Keine Mehrheit im US-Kongress Wahldrama um McCarthy erhält Fortsetzung
06.01.2023, 03:48 Uhr
Kevin McCarthy will sich weiteren Wahlgängen stellen.
(Foto: AP)
Für Kevin McCarthy ist es eine öffentliche Bloßstellung. Elf Mal in Folge scheitert der Republikaner bei der Wahl zum Vorsitz im US-Repräsentantenhaus. Grund sind radikale Kräfte in seiner Partei, die sich gegen ihn stellen. Nun geht der Machtkampf erneut in die Verlängerung.
Nach fünf weiteren ergebnislosen Wahlgängen hat das US-Repräsentantenhaus die Abstimmung über den Vorsitz der Parlamentskammer erneut vertagt. Einen entsprechenden Antrag nahm die Kammer am Donnerstagabend (Ortszeit) mit knapper Mehrheit an. Die Demokraten stemmten sich gegen die erneute Unterbrechung des Wahlprozederes. Die nächste Sitzung soll nun heute (12.00 Uhr Ortszeit/18.00 Uhr MEZ) beginnen. Dann werden weitere Wahlgänge erwartet.
Das Wahldrama im US-Kongress zieht sich bereits seit Dienstag hin. Hintergrund ist ein parteiinterner Machtkampf bei den Republikanern. Deren Kandidat für den Vorsitz des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, ist in den vergangenen Tagen bereits in elf Wahlgängen durchgefallen, weil ihm diverse Parteikollegen die Unterstützung verweigerten und er dadurch nicht die nötige Zahl an Stimmen erreichte.
Die Republikaner haben in der Kammer nur eine ganz knappe Mehrheit. Daher bräuchte McCarthy fast alle Stimmen seiner Parteikollegen, um auf den mächtigen Posten gewählt zu werden. Doch mehrere Republikaner vom rechten Rand der Fraktion haben eine Rebellion gegen den 57-Jährigen angezettelt und den Kongress so ins Chaos gestürzt. Denn bis der Vorsitz geklärt ist, geht im Repräsentantenhaus gar nichts: Nicht mal die neuen Abgeordneten, die bei der Kongresswahl im vergangenen November ins Parlament gewählt wurden, können vereidigt werden.
Verhandlungen mit Demokraten als Option
Wenn McCarthy sich nicht mit den Gegnern in seiner Partei einigen kann, könnte er womöglich versuchen, mit den Demokraten Verhandlungen aufzunehmen. Diese könnten ihm etwa durch Enthaltungen in ihren Reihen zu einem Wahlsieg verhelfen, weil das die Zahl der nötigen Stimmen senken würde. Möglich wäre auch, dass ein neuer Kandidat aufgestellt wird, auf den sich die Republikaner verständigen könnten. Denkbar wären aber auch Gespräche mit den Demokraten über einen Konsenskandidaten, den auch sie mittragen würden.
Der aktuelle Machtkampf im Repräsentantenhaus hat bereits eine historische Dimension. Es ist das erste Mal seit hundert Jahren, dass es überhaupt mehrere Anläufe braucht, um den Chefposten zu besetzen. 1923 waren neun Wahlgänge nötig, um einen Vorsitzenden zu bestimmen. Auch damals dauerte das Ganze mehrere Tage. Am längsten dauerte es 1855/56 - damals brauchte die Parlamentskammer zwei Monate für die Wahl und 133 Wahlgänge.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa