Folgen für AKW und Trinkwasser Pegel im Kachowka-Stausee fällt unter kritische Marke
08.06.2023, 21:20 Uhr Artikel anhörenNach der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms reicht das Wasser des Stausees nach ukrainischen Angaben nicht mehr aus, um die Reaktoren im Atomkraftwerk Saporischschja zu kühlen. Der Wasserpegel des Sees sei "unter die kritische Marke von 12,70 Meter" gefallen.
Während nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms große Teile der Südukraine überschwemmt sind, droht im Stausee selbst Wassermangel. "Das Niveau liegt schon bei 12,50 Meter, das ist unterhalb der kritischen Marke von 12,70 Meter", sagte der Chef des Wasserkraftwerkbetreibers Ukrhidroenergo, Ihor Syrota, im ukrainischen Fernsehen. Das bedeute, dass kein Wasser mehr für die Trinkwasserversorgung der Ortschaften rundherum und die Kühlung des Kernkraftwerks Saporischschja am Südufer des Kachowka-Stausees entnommen werden könne.
Laut Syrota fällt der Wasserspiegel im Stausee täglich um einen Meter. Diese Tendenz wird seiner Schätzung nach noch eine Woche anhalten. Sollte der Damm bis in die Grundfesten zerstört sein, könne der Pegel auf bis zu 3 Meter sinken. Damit werde der Dnipro auch in sein ursprüngliches Flussbett vor der Aufstauung zurückkehren. Der Staudamm wurde in den 1950er Jahren errichtet, einerseits um Strom aus Wasserkraft zu gewinnen, andererseits um die Bewässerung der fruchtbaren Äcker in der Südukraine einschließlich der Halbinsel Krim zu gewährleisten. In der Nacht zum Dienstag wurde das Bauwerk zerstört, die Ukraine und der Westen machen Russland dafür verantwortlich. Moskau bestreitet dies und gibt Kiew die Schuld.
Das Kernkraftwerk Saporischja liegt am Südufer des Stausees, ist aber von den Überschwemmungen nicht betroffen. Das Absinken des Wasserpegels dort macht freilich perspektivisch die Kühlung der stillgelegten Reaktoren komplizierter. Akut besteht noch keine Gefahr, denn die Nuklearanlage verfügt über künstlich angelegte Kühlteiche. Das Wasser, das sich aktuell in den Becken befinde, reiche noch aus, um die Anlage "für einige Zeit" zu kühlen, hatte der Leiter der Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, am Dienstag gesagt. Auch ein großes Kühlbecken in der Nähe des Akw sei voll und hätte genug Wasser gespeichert, um die Anlage für einige Monate zu versorgen. Daher sei es entscheidend, dass dieses intakt bleibe, sagte er.
Die Reaktoren des von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja, das etwa 150 Kilometer vom Staudamm entfernt liegt, sind bereits abgeschaltet. Der Brennstoff in den Reaktorkernen und in den Lagerbecken müssen allerdings ständig gekühlt werden, um eine Kernschmelze und die Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt zu verhindern.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/AFP