Trotz steter russischer Attacken Konjunktur in der Ukraine zieht spürbar an
06.09.2023, 16:40 Uhr Artikel anhören
Obwohl die russischen Streitkräfte ihre wahllosen Angriffe nach wie vor fortführen, erstarkt die ukrainische Wirtschaft.
(Foto: picture alliance/dpa/ukrin)
Die großangelegte Invasion der Kreml-Truppen lässt die Wirtschaft der Ukraine im vergangenen Jahr massiv einbrechen. Obwohl die Lage weiter schlecht ist, gibt es einen Lichtblick: Die Konjunktur zieht wieder deutlich an. Selbst wenn der Krieg endet, könnten massiv Arbeitskräfte fehlen.
Nach dem kriegsbedingten Einbruch 2022 ist die ukrainische Wirtschaft in diesem Jahr bisher spürbar gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kletterte in den ersten sieben Monaten im Vergleich zum Vorjahr um 2,2 Prozent, wie das Wirtschaftsministerium in Kiew mitteilte. Die Wirtschaft beginne sich nach einem wegen des russischen Angriffs extrem schwierigen Jahr 2022 zu erholen. Nach dem Überfall Russlands war das BIP im vorigen Jahr um rund ein Drittel geschrumpft und damit so stark wie noch nie in den mehr als 30 Jahren ukrainischer Unabhängigkeit.
Die Zahl der Unternehmer sei inzwischen höher als noch vor dem Krieg, erklärte die stellvertretende Wirtschaftsministerin Nadija Bigun. "Wir haben positive Nachrichten - die ukrainische Wirtschaft erholt sich und die Zahl der registrierten Unternehmer wächst." Davon gebe es seit Mitte des Sommers nun etwa zwei Millionen. "Das Wirtschaftswachstum ist für uns sehr wichtig, weil wir mit den Steuereinnahmen der Unternehmen unsere Streitkräfte finanzieren."
Die trotz aller Widrigkeiten vergleichsweise gut laufende Wirtschaft veranlasste die Regierung dazu, ihre Konjunkturprognosen für dieses Jahr zu verbessern. Die ukrainische Zentralbank erhöhte ihre Schätzung für einen BIP-Anstieg von zwei auf 2,9 Prozent und geht davon aus, dass sich das Wachstum im nächsten Jahr auf 3,5 Prozent beschleunigt. Die westlichen Kreditgeber der Ukraine sind jedoch vorsichtiger. So erwartet die Weltbank 2023 nur plus 0,5 Prozent.
Viele Menschen ergreifen auch 2023 die Flucht
Eine Belastung stellt für das Land wohl nach wie vor die ins Ausland abwandernde Bevölkerung dar - wenngleich es im Gegenzug auch Rückkehrer gibt. Laut der ehemaligen Sprecherin des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, Julija Mendel, fliehen nach wie vor viele Menschen aus der Ukraine.
Sie teilte kürzlich im Kurznachrichtendienst X mit: "Die Situation mit den Flüchtlingen verbessert sich nicht. In der ersten Hälfte des Jahres 2023 ist die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge im Ausland um 300.000 bis 500.000 gestiegen." Dies seien die Folgen des lang anhaltenden Krieges, der Zwangsmobilisierung und der schlechten wirtschaftlichen Lage, in der sich die Ukraine trotz des diesjährigen Wirtschaftswachstums immer noch befindet.
Es gibt zudem Sorgen, dass viele Menschen nicht in ihre Heimat zurückkehren werden - auch wenn der Krieg eines Tages endet. Eine Studie aus Deutschland ergab beispielsweise, dass von den Anfang des Jahres befragten Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine 44 Prozent angaben, "für immer" oder "noch einige Jahre" in der Bundesrepublik bleiben zu wollen.
Quelle: ntv.de, rog/rts