." Putin habe mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht, "um vor allem uns in Deutschland und Europa einzuschüchtern".

Eine Grundlage für Friedensverhandlungen sieht Heusgen derzeit nicht. "Ich bin immer dafür, Friedensgespräche nicht auszuschließen", sagte er. Zwar gebe es durchaus Verhandlungen hinter den Kulissen, die zum Austausch von Gefangenen oder zum Export von Getreide aus ukrainischen Häfen geführt hätten. "Ich sehe aktuell aber keine Basis für Gespräche, die zu einem Ende des Krieges führen könnten, weil die Kriegsziele Russlands und der Ukraine sehr weit auseinanderliegen."

USA verlagern Fokus

Deutliche Kritik übt Heusgen am Verhalten von Bundeskanzler Olaf Scholz in der Kampfpanzer-Debatte. Die US-Regierung hätte erwartet, dass Deutschland bei den Leopards die Führungsrolle übernimmt - der Kanzler habe diese aber nicht angenommen, stellt Heusgen fest. "Freunde hat sich der Bundeskanzler in Washington damit sicherlich nicht gemacht".

Die Bundesregierung will Leopard-2-Panzer in die Ukraine liefern und dies auch Bündnispartnern erlauben. Die Entscheidung fiel aber erst, nachdem absehbar war, dass auch die USA zur Lieferung von Kampfpanzern bereit sind. "Die USA haben zehn Mal so viele Waffen an die Ukraine geliefert wie Deutschland. Ich weiß nicht, wo wir Europäer bei der Unterstützung der Ukraine ohne die Amerikaner stünden oder wo die Russen jetzt stünden", so Heusgen weiter. Daher könne er durchaus nachvollziehen, wenn die amerikanische Seite darüber verstimmt sei.

Europa müsse sicherheitspolitisch stärker auf eigenen Füßen stehen. "Europa und Deutschland müssen dafür aber mehr tun, vor allem, weil sich die NATO-Führungsmacht USA stärker in den indopazifischen Raum orientiert", sagte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Europa werde aber in absehbarer Zeit dennoch weiter auch auf die USA als Schutzmacht angewiesen sein. Heusgen betonte, dass Deutschland als wirtschaftlich stärkstes Land in Europa eine Führungsrolle einnehmen müsse - und zwar auch militärisch. "Doch genau das sehen wir gerade nicht. Führung kann nicht heißen, immer nur als Letzter - siehe Kampfpanzer - das Nötigste zu tun". Deutschland bleibe hinter seinen Möglichkeiten und Erwartungen zurück.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 30. Januar 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa

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