Politik

Lehren aus dem Russlandkrieg Melnyk bei Lanz: Deutschland ist gleichgültig

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, urteilt mit harten Worten über die Ampelregierung.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, urteilt mit harten Worten über die Ampelregierung.

(Foto: imago images/Christian Spicker)

Nachdem Russland die Ukraine angegriffen hat, stellt sich in den abendlichen Polit-Talkshows die Frage nach der Ausstattung der Bundeswehr. Der ukrainische Botschafter Melnyk beklagt die Gleichgültigkeit Deutschlands bei der Waffenlieferung, Finanzminister Lindner verlangt eine bessere Ausrüstung der Armee.

Nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine beklagt sich der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk bei Markus Lanz über die Politik der Ampelregierung. Sie verhalte sich gleichgültig, sagte Melnyk bei Markus Lanz im ZDF. Er habe immer wieder mit deutschen Politikern über Waffenlieferungen verhandeln wollen. Die hätten sich ihm gegenüber jedoch "kaltherzig und stur" verhalten. Jede Bitte, seinem Land zu helfen, sei einfach abgeschmettert worden, klagte er.

Einen Grund dafür hatten in den letzten Tagen mehrere Politiker genannt: Die Bundeswehr sei nicht in der Lage zu helfen, kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz am Mittwochabend. Einen Tag später beschreibt Bundesfinanzminister Christian Lindner die Lage der Armee bei Sandra Maischberger im Ersten so: "Wir müssen uns mit der Tatsache vertraut machen, dass unsere Bundeswehr seit vielen Jahren auf Verschleiß gemanagt worden ist." Bündnisverteidigung müsse wieder politische Priorität sein, so der FDP-Politiker. Die Bundeswehr könne momentan ihrem Auftrag nicht gerecht werden. "Darum muss es eine Zäsur geben. Das würde ich gerne umsetzen."

In der Finanzplanung der letzten Regierungen seien die Verteidigungsausgaben kontinuierlich gesunken, kritisiert Lindner. So etwas passe nicht mehr in die heutige Zeit. "Die Mittel für die Bundeswehr werden weiter steigen müssen", sagt der Finanzminister.

"Können uns nicht mal die Landesverteidigung leisten"

Sein Parteikollege Alexander Graf Lambsdorff springt Lindner in der gleichen Sendung bei. "Das Grundgesetz sagt, der Staat stellt Streitkräfte zur Landesverteidigung auf." Doch im Moment könne die Bundeswehr nicht mal das eigene Land verteidigen. Während des Kalten Krieges habe es dreißig voll ausgerüstete Brigaden gegeben. Im Moment existiere laut Lambsdorff nicht mal eine. "Ich glaube, dass wir da die Aufgaben direkt vor uns haben."

Da vergisst selbst SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert seine pazifistische Grundeinstellung. Man könne über eine Anhebung der Verteidigungskosten im Bundestag reden. Allerdings müsste man dann auch sagen, wie die Refinanzierung aussehen solle. Kühnert sieht da mehrere Möglichkeiten: "Einnahmen aus anderen Bereichen, zusätzliche Einnahmen generieren, mit Schuldenregeln anders umgehen - das mag heute alles kleinkrämerisch klingen, ist aber nicht unwichtig in diesem Geschäft."

Lindner offen für die Aufhebung des Swift-Systems

Kurzfristig gehe es jetzt um Sanktionen gegen Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin. Ein militärisches Eingreifen kommt jedenfalls für Lindner nicht in Frage. Dennoch weiß er: "Wir haben es mit einem Herrscher im Kreml zu tun, der für das Völkerrecht keinerlei Verständnis mehr hat." Sanktionen sind daher das einzige Mittel.

Dabei könne man nicht ausschließen, dass Putin die Gaslieferungen nach Europa völlig einstellen werde. Deutschland sei darauf vorbereitet. Kurzfristig könne der Gasbedarf gedeckt werden, mittelfristig müsse es einen Wandel in der Energieversorgung geben. Außerdem müsse Deutschland für den Notfall eine Kohlereserve vorhalten. Die Sanktionen gegen Russland könnten auch Deutschland schaden. Aber abgesehen von Rohstoffen sei Russland von uns wesentlich abhängiger als wir von Russland.

In einem Punkt gibt es jedoch keine Sanktionen: Beim Swift-Zahlungsverkehr. Swift ist ein besonders sicheres System, das von gut 11.000 Banken weltweit genutzt wird und das jeder von uns beim Onlinebanking verwendet. "Alle Optionen liegen auf dem Tisch, auch diese", sagt Lindner. Bei Swift gehe es um Einzelfälle im Handel mit Russland, "wo es Transaktionen gibt, die von Hand erfolgen müssen." Dazu gehörten auch die Zahlungen von Gaslieferungen, erklärt Lindner. Die sieht er in Gefahr, wenn Russland vom Swift-System ausgeschlossen werden sollte. Dennoch sei er für die Aufhebung von Swift offen, sagt Lindner.

In der Ukraine geht unterdessen der russische Vormarsch weiter. Und die Menschen dort? Sie kämpfen um ihre Freiheit. Am späten Abend hat Präsident Selenskyj die Generalmobilmachung befohlen.

Quelle: ntv.de

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