Politik

Minister ist gegen Lockerungen Lauterbach: "Haben Omikron-Welle unter Kontrolle"

Wie kommt das Land durch die Omikron-Welle? Gesundheitsminister Lauterbach zieht ein grundsätzlich positives Zwischenfazit. Jetzt müsse es darum gehen, gerade Ältere und Risikogruppen zu schützen. Auch in den Augen von RKI-Chef Wieler ist nun die Krankheitslast von besonderer Bedeutung.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat ein positives Zwischenfazit für die Bekämpfung der aktuellen Corona-Welle in Deutschland gezogen. "Wir haben die Omikron-Welle gut unter Kontrolle", sagte der SPD-Politiker auf der Bundespressekonferenz. Bei seinem gemeinsamen Auftritt mit dem Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, und dem Intensivmediziner Christian Karagiannidis betonte der Minister, dass es nun darum gehen müsse, gerade in älteren Teilen der Gesellschaft die Folgen der Viruswelle so gering wie möglich zu halten.

Obwohl die Infektion mit Omikron grundsätzlich milder verlaufe als im Falle der Delta-Variante, so Lauterbach, müsse davon ausgegangen werden, dass bei steigenden Infektionszahlen viele ungeimpfte ältere Menschen schwer erkranken. Er verwies darauf, dass Deutschland nach Italien die zweitälteste Bevölkerung in Europa habe und eine im Vergleich niedrige Impfquote unter Älteren. Im Vergleich zu England etwa seien hierzulande viermal so viele ältere Menschen ungeimpft. Die "Impflücke" bei über 60-Jährigen liege bei zwölf Prozent, sagte der Minister. Er befürwortete in diesem Zusammenhang erneut die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Zum jetzigen Zeitpunkt jedoch gehe es vor allem darum, die älteren Ungeimpften so zu schützen, dass Erkrankte nicht auf den Intensivstationen landen.

Ähnlich äußerte sich Wieler. "Die Summe der Fallzahlen ist nicht mehr das Entscheidende", sagte der RKI-Chef. Er verwies darauf, dass in der aktuellen Phase der Pandemie die Krankheitslast von besonderer Bedeutung sei. Bei derzeit steigenden Infektionszahlen sei die Zahl der schweren Krankheitsfälle zwar noch relativ gering, allerdings steige zugleich die Zahl der Einweisungen in die Krankenhäuser wieder. "Wir gewinnen mit jedem Tag Zeit", sagte Wieler mit Blick auf zusätzliche Impfungen.

Wieler wies darauf hin, dass sich allein in den vorangegangenen sieben Tagen ein Prozent der Bevölkerung - insgesamt 890.000 Menschen - mit dem Coronavirus infiziert hätte. "Wir steuern in der Omikron-Welle auf einen Höhepunkt zu", sagte er. Die besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe der älteren Menschen sei momentan "noch nicht so sehr" von der Welle betroffen. "Wir müssen aber allein durch die schiere Menge der Infizierten mit mehr Krankenhauseinweisungen rechnen."

Karagiannidis: "Covid keine reine Lungenerkrankung"

Angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen beobachtet der Intensivmediziner Karagiannidis mittlerweile einen deutlichen "Omikron-Effekt" auf den Intensivstationen. Zwar sei die Hospitalisierungsrate derzeit noch "akzeptabel", dennoch zeigten sich die hohen Inzidenzen vermehrt auch in den Krankenhäusern, sagte der wissenschaftliche Leiter des DIVI-Intensivregisters. Seit etwa sieben bis zehn Tagen zeige sich eine "Seitwärtsbewegung bei den Neuaufnahmen, hin zu einem Trend, dass es jetzt wieder leicht hochgeht".

Auch Karagiannidis sagte, die wichtigsten Fragen, die sich stellten, seien nun die nach der Krankheitslast mit der Omikron-Variante, nach der Hauptdiagnose, die den Patienten oder die Patientin ins Krankenhaus führe und "wie viele von denen haben auch wirklich ein respiratorisches Problem, also eine Pneumonie?" Der Experte verwies auf die sogenannte syndromische Überwachung des RKI, durch die man wisse, wie viele Patientinnen und Patienten mit Atemwegserkrankungen man habe. Der Anteil der Beatmeten sei extrem hoch. Derzeit liege der Anteil derer, die nicht beatmet werden müssten, bei 20 Prozent, so Karagiannidis.

Der Intensivmediziner warnte zudem: "Wir sollten nicht vergessen, dass Covid keine reine Lungenerkrankung ist, sondern eine Systemerkrankung, die insbesondere auch die Gefäße betrifft." Man müsse in der nächsten Zeit sehr genau auf den Anteil derer achten, die keine Atemunterstützung brauchten. Karagiannidis mahnte, auf den kommenden Winter müsse man sich bestmöglich vorbereiten. "Ich habe mehr Angst vor dem kommenden Winter als vor diesem." Er sei aber "guter Dinge", dass dies mit Bundesgesundheitsminister Lauterbach und RKI-Chef Wieler gelinge.

Lauterbach: "Ich begrüße die Lockerungen nicht"

Auf Nachfrage eines Journalisten sprach sich Bundesgesundheitsminister Lauterbach angesichts der hohen Fallzahlen und Inzidenzwerte gegen Lockerungen der Schutzmaßnahmen aus. "Ich begrüße die Lockerungen nicht", sagte Lauterbach mit Blick auf Bayern, wo künftig wieder mehr Besucher bei Großveranstaltungen in Sport und Kultur zugelassen sind, aber auch hinsichtlich der Rücknahme zahlreicher Corona-Regeln in Staaten wie Dänemark.

Ziel der aktuellen Corona-Politik ist es laut Lauterbach, mit so wenig Toten und schweren Verläufen wie möglich durch die Omikron-Welle zu kommen. Deren Zenit erwarte er Mitte Februar mit möglicherweise 400.000 Corona-Infektionen pro Tag.

Lauterbach riet davon ab, jetzt auf an die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe zu warten. Die "alten Impfstoffe" der Hersteller Moderna und Biontech/Pfizer schützten "drastisch" vor dem Tod durch eine Covid-Erkrankung, sie senkten das Risiko eines tödlichen Verlaufs um 99 Prozent. "Wir haben die Omikron-Welle jetzt", sagte Lauterbach und rief damit zu einer zeitnahen Auffrischungsimpfung auf. "Booster-Impfungen helfen Älteren unbedingt."

Nachdem in den vergangenen Tagen Kritik an der Verkürzung des Genesenenstatus durch das RKI laut geworden war, verteidigte Lauterbach die Entscheidung erneut. Auch sei er in diese nicht eingeweiht gewesen, von der Beschlussvorlage habe er im Voraus nichts gewusst. Vor allem aus der Union hatten Oppositionspolitiker gemahnt, dass solch weitreichende Beschlüsse nicht auf politischen Druck des Gesundheitsministeriums hin gefällt werden dürften. Das RKI ist dem Ministerium untergeordnet, der Genesenenstatus war kürzlich von sechs auf drei Monate verkürzt worden. Zugleich versprach Lauterbach, dass derartige Änderungen, die es noch "häufiger" geben werde, künftig besser kommuniziert würden.

Quelle: ntv.de, mbe/rts/dpa/AFP

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