Prozess wegen Korruption Netanjahu muss sich wieder vor Gericht verantworten
04.12.2023, 19:44 Uhr Artikel anhören
Netanjahu wird wohl auch selbst in den Zeugenstand gerufen werden.
(Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen)
Wegen des Krieges Israels gegen die Hamas wurde das Verfahren gegen Premier Netanjahu unterbrochen, nun geht es weiter: Der israelische Regierungschef steht wegen des Verdachts der Korruption vor Gericht. Er muss zudem damit rechnen, selbst als Zeuge befragt zu werden.
Zwei Monate nach Beginn des Krieges gegen die islamistische Hamas ist in Israel das Korruptionsverfahren gegen Regierungschef Benjamin Netanjahu wieder aufgenommen worden. Israelischen Medien zufolge könnte Netanjahu in einigen Monaten in den Zeugenstand gerufen werden. Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober war das Verfahren zunächst auf Eis gelegt worden.
Der 74-jährige Netanjahu ist in insgesamt drei Fällen wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue angeklagt. In den Verhandlungen ging es zunächst um den Vorwurf, Netanjahu habe der Telekommunikationsfirma Besek Gefälligkeiten im Gegenzug für eine positive Berichterstattung auf der zu dem Konzern gehörenden Website "Walla" gewährt.
In einem anderen Fall legt die Staatsanwaltschaft Netanjahu zur Last, zwischen 2007 und 2016 als Gegenleistung für die Gewährung finanzieller oder persönlicher Vorteile Geschenke im Wert von 700.000 Schekel (rund 176.000 Euro) erhalten zu haben, darunter Zigarrenkisten, Champagnerflaschen und Schmuck. Die Zuwendungen sollen unter anderem von Hollywood-Produzent Arnon Milchan stammen, der im Gegenzug Steuervergünstigungen in Millionenhöhe erhalten haben soll.
Weniger Zeugen wegen Einberufung?
Netanjahu ist der erste amtierende Ministerpräsident in der Geschichte Israels, dem wegen Korruption der Prozess gemacht wird. Das Verfahren hatte im Mai 2020 begonnen. Netanjahu streitet alle Vorwürfe ab und sieht sich als Opfer der Staatsanwaltschaft und der Medien. Netanjahu nahestehende Politiker kritisierten die Wiederaufnahme des Verfahrens mitten im Krieg. Wegen der Einberufung von Reservisten werden vermutlich weniger Zeugen und Anwälte an den Anhörungen teilnehmen.
Netanjahu war im vergangenen Jahr an der Spitze einer rechtsreligiösen Koalition zum Regierungschef gewählt worden - nachdem er zuvor bereits bis 2021 zwölf Jahre in Folge regiert hatte. Vor dem Krieg infolge des Hamas-Überfalls gab es gegen ihn und seine rechtsreligiöse Regierung monatelange Massenproteste, vor allem wegen einer geplanten Justizreform. Nach Kriegsbeginn bildete Netanjahu mit seinem politischen Rivalen Benny Gantz ein Kriegskabinett.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dauert inzwischen bereits mehr als acht Wochen an. Am 7. Oktober waren Hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1200 Menschen in Israel getötet und etwa 240 Menschen als Geiseln verschleppt. Als Reaktion begann Israel mit dem massiven Angriff auf Ziele in dem dicht besiedelten Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 15.500 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
Quelle: ntv.de, mli/AFP