Geheimdienst ist siegessicher Kiew glaubt an Rückeroberung bis Jahresende
24.04.2023, 15:07 Uhr
Rund um Bachmut gehen die ukrainischen Streitkräfte unermüdlich gegen russische Angriffe vor.
(Foto: REUTERS)
Ein Fußballspiel dauert bekanntlich 90 Minuten. Nach Einschätzung des Chefs des ukrainischen Militärgeheimdienstes befindet sich sein Land zwischen Minute 72 und 75, wenn man den Krieg mit dem Sport vergleicht. Ob es in die Verlängerung gehe, sei noch unklar. Aber Budanow ist optimistisch.
Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, hält eine Rückeroberung des gesamten von Russland besetzten Staatsgebiets in diesem Jahr "durchaus" für möglich. Man könne "diesen Krieg nur auf einem Weg beenden, durch die Wiederherstellung der Grenzen" von 1991, sagte der 37-Jährige in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RBK-Ukrajina. Anders sei der Krieg nicht zu stoppen. "Die Ukraine wird niemals darauf eingehen, irgendeinen Teil des Staatsgebiets abzugeben."
Die seit Längerem erwartete ukrainische Frühjahrsoffensive befinde sich weiter in der Vorbereitung. "Ich denke, dass bei dieser Operation ein ausreichendes Gebiet zurückerobert werden wird", sagte der Geheimdienstler. Zu den Stoßrichtungen machte er keine Angaben. Aktuell würde sich der russisch-ukrainische Krieg in Fußballsprache ausgedrückt zwischen Minute 72 und 75 befinden. Ob es zu einer Nachspielzeit und einem Elfmeterschießen kommen werde, wagte er nicht zu prognostizieren. "Das kann nur Gott allein wissen." Zugleich schloss er einen russischen Atomschlag im Fall einer Rückeroberung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim aus.
Die Ukraine wehrt seit 14 Monaten eine russische Invasion ab. Derzeit hält Russland einschließlich der bereits 2014 annektierten Krim etwa 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Budanow hatte bereits im November 2021 vor dem Einmarsch gewarnt. Auf welche Erkenntnisse er seine aktuelle Analyse zum Kriegsgeschehen münzt, ist unklar.
Vormarsch in Cherson?
Am Wochenende stießen die ukrainischen Truppen nach Analysen westlicher Experten im teilweise befreiten Gebiet Cherson auch auf die bisher von russischen Besatzern kontrollierte Uferseite des Flusses Dnipro vor. Aus veröffentlichten Geodaten und Texten russischer Militärblogger gehe hervor, dass die ukrainischen Streitkräfte Positionen am linken beziehungsweise Ostufer im Gebiet Cherson eingenommen hätten, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) mit.
Unklar seien aber das Ausmaß und die Ziele dieser erstmals so registrierten Erfolge der Ukrainer. Die neue Entwicklung würde auf einen Kontrollverlust der russischen Einheiten in der Region hinweisen. Demnach könnten sich die russischen Besatzer nur noch auf Städte konzentrieren. Vom Gebiet Cherson aus wäre bei einer Eroberung der Region der Weg für die ukrainische Armee frei zu der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim.
Das ukrainische Militär wollte die ISW-Angaben am Wochenende weder dementieren noch bestätigen. "Die sehr schwere Arbeit geht weiter", sagte eine Sprecherin. Die Lage an dem riesigen Fluss sei kompliziert. Solche Operationen bräuchten keinen "Informationslärm", sondern Ruhe. Sie riet den ISW-Experten zur "Geduld".
Quelle: ntv.de, fzö/dpa