Politik

Endlos-Wahldrama im Kapitol "Ich stimme für Donald John Trump"

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Raunen im Saal - Grinsen bei Matt Gaetz.

(Foto: picture alliance / Jack Gruber-USA TODAY)

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Der Versuch, einen Mehrheitsführer im US-Repräsentantenhaus zu wählen, dauert an. Einer der Abgeordneten nominiert Ex-Präsident Trump und beweist damit: Aufmerksamkeit ist ihm wichtiger, als das Drama zu beenden. Es untermauert den Verdacht, dass allein Geltungssucht die Hardliner antreibt.

Ein innerparteilicher Krieg, ein Gemetzel, eine Schlacht, ein Drama - es gibt viele Bezeichnungen für das, was sich da gerade in Washington abspielt. Nach elf Wahlgängen an drei Tagen ist noch immer kein Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt. Und der Kandidat der Mehrheits-Partei, Kevin McCarthy, sagt: "Wenn es jetzt ein bisschen länger dauert, ist das okay. Es ist wichtig, dass wir diesen Prozess jetzt durchmachen." Denn er weiß: Auf den Sprecher des Repräsentantenhauses, egal wer es wird, warten die härtesten zwei Jahre in dieser Position seit Langem.

Denn die 20 Abtrünnigen der Republikaner machen weiterhin keine Anstalten, ihre Haltung zu ändern. Warum sollten sie auch? Sie sind nicht nur in der stärksten Verhandlungsposition - sie bekommen die maximale Aufmerksamkeit. Um die Namen einiger Hardliner kommt kein Nachrichtenmoderator herum. Verlassen sie den Plenarsaal, stürzen sich alle wartenden Journalisten auf sie. Die großen Zeitungen und Fernsehsender sind mit so viel Personal im Kapitol, dass sie die wichtigsten Gänge, aus denen Abgeordnete kommen, mit unterschiedlichen Kollegen besetzt haben.

Doch auch der Plenarsaal wird zur Bühne. Als der siebte Wahlgang beginnt, läuft alles wie immer. Keine Überraschungen bis zum Buchstaben G. Als Matt Gaetz aufgerufen wird, steht er auf und ruft: "Ich stimme für Donald John Trump". Ein Raunen im Saal und dann ein Grinsen bei ihm, als er sich setzt. Das zeigt, sein Vorhaben hat funktioniert. Dass der Abgeordnete aus Florida ein glühender Trump-Fan ist, daran bestand schon vorher kein Zweifel. Aber seine symbolische Geste, Trump aufzustellen, zeigt, dass er nur an der nächsten Schlagzeile interessiert ist. Tatsächlich muss der Sprecher des Repräsentantenhauses kein Abgeordneter sein, aber Donald Trump bekommt an diesem Tag genau eine Stimme - am Ende eine aussichtslose Nominierung.

"Er hat die nötigen Stimmen nicht"

Gaetz hatte sich Mitte 2022 dafür ausgesprochen, dass Wähler, die zu den Zwischenwahlen gehen, ihre Waffe mitnehmen dürfen, um sich vor "Einschüchterung" zu schützen. Der 40-Jährige ist für ein liberales Waffenrecht. Gaetz gehört zu den lautesten Gegnern von McCarthy, die sich von keinem Angebot umstimmen lassen werden.

Ebenso wie die Abgeordnete Lauren Boebert aus Colorado. Die 36-Jährige erhebt regelmäßig das Wort in Interviews und im Plenarsaal, um Kevin McCarthy die Fähigkeit der Führung abzusprechen. "Er hat die nötigen Stimmen nicht", ruft sie im Plenarsaal in die republikanische Fraktion. Ihr Lieblingspräsident sei Trump. Sie gehört zu denen, die am lautesten und am häufigsten die Lüge von der gestohlenen Präsidentschaftswahl wiederholen.

In einem Fernsehinterview fliegen zwischen Moderator Sean Hannity und Boebert die Fetzen. Und das bei einem Sender, der vor allem von Konservativen geschaut wird und wo sie sich eigentlich zu Hause fühlen müsste - Fox News. Ob sie denke, dass sie in einer Spielshow sei, fragt der Moderator, und ob es nicht Zeit sei, anzuerkennen, dass in der republikanischen Fraktion 200 Abgeordnete für McCarthy und nur 20 gegen ihn seien. Sie antwortet: Es seien viel mehr für ihre Gruppe als gegen die Gruppe.

Sichert Aufmerksamkeit auch die Wiederwahl?

Eine Umkehr der Argumente, das Nichtbeantworten von Fragen. Dieser Schlagabtausch mag für Zuschauende einen gewissen Unterhaltungseffekt haben. Er steht aber symptomatisch für den aktuellen Moment: Die Abweichler führen an, dass das System in Washington kaputt sei und sie es ändern wollen. Aber wenn ihnen Parteifreunde entgegnen, dann lasst uns doch damit beginnen, entgegnen sie: nicht mit McCarthy.

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Der aber ist im Moment der einzige Kandidat, der von 200 Abgeordneten der Fraktion unterstützt wird. Und bevor der Posten des Sprechers nicht besetzt ist, können die Abgeordneten nicht vereidigt werden und die Arbeit nicht beginnen. Nicht die Arbeit an den Gesetzen und nicht die Änderungen am System.

Die Zeit läuft für die Politiker. Das Repräsentantenhaus wird alle zwei Jahre komplett gewählt. Ihr Zeitfenster, um etwas zu bewegen, ist übersichtlich. Da könnte es helfen, wenn sich die Namen bei den Wählerinnen und Wählern einbrennen. In den Medien aufzutauchen, hilft dabei. Das ist vielleicht, was die 20 Rebellen in der republikanischen Fraktion im Moment motiviert. Sollten sie Donald Trump als Vorbild haben, so ist er der Beleg, dass man mit Dramen und Skandalen Aufmerksamkeit gewinnt - aber nicht zwingend eine Wiederwahl.

Quelle: ntv.de

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