Zusatzhandel und Absprachen Ökonom: Russland hat von Sanktionen profitiert
05.08.2024, 10:21 Uhr Artikel anhören
"Sanktionen sind eher eine symbolhafte Waffe", sagt der österreichische Ökonom Felbermayr.
(Foto: picture alliance/dpa)
Russland kann die westlichen Sanktionen gut umgehen. Zu diesem Schluss kommt jetzt ein Ökonom. So habe der Warenverkehr mit Schwellenländern den Westhandel sogar übertroffen. Der Experte warnt zudem davor, die Sanktionen zu verschärfen.
Nach Einschätzung des Wiener Handelsökonomen Gabriel Felbermayr hat Russland von den Sanktionen des Westens profitiert. Zwar sei der Güteraustausch mit dem Westen "deutlich zurückgegangen", sagt der Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung dem "Spiegel". Doch habe zugleich der Warenverkehr mit Schwellenländern zugelegt. Mit China um 40 Prozent, mit der Türkei um 23 Prozent und mit Indien sogar um 140 Prozent.

Gabriel Felbermayr ist Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Wien.
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"Dieser Austausch hat den Westhandel nicht einfach ersetzt, er hat ihn sogar übertroffen", sagte Felbermayr. "Der Nettoeffekt der Sanktionen und des Zusatzhandels mit China, der Türkei und Indien ist für Russland positiv". Den beteiligten Ländern sei es nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gelungen, ihre Wirtschaftsbeziehungen zu verbessern und die Kosten ihres Handels zu senken, führte Felbermayr aus.
Dazu hätten "Absprachen zwischen den Regierungen, die Zusammenarbeit der Zentralbanken sowie Lerneffekte der beteiligten Firmen" beigetragen. "Unsere Berechnungen zeigen, dass Russland und seine Partner ihren Handel in einem Ausmaß erleichtert haben, der einer Zollsenkung um vier bis fünf Prozentpunkte entspricht."
Felbermayr: Westen sollte Sanktionen nicht verschärfen
Die vergangenen zwei Jahre hätten demnach gezeigt, dass man sich von Sanktionen nicht zu viel versprechen darf und sie eher eine symbolhafte Waffe seien. Auch russisches Öl und Gas gelange weiterhin auf den Weltmarkt, nur über andere Routen. Einige europäische Länder, darunter die Slowakei, Ungarn und Österreich, sind immer noch stark von russischem Öl abhängig, erklärt Felbermayr.
Der Experte warnte die westlichen Länder davor, die Sanktionen weiter zu verschärfen. Dadurch würden "die Handelsströme noch stärker umgelenkt", sagte er dem "Spiegel". Der Westen sollte eher versuchen, seine eigene Koalition zu vergrößern und Länder wie die Türkei auf seine Seite zu ziehen. Dazu müsse "der Güteraustausch mit diesen Ländern erleichtert" werden, forderte Felbermayr, "zum Beispiel durch zusätzliche Handelsabkommen".
Laut Felbermayr sind die Güter, die Russland durch den Handel mit Schwellenländern gewinnt, vermutlich von schlechterer Qualität als die des Westens. Dennoch gelinge es der russischen Wirtschaft, ihre Kriegsproduktion aufrechtzuerhalten.
Quelle: ntv.de, lar