Politik

SPD setzt Merkel unter Druck Krisentreffen zu Maaßen im Kanzleramt

Hans-Georg Maaßen hatte erklärt, seiner Behörde lägen keine Hinweise auf Hetzjagden in Chemnitz vor. Allerdings hatte seine Behörde sich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht mit dieser Frage beschäftigt.

Hans-Georg Maaßen hatte erklärt, seiner Behörde lägen keine Hinweise auf Hetzjagden in Chemnitz vor. Allerdings hatte seine Behörde sich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht mit dieser Frage beschäftigt.

(Foto: imago/Christian Mang)

Die SPD-Spitze fordert von Kanzlerin Merkel die Ablösung von Verfassungsschutzpräsident Maaßen. "Für die SPD-Parteiführung ist völlig klar, dass Maaßen gehen muss", sagt SPD-Generalsekretär Klingbeil.

Die SPD sieht nach der Rückendeckung von Bundesinnenminister Horst Seehofer für den Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Pflicht. "Für die SPD-Parteiführung ist völlig klar, dass Maaßen gehen muss", teilte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil mit. "Merkel muss jetzt handeln." Zuvor hatte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer im Bundestag erneut vor Maaßen gestellt. Wie n-tv erfahren hat, ist für den Tagesverlauf ein Krisentreffen im Kanzleramt anberaumt. An diesem sollen dem Vernehmen nach Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Seehofer und SPD-Vorsitzende Andrea Nahles teilnehmen. Inzwischen hat die SPD das Treffen bestätigt.

Der Verfassungsschutz-Präsident hatte vergangene Woche in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung gesagt, seiner Behörde lägen keine belastbaren Informationen für Hetzjagden in Chemnitz vor. Auch gebe es keine Belege dafür, dass das im Internet kursierende Video von "Antifa Zeckenbiss" dazu "authentisch" sei.

Kritiker werfen Maaßen vor, die Chemnitzer Ereignisse zu verharmlosen und rechten Gruppen oder Parteien wie der AfD in die Hände zu spielen. Am Mittwoch stand er dazu dem Parlamentarischen Kontrollgremium sowie dem Innenausschuss des Bundestages Rede und Antwort.

SPD-Fraktionsvize schließt Ausstieg aus Koalition aus

Nach den mehrstündigen Sitzungen hatte Seehofer am Abend dem Geheimdienstchef Rückendeckung gegeben und dies am Donnerstagmorgen im Bundestag bekräftigt. Maaßen habe weiterhin sein Vertrauen, sagte der Minister. In den Sitzungen habe er überzeugend seine Handlungsweise dargelegt. "Er hat manche Verschwörungstheorien überzeugend entkräften können." Zugleich habe er deutlich Position gegen Rechtsradikalismus bezogen. Maaßen habe zudem sein Bedauern über die Wirkung des Interviews zum Ausdruck gebracht, was ebenfalls kein Mangel sei.

Die SPD hält Maaßen dagegen für ungeeignet. Ihre Partei sei nicht überzeugt, dass Maaßen das Vertrauen in die Sicherheitsbehörde wiederherstellen konnte. "Deswegen halten wir ihn, und das sage ich für die SPD-Fraktion, leider nicht mehr für den Richtigen an der Spitze des Verfassungsschutzes", sagte Fraktionsvize Eva Högl im Bundestag. "Und Herr Seehofer, deswegen bitte ich Sie noch einmal darüber nachzudenken und Frau Bundeskanzlerin, auch Sie bitte ich an dieser Stelle für Klarheit zu sorgen", sagte sie unter Applaus von Fraktions- und Parteichefin Andrea Nahles.

Högl schloss in mehreren Interviews allerdings einen Auszug aus dem Regierungsbündnis aus. Eine solche "rote Linie" hatte Juso-Chef Kevin Kühnert gefordert. Die SPD werde wegen Maaßen nicht die Koalition verlassen, sagte Högl dem RBB, "denn wir haben eine ganze Menge mehr auf der Agenda, von Miete über Rente, Pflege bis zum Arbeitsmarkt, und das wollen wir schon auch noch umsetzen in den nächsten Jahren".

Wegen Kontakten zur AfD in der Kritik

Auch Grüne und Linke fordern Maaßens Entlassung. "Er hat die Verschwörungstheorie, dass diese Ausschreitungen in Chemnitz nicht so schlimm waren", sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz bei n-tv. "Er wird durch die Verschwörungstheorie, dass die Medien einfach alles verzerren und die Spaltung unserer Gesellschaft vorantreiben (…) zum Kronzeugen der AfD und das ist verheerend."

Maaßen steht auch wegen Kontakten zur AfD in der Kritik. Aufgrund von Aussagen einer AfD-Aussteigerin steht der Vorwurf im Raum, er habe der Partei Ratschläge gegeben, wie sie eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz vermeiden könne. Maaßen hat Treffen mit AfD-Politikern bestätigt, eine Beratung aber dementiert.

Nach neuen Recherchen des ARD-Magazins "Kontraste" soll Maaßen Informationen aus dem Verfassungsschutzbericht 2017 bereits Wochen vor dessen Veröffentlichung an die AfD weitergegeben haben. Die ARD zitierte den AfD-Politiker Stephan Brandner, Maaßen habe ihm bei einem Treffen am 13. Juni Zahlen aus dem Bericht genannt, der "noch nicht veröffentlicht" gewesen sei.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärte dazu, Maaßen habe keineswegs unrechtmäßig Informationen oder Unterlagen an einen AfD-Bundestagsabgeordneten weitergegeben. "Mit dem Bericht wird der Eindruck erweckt, dass Informationen oder Unterlagen ohne rechtliche Grundlage weitergegeben worden seien", erklärte Maaßen. "Ich weise diese Vorwürfe entschieden zurück."

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat Maaßen seit seinem Amtsantritt im August 2012 insgesamt 237 Gespräche mit Politikern geführt. Nach Informationen aus Teilnehmerkreisen teilte Maaßen diese Zahl in der Innenausschusssitzung am Mittwochabend den Abgeordneten mit. Unter den 237 Gesprächen waren 5 mit AfD-Politikern. Mit Unionspolitikern führte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) 121 Gespräche, mit SPD-Politikern 69, mit Grünen-Vertretern 23, mit Politikern der Linken 14 und 5 mit FDP-Politikern. Unter den Gesprächspartnern waren demnach sowohl Bundes- als auch Landespolitiker.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/rts

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