Politik

Er organisiert die Diesel-Demos "Ich protestiere für die kleinen Leute"

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Der 26-jährige Ioannis Sakkaros organisiert die Proteste.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Hochburg des Gelbwesten-Protests in Deutschland liegt in Stuttgart. Zuletzt gingen dort knapp 2000 Menschen gegen Diesel-Fahrverbote auf die Straße. Im Interview mit n-tv.de erklärt der Organisator der Demonstrationen, was er von der Politik erwartet.

n-tv.de: Herr Sakkaros, seit drei Wochen gehen Sie gegen Diesel-Fahrverbote in Stuttgart auf die Straße. Was wollen Sie erreichen?

Ioannis Sakkaros: Ich erwarte, dass die Politik eine Lösung findet, die für die Betroffenen gut ist. Fahrverbote richten sich ganz eindeutig gegen die Bürger. Und damit wachsen Unzufriedenheit und Unmut der Regierung gegenüber.

Die Grenzwerte sind ja in Brüssel festgelegt worden, mit Zustimmung der Bundesregierung. Aber im Alleingang kann Berlin das nicht wieder ändern.

Ich verlange ja auch nicht, dass Deutschland sie ändert. Ich will, dass die Grenzwerte allgemein überprüft werden. Es gibt Studien, die widerlegen, dass diese niedrigen Grenzwerte irgendetwas bringen. Wir wünschen uns einfach, dass es noch einmal geprüft und das Ergebnis veröffentlicht wird. Keiner von uns ist gegen Umweltschutz. Der Diesel wurde damals als klimafreundliche Alternative eingeführt, weil er viel weniger CO2 ausstößt. In dem Wissen haben viele Menschen einen Diesel gekauft. Wir haben das Gefühl, dass uns die Autos jetzt weggenommen werden sollen. Und es gibt viele Menschen, die darauf angewiesen sind und sich kein neues Auto leisten können. Für diese Leute setze ich mich ein.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat in einem Brief an die EU-Kommission die Überprüfung der Grenzwerte eingefordert. Reicht Ihnen das?

Ja, wenn sie tatsächlich überprüft werden. Aber wenn das in Brüssel wieder abgeschmettert wird, sicher nicht.

Sie rufen bei den Demos in Stuttgart dazu auf, eine gelbe Warnweste zu tragen. Was verbindet Sie mit dem Gelbwesten-Protest in Frankreich?

Ich protestiere gegen eine Regierung, die Politik zu Lasten der kleinen Leute macht. So in etwa passiert es ja auch in Frankreich. Der Unterschied ist, dass sie in Frankreich wegen der Spritpreise auf die Straße gehen - wir eben wegen der Fahrverbote. Uns verbindet außerdem mit den Gelbwesten, dass der Protest überparteilich ist, oder es in Frankreich zumindest war. Wir haben das Gesicht der Überparteilichkeit aber noch nicht verloren.

Sie sprechen es an: in Frankreich ist die Überparteilichkeit verloren gegangen. Extrem rechte und linke Gruppen versuchen, den Protest für sich zu nutzen. Fürchten auch Sie, politisch instrumentalisiert zu werden?

Die AfD hat es ja schon versucht, sich mit unserem Protest zu profilieren. So lange ich diese Demo organisiere, werde ich es nicht zulassen, dass wir von politischen Gruppen unterwandert werden. Wir bleiben unparteiisch.

Aber besonders die AfD macht sich doch im Bereich Verkehrspolitik sehr stark für den Diesel und für die Automobilindustrie. Wäre das keine willkommene Unterstützung?

Nein, definitiv nicht. Wir würden dadurch sofort in die rechte Ecke gestellt. Und ich kann mich mit denen einfach nicht identifizieren. Die AfD macht ja außerdem ihre eigene Demo, samstags vor unserer Veranstaltung, was ich lächerlich finde. Die Teilnehmer unserer Demo wissen, dass man unparteiisch bleiben muss, wenn man möglichst viele Menschen auf die Straße holen möchte. Man muss dann einfach an einem Strang ziehen, egal ob man rechts- oder linksgerichtet ist.

Sie arbeiten als Mechatroniker bei Porsche, kennen sich technisch also mit dem Thema aus. Warum trägt die Politik Ihrer Meinung nach mehr Verantwortung für Ihre Situation als die Autobauer, die jahrelang bei den Abgaswerten nicht ehrlich waren?

Die Politik hat die Rahmenbedingungen geschaffen, in denen die Manipulationen überhaupt erst möglich waren. Ein Beispiel dafür ist der NEFZ-Test, dessen Aussagekraft jahrelang angezweifelt wurde. Da haben sogar fachfremde Menschen gemerkt, dass Autos viel mehr verbrauchen als laut diesem Test angegeben wurde. Die Autos wurden nur auf dem Prüfstand gemessen, was es den Autobauern erst ermöglicht hat, die Software so zu schreiben, dass sie die Testsituation erkannt hat. Das hätte mit dem Testverfahren RDE nie passieren können. Diese Vorgaben hat die Politik gemacht.

Sie wohnen in Stuttgart an einer Hauptverkehrsstraße. Können Sie verstehen, dass es Menschen gibt, die sich wegen schlechter Luft Sorgen um ihre Gesundheit machen?

Ich weiß nicht. In China sterben die Menschen ja auch nicht wegen der Abgase und wir haben hier vermutlich 100 mal so gute Luft. (Anm. d. Redaktion: Nach einer Studie der Universität Nanjing aus dem Jahr 2017 können ein Drittel der Todesfälle in China mit Smog in Verbindung gebracht werden.) Auch die Beispiele, die angeführt werden, finde ich ein bisschen lächerlich. Wenn die ARD das Fraunhofer-Institut zitiert, das Werte in einer Wohnung am Neckartor misst, hat das einfach wenig Aussagekraft. Wenn die Gastherme läuft, eine Kerze brennt oder gekocht wird, verursacht das schon stärkere Emissionen. Auch das Beispiel, dass am Neckartor spielende Kinder mit den Emissionen belastet werden - welches Kind spielt einen halben Meter neben dem Fahrbahnrand einer Hauptverkehrsstraße?

Was werden Sie tun, wenn Sie ab dem 1. April nicht mehr mit dem Auto ins Stadtgebiet fahren dürfen?

Ich wohne im Stadtgebiet und ich werde meinen Diesel weiter behalten.

Das Interview mit Ioannis Sakkaros führten Benjamin Konietzny und Judith Görs.

Quelle: ntv.de

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