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Studie: Kinderarmut extrem teuer Paus wirbt für Grundsicherung - unterstützt vom DIW

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Das DIW ist sich sicher: Es lohnt sich, Kinderarmut zu bekämpfen. Menschen lebten sonst oft auch später in Armut und mit weniger Bildung.

Das DIW ist sich sicher: Es lohnt sich, Kinderarmut zu bekämpfen. Menschen lebten sonst oft auch später in Armut und mit weniger Bildung.

(Foto: dpa)

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt: Die Folgekosten von Kinderarmut gehen in die Milliarden. Weshalb die Forscher für eine Investition in arme Familien plädieren und die Familienministerin sich bestätigt sieht. "Die Kindergrundsicherung ist überfällig", so Paus. 

Bundesfamilienministerin Lisa Paus wirbt erneut für die Kindergrundsicherung, die mehrere Sozialleistungen bündeln soll. 60 Prozent der Bürger seien für das Vorhaben, sagte die Grünen-Politikerin. 75 Prozent der Familien mit minderjährigen Kindern seien dafür. "Die Kindergrundsicherung ist überfällig."

Paus bekräftigte, sie habe einen Gesetzentwurf vorgelegt, der demnächst in die regierungsinterne Abstimmung komme. Details zu den im Entwurf genannten verschiedenen Varianten wollte Paus nicht nennen. Sie sagte lediglich, fünf bestehende Leistungen würden zusammengefasst. Es solle einen Garantiebetrag für alle Kinder plus einen Zusatzbetrag je nach Einkommen der Familie geben. Sie sei optimistisch, dass das Kabinett bald zustimmen werde. Rund 5,5 Millionen Kinder würden dann davon profitieren.

Paus hatte zuletzt für die Kindergrundsicherung bis zu sieben Milliarden Euro an Mehrausgaben jährlich gefordert. Im vom Kabinett beschlossenen Finanzplan bis 2027 sind dafür nur zwei Milliarden Euro zusätzlich ab 2025 vorgesehen. Vor allem Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner wird vorgeworfen, das Vorhaben auszubremsen - weshalb Paus in dieser Woche das sogenannte Wachstumschancengesetz blockierte.

Rückendeckung vom DIW

Paus Pläne für eine Kindergrundsicherung stoßen bei Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), auf Zustimmung. Diese sei sinnvoll und habe einen wirtschaftlichen Vorteil, weil die Folgekosten sonst noch wesentlich größer wären, so Fratzscher. Eine stärkere Bekämpfung der Kinderarmut würde sich einer laut DIW-Studie im Auftrag der Diakonie auch finanziell schnell rechnen für den Staat.

"Die besten Investitionen, die ein Staat tätigen kann, ist in seine Menschen. Das gilt für niemanden mehr als für Kinder und Jugendliche, die in Armut leben, von Armut bedroht sind", so Fratzscher. Eine stärkere Inanspruchnahme des Kinderzuschlags würde den Staat laut DIW in etwa 630 Millionen Euro kosten. Bei direkten Geldtransfers in Höhe von 50 oder 100 Euro an arme Haushalte wären es 2,1 beziehungsweise 4,2 Milliarden Euro.

Die Studie soll für mehr Sachlichkeit im regierungsinternen Streit über die konkrete Ausgestaltung der Kindergrundsicherung sorgen. Sie basiert auf repräsentativen Befragungen von Haushalten aus dem Jahr 2019, also vor der Corona-Pandemie, die vielen Familien stark zugesetzt hat. Die Folgekosten von Kinderarmut würden bei etwa 110 bis 120 Milliarden Euro liegen, sagte DIW-Forscher Maximilian Priem. Es lohne sich also, früh zu investieren, um Armut zu bekämpfen. Menschen lebten sonst oft auch im späteren Leben in Armut und mit weniger Bildung. Sie seien dann stärker abhängig von staatlichen Leistungen und auch weniger gesund.

Alleinerziehende besonders gefährdet von Armut

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Gefährdet seien vor allem Familien mit mindestens drei Kindern sowie noch stärker Familien von Alleinerziehenden, erläuterte Priem. Bei großen Familien lebten etwa drei von zehn Kindern in Haushalten, die als arm gelten. Bei Haushalten mit Alleinerziehenden seien es fast vier von zehn Kindern. Als arm oder armutsgefährdet gelten Haushalte, wenn sie beim Einkommen weniger als 60 Prozent des Mittelwertes zur Verfügung haben. Davon ist insgesamt in etwa jeder fünfte Haushalt betroffen.

Die Diakonie fordert für eine Grundsicherung mindestens 20 Milliarden Euro. "Das ist ein Bruchteil der Summe, die Staat und Steuerzahler heute schon schultern müssen, wenn Kinderarmut nicht energischer bekämpft, sondern stattdessen lieber die enormen Folgekosten in Kauf genommen werden", sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie bei der Vorstellung der Studie. "Wir müssen auch über die mittel- und langfristigen Belastungen für Staat und Steuerzahler sprechen, die sich zwangsläufig ergeben, wenn wir nicht frühzeitig in alle Kinder investieren." Denn gesunde und gut ausgebildete Kinder hätten deutlich bessere Chancen, sich ein selbstständiges Leben mit höheren Einkommen und einer geringen Abhängigkeit von staatlichen Hilfen aufzubauen.

Quelle: ntv.de, ghö/rts

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