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Rettungsflüge auch nach August? Maas legt Fünf-Punkte-Plan zu Afghanistan vor

Ankunft eines Airbus A400M der Bundeswehr mit Schutzbedürftigen aus Kabul im usbekischen Taschkent.

Ankunft eines Airbus A400M der Bundeswehr mit Schutzbedürftigen aus Kabul im usbekischen Taschkent.

(Foto: dpa)

Noch sichern die US-Streitkräfte den Kabuler Flughafen. Auch nach ihrem geplanten Abzug sollen Menschen weiter ausgeflogen werden können - zumindest strebt das die Bundesregierung an. Dafür werde man auch mit den Taliban sprechen müssen, sagt der Bundesaußenminister.

Bundesaußenminister Heiko Maas hat einen Fünf-Punkte-Plan für das weitere Vorgehen in der Afghanistan-Krise vorgestellt. Maas sagte, erstens sei man mit der Türkei und den USA, aber auch den Taliban im Gespräch, ob der Flughafen Kabul nach dem 31. August auch zivil weiterbetrieben werden könne, um Menschen auszufliegen - auch nach einem Abzug deutscher und anderer ausländischer Truppen.

Zweitens spreche man mit den Nachbarstaaten Afghanistans, damit diese Flüchtlinge aufnehmen, die das Land auf dem Landweg verlassen. Dafür habe man 100 Millionen Euro bereitgestellt. Zudem sollten deutsche Botschaften in den Nachbarstaaten Menschen schnell und unkompliziert Visa für eine Einreise nach Deutschland ausstellen. Viertens werde dort das Personal in den diplomatischen Vertretungen aufgestockt, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Fünftens werde das Programm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen um weitere zehn Millionen Euro erhöht.

"Die Lage um den Flughafen hat sich in den vergangenen Stunden jedoch weiter chaotisiert", sagte Maas. "Die Lage ist nach wie vor gefährlich. Aus diesem Grund empfehlen, wir nicht, sich auf eigene Faust zum Flughafen zu begeben", bekräftigte er. Es sei nicht gewährleistet, dass die Menschen dann auch den inneren Ring des Flughafens betreten könnten. Dies erschwere die Evakuierungen, die man aber so lange wie möglich fortsetzen wolle. Zugleich betreibe man Vorsorge dafür, Menschen auch nach Ende der Evakuierungen helfen zu können.

Berlin hatte sich bereits zuvor für eine Verlängerung des US-Einsatzes zur Rettung zehntausender Menschen aus der afghanischen Hauptstadt Kabul über den 31. August hinaus ausgesprochen. Pentagon-Sprecher John Kirby wollte nicht ausschließen, dass die Frist über das Datum hinaus verlängert werden könnte. Er betonte aber: "Unser Fokus liegt darauf, das bis zum Ende des Monates zu schaffen." Er wolle deswegen jetzt nicht über eine verlängerte Frist "spekulieren".

Auch die Nato will derzeit kein konkretes Datum für ein Ende der Evakuierungsflüge aus Afghanistan nennen. "Die Lage am Flughafen in Kabul bleibt extrem herausfordernd und unberechenbar", sagte ein Bündnissprecher. Gemeinsam mit alliierten Truppen werde daran gearbeitet, die Evakuierungen fortzusetzen. Derzeit verließen täglich Dutzende Flüge Kabul. Weitere Gespräche zum Thema wird es nach Angaben des Sprechers bei dem per Videokonferenz organisierten G7-Sondergipfel zur Lage in Afghanistan an diesem Dienstag geben.

Zuvor hatten die radikalislamischen Taliban den Druck auf die USA erhöht, ihre Evakuierungsflüge wie geplant Ende August zu beenden. Andernfalls drohte ein Sprecher der Milizen mit "Konsequenzen". Die EU und Großbritannien halten eine Rettung aller Schutzbedürftigen aus Afghanistan bis Ende August angesichts der chaotischen Zustände am Flughafen für unrealistisch. Sie räumen allerdings auch ein, dass europäische Streitkräfte den Flughafen nicht ohne US-Unterstützung halten können.

10.000 Menschen in 24 Stunden ausgeflogen

Derweil laufen die Evakuierungsmissionen weiter. Die USA flogen erstmals innerhalb von 24 Stunden mehr als 10.000 Menschen aus Kabul aus. Zwischen dem frühen Sonntagmorgen und dem frühen Montagmorgen hätten 28 Flugzeuge des US-Militärs rund 10.400 Menschen außer Landes gebracht, teilte das Weiße Haus mit. Im selben Zeitraum hätten außerdem 61 Maschinen internationaler Partner rund 5900 Menschen evakuiert. Seit dem Start der Evakuierungsmission Mitte August hätten die Vereinigten Staaten insgesamt rund 37.000 Menschen entweder selbst aus Afghanistan ausgeflogen oder deren Ausreise ermöglicht.

Bei der Evakuierungsaktion der Bundeswehr landete ein weiterer Flieger mit 198 Schutzbedürftigen an Bord aus Kabul im usbekischen Taschkent. Das teilte die Bundeswehr mit. Fast zeitgleich startete aus Taschkent zudem ein Militärtransporter des Typs A400M in Richtung Kabul, der neben Lebensmitteln auch Kleidung für die Menschen am Flughafen geladen hatte.

Seit dem Start ihrer Evakuierungsaktion habe die Bundeswehr fast 3000 Menschen aus Kabul ausgeflogen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Darunter waren laut Auswärtigen Amt mehr als 1800 Afghanen. "Wir evakuieren so lange es geht so viele wie möglich aus Afghanistan", hieß es in einem Tweet. Wie viele der evakuierten Afghanen Ortskräfte etwa der Bundeswehr waren, ist unklar. Einige von ihnen könnten auch mit Flugzeugen anderer Länder ausgeflogen worden sein.

Notunterkünfte werden vorbereitet

Rund 4000 aus Afghanistan ausgeflogene Menschen könnten vorübergehend auf US-Stützpunkten in Bayern und Rheinland-Pfalz untergebracht werden. Wie ein Sprecher der US Army Europe bestätigte, werden an den Standorten Grafenwöhr und Kaiserslautern entsprechende Vorbereitungen getroffen. Demnach sollen in Sicherheit gebrachte Menschen dort so lange bleiben, bis sie zu ihren endgültigen Zielorten gebracht werden können. Neben Unterbringung und Verpflegung werde es auch medizinische Versorgung geben, hieß es.

In Kaiserslautern sollen die Menschen den Angaben zufolge in der Anlage "Rhein Ordnance Barracks" untergebracht werden, in Grafenwöhr auf dem dortigen Truppenübungsplatz der US-Streitkräfte. Grund für die Vorbereitungen ist, dass die USA derzeit ihren riesigen Militärstützpunkt im pfälzischen Ramstein als ein Drehkreuz für die Evakuierung von Schutzsuchenden aus Afghanistan nutzen. Die dortigen Unterbringungsmöglichkeiten sind allerdings begrenzt und könnten bald ausgeschöpft sein.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP/rts

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