Skandal um Weihnachtsfeier Johnsons Ex-Sprecherin tritt zurück
08.12.2021, 19:41 Uhr
Dutzende britische Regierungs-Mitarbeiter sollen im Dezember 2020 trotz Lockdown an einer Weihnachtsfeier teilgenommen haben. In einem Video sucht eine Ex-Sprecherin von Premier Johnson nach Ausreden für die Beteiligten. Sie räumt nun ihren Posten.
Wegen ihrer Verwicklung in den Skandal um eine mutmaßliche Weihnachtsfeier im britischen Regierungssitz ist die ehemalige Sprecherin von Premierminister Boris Johnson zurückgetreten. Allegra Stratton, die als Vertraute von Johnsons Ehefrau Carrie Johnson gilt, war zuletzt Sprecherin der britischen Regierung für die UN-Klimakonferenzen.
"Meine Bemerkungen schienen die Corona-Regeln auf die leichte Schulter zu nehmen - Regeln, an die sich Leute unter allen Umständen zu halten versuchten", sagte Stratton unter Tränen. "Das war nie meine Absicht. Ich werde diese Bemerkungen bis an mein Lebensende bedauern und entschuldige mich aufrichtig bei Ihnen allen zu Hause dafür." Die ehemalige Journalistin war Hauptfigur in einem am Dienstagabend veröffentlichten Video, das landesweit für Empörung sorgt. Darin scheinen Stratton und andere Mitarbeiter zu überlegen, wie sie eine Weihnachtsfeier in der Downing Street während des Corona-Lockdowns vor einem Jahr rechtfertigen könnten.
"Bei dieser fiktionalen Party hat es sich um ein Geschäftstreffen gehandelt, und es gab keine sozialen Abstandsregeln", sagt Stratton darin lachend. Medien berichten, dass Dutzende Mitarbeiter am 18. Dezember 2020 eine Weihnachtsfeier in der Downing Street gefeiert hätten. Im Raum steht, dass Johnson, der demnach nicht an der Party teilnahm, über das Event gelogen hat.
Johnson schiebt Schuld auf Mitarbeiter
Im britischen Parlament schlug dem Premier eine aufgeheizte Stimmung entgegen, Buhrufe begleiteten Johnson auf dem Weg zu seinem Platz. Für Oppositionsführer Keir Starmer ist klar: Der Premier hat seinen Laden nicht mehr im Griff. Der Fraktionschef der Schottischen Nationalpartei (SNP), Ian Blackford, forderte Johnson mit emotionalen Worten zum Rücktritt auf. Mehrmals musste Parlamentspräsident Lindsay Hoyle zur Ruhe mahnen.
Johnson sagte im Parlament: "Ich entschuldige mich vorbehaltlos für den Anstoß, den es im ganzen Land erregt hat, und entschuldige mich für den Eindruck, den es erweckt." Es werde eine interne Untersuchung geben, und die Regierung werde mit der Polizei kooperieren, versicherte er. Weiterhin aber betonte Johnson, ihm sei wiederholt versichert worden, weder habe es eine Party gegeben, noch seien Corona-Regeln gebrochen werden.
Die mögliche Verantwortung schob Johnson den Mitarbeitern zu: Sollten doch Regeln gebrochen worden sein, werde es ernste Konsequenzen geben. Johnson zeigte sich im Parlament demonstrativ unbeeindruckt von den Anschuldigungen und Rücktrittsforderungen. Der Opposition warf er vor, alte Geschichten hervorzukramen, um politische Spielchen zu spielen. Er hingegen blicke nach vorne und führe das Land aus der Corona-Krise.
Doch in der Bevölkerung scheint Johnsons Verteidigungsstrategie nicht zu verfangen. Wie eine Umfrage im Auftrag des Nachrichtensender Sky News ergab, sind 63 Prozent der Briten der Ansicht, dass Johnson nicht die Wahrheit sagt. Weniger als jeder Zehnte gab an, den Beteuerungen des Premiers Glauben zu schenken. In der Tory-Partei mehren sich unterdessen Stimmen, die zweifeln, ob mögliche schärfere Regeln wegen der Omikron-Variante überhaupt durchzusetzen sind, wenn in der Bevölkerung der Eindruck erweckt wird, dass die Regierung mit zweierlei Maß misst.
Quelle: ntv.de, lve/dpa