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Bei Merkel lief das noch anders Peking bekommt seinen Willen - keine kritischen Fragen

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Will der eine noch zu den Kameras winken, während der andere weiter will? Dass Bilder beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang enorm wichtig sind, wurde zuvor schon vermutet.

Will der eine noch zu den Kameras winken, während der andere weiter will? Dass Bilder beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang enorm wichtig sind, wurde zuvor schon vermutet.

(Foto: picture alliance/dpa)

Chinas neuer Ministerpräsident Li Qiang hat sich Deutschland als erste Auslandsreise ausgesucht. Dabei zeigt er sich lächelnd und winkend. Einen gemeinsamen Auftritt mit Kanzler Olaf Scholz gibt es aber nur, wenn kritische Nachfragen unterbunden werden, so die Ansage im Protokoll.

Als Kanzler Olaf Scholz den chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang auf dem roten Teppich empfängt, stellen sich beide händeschüttelnd vor die Kameras. Aber als Scholz schon zu den militärischen Ehren losmarschieren will, hält ihn Li am Arm zurück und verweist auf die Fotografen und Kameras auf der zweiten Tribüne in ihrem Rücken. Also werden auch die mit einem Lächeln bedacht.

Wenige Szenen zeigen den seltsamen Charakter der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen besser als diese. Denn der chinesischen Regierung wird ohnehin unterstellt, dass es Li auf einer ersten Auslandsreise vor allem um Symbolik und Bilder geht. "The meeting is the message", hatte der Chef des China-Thinktanks Mercis, Mikko Huotari, schon jüngst gesagt.

Von Jahr zu Jahr zeigen sich die Chinesen zudem selbstbewusster - und spielen gerne Gastgeber auch im Ausland. Das zeigt sich in der "Pressebegegnung" mit Scholz und Li ein paar Stunden später. Zwar begrüßt der Ministerpräsident auch "die Journalisten, Freundinnen und Freunde" betont herzlich. Aber im Hintergrund war die chinesische Delegation knallhart: Es sollen keine Fragen der Journalisten erlaubt werden, wie sonst in normalen Pressekonferenzen. Eher platzt der gemeinsame Auftritt, lautet die Ansage. Die fehlende Möglichkeit zu möglicherweise kritischen Nachfragen gab es zwar auch beim Scholz-Besuch in Peking im November nicht. Aber da waren die Chinesen Gastgeber - und keine Gäste.

Wie sehr die chinesische Seite über die Jahre ihr Verhalten verändert hat, zeigt die Tatsache, dass sie in der Vor-Corona-Zeit bei Kanzlerin Angela Merkel immer den deutschen Wunsch nach einer echten Pressekonferenz geachtet hat. Aber die Kräfteverhältnisse in der Welt ändern sich - übrigens nicht nur bei China. Auch Indiens Ministerpräsident Narendra Modi will keine Fragen. Das Protokoll ist dabei das Mittel, um die eigene Macht zu demonstrieren. Deshalb kopiert die aufsteigende Weltmacht China die alte Weltmacht USA, bei der es etwa auch ein Gnadenbeweis ist, wenn Politiker bei einem Besuch im Weißen Haus plötzlich einige Minuten mit dem US-Präsidenten bekommen. Als US-Außenminister Antony Blinken an diesem Montag in Peking war, erfuhr er erst eine Stunde vorher, dass Präsident Xi Jinping ihn empfangen würde.

Li ist ein Machtmensch

Und das Größenverhältnis Chinas zu Deutschland verändert sich noch drastischer. Zwar gilt es als große Ehre, dass die erste Auslandsreise des neuen chinesischen Ministerpräsidenten nach Deutschland geht, das in China schon wegen seiner Technologie geschätzt wird. Aber der temperamentvolle Li ist ein absoluter Machtmensch. Deshalb will er gerade bei seiner ersten Visite das Risiko nicht vorgeplanter Situationen und vielleicht unangenehmer Fragen nicht eingehen. Er weiß ohnehin, dass die Deutschen ihren größten Handelspartner China heute mindestens so brauchen wie umgekehrt.

Stolz weist Scholz darauf hin, dass seit einigen Monaten die effizienteste Solarzelle wieder aus Deutschland kommt - so ein Hinweis wäre früher gar nicht nötig gewesen. Deshalb hielt Li am Montag auch schon mal ohne Scholz Hof mit deutschen Unternehmenschefs. Und auch auf dem deutsch-chinesischen Wirtschaftsforum zum Abschluss seines Berlin-Besuchs gibt Li den Chef: Er dankt den Firmen, dass sie gekommen sind. Er ist es, der der deutschen Politik und den Firmen ins Stammbuch schreibt, dass die Strategie des De-Risking doch Unsinn sei. "China betreibt ja auch kein De-Risking von Deutschland", fügt er hinzu. Früher hätte es an dieser Stelle Gelächter gegeben. Diesmal blieb es still im Saal. Die Rede Lis war übrigens dreimal so lang wie die von Gastgeber Scholz.

Quelle: ntv.de, Andreas Rinke, rts

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