Lindner will Wirtschaftswende "Unser Land steht sich selbst im Weg"
27.04.2024, 14:27 Uhr Artikel anhören
Christian Lindner fordert eine Wachstumsperspektive für die Gesellschaft.
(Foto: picture alliance/dpa)
Auf dem FDP-Parteitag stehen die klassischen Themen der Partei auf der Agenda. Neben Soli-Abschaffung und Kritik an der Kindergrundsicherung fordert FDP-Chef Lindner eine "Wirtschaftswende" für Deutschland. Das Land sei "nicht wettbewerbsfähig".
Mit dem Ruf nach einer "echten Wirtschaftswende" und einer auf wirtschaftlichen Aufschwung ausgerichteten Politik ist die FDP in ihren Bundesparteitag gestartet. "Was wir brauchen, ist ein nüchterner Realismus", sagte FDP-Chef Christian Lindner zu Beginn seiner Rede in Berlin. Der Realismus müsse "Mut zum Handeln" hervorbringen, fuhr Lindner fort: "Das verstehen wir unter Wirtschaftswende." Die Mahnungen aus der Wirtschaft vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit dürften nicht überhört werden, forderte der Finanzminister.
Deutschland durchlebe im internationalen Vergleich eine Wachstumsschwäche, was Folgen auch für Sicherheit und sozialen Zusammenhalt habe, sagte Lindner. "Wir haben die Köpfe, wir haben das Know-how, wir haben das Kapital, aber unser Land steht sich zu oft selbst im Weg", rief er den Delegierten zu.
Wachstum sei aber "kein Selbstzweck", sondern habe "einen tieferen Sinn", betonte Lindner zugleich mit Blick auf Kriege und geopolitische Krisen in der Welt. Die militärische Unterstützung der Ukraine und die Finanzierung der deutschen Wehrausgaben könne langfristig "nicht auf Pump erfolgen", sagte der Parteichef. "Dafür brauchen wir unsere Wirtschaftsleistung." Eine Wirtschaftswende sei nötig, weil "am Ende wirtschaftliche Stärke auch ein Faktor der Geopolitik ist".
Banger Blick nach Karlsruhe
Zudem hat Lindner erneut die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags verlangt. Wenn man die Rechtsprechung zum Soli verfolge, dann sei die Erfolgswahrscheinlichkeit der Klagen gegen ihn "nicht von der Hand zu weisen", sagte er. "Bevor wir uns von Karlsruhe aus Rechtsgründen dazu zwingen lassen, sofort und ohne Plan auf den Soli verzichten zu müssen, sollten wir lieber die klare politische Entscheidung treffen, planvoll Schritt für Schritt auf ihn zu verzichten." Der Soli sei inzwischen für Mittelstand, Handwerk und Industrie eine Sondersteuer auf wirtschaftlichen Erfolg geworden, die sich Deutschland nicht mehr leisten könne.
Auch das Konzept der Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus hat Lindner erneut kritisiert. Er warf ihr vor, dass dafür bis zu 5000 zusätzliche Stellen geschaffen werden müssten. Und nach einer Studie im Auftrag ihres Ministeriums würden bis zu 70.000 Menschen aus dem Berufsleben ausscheiden, weil sie keinen Arbeitsanreiz mehr hätten. "Ich fasse das mal zusammen: Wir stellen 5000 neue Staatsdiener ein, die zwei Milliarden Euro Geld verteilen, damit danach die gesamte Stadt Aschaffenburg sich aus der Arbeit abmeldet." Ein solches Modell sei absurd und erfordere eine Wende.
Es spreche nichts gegen die Kindergrundsicherung, wenn die gemeinsam vereinbarten Bedingungen erfüllt würden, sagte Lindner. Wenn das nicht möglich sei, sei die FDP für eine Alternative offen. "Wenn es die Bereitschaft zu neuem Denken gibt, dann ist hier unser Angebot: Wäre es nicht besser, diese Milliarden einzusetzen in mehr und qualitätsvolle Kinderbetreuung, damit niemand gegen den eigenen Willen in Teilzeit verbleibt, weil man weiß, die Kinder sind gut untergebracht."
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP