Ein Kabel, mehrere Länder Auf einmal ist ganz Ostafrika offline


Bei den Protesten in Kenia gab es bislang mindestens fünf Tote.
(Foto: REUTERS)
Wegen anhaltender Proteste hat Kenias Regierung versucht, das Internet abzuschalten. Da das Ausweichkabel zu teuer ist, gehen gleich alle Nachbarländer mit offline.
Es war kurz nach 16.00 Uhr am Dienstagnachmittag, als plötzlich in ganz Ostafrika nichts mehr ging: Internetseiten luden nur noch langsam, manche gar nicht. Die Online-Bezahlung via mobilen Geldtransfers war nicht mehr möglich, Geldautomaten spuckten keine Scheine mehr aus, die Zahlung mit Kreditkarte im Supermarkt wurde abgelehnt. Fast ganz Ostafrika war plötzlich offline.
Der Grund: Kenias Regierung hatte versucht, das Internet abzuschalten. Seit Tagen machen dort Protestler die Straßen und Städte unsicher. Am Dienstag stürmten Demonstranten sogar das Parlament. Sie sind wütend über die angekündigten Steuererhöhungen, die gerade debattiert werden. Die Regierung muss einen neuen Haushalt beschließen und überlegt wegen der hohen Staatsschulden, Steuern auf Lebensmittel wie Brot oder Benzin drastisch zu erhöhen. Darauf reagiert Kenias Oppositionsbewegung mit Massenprotesten, die am Dienstag von der Polizei gewaltsam niedergeschlagen wurden. Es gab mindestens fünf Tote.
Noch am Montag hatte Kenias Kommunikationsbehörde versichert, es gebe "zweifelsfrei absolut keine Absicht, das Internet abzuschalten", so ein Sprecher und erklärte: "Derartige Maßnahmen wären ein Verrat an der Verfassung, insbesondere an der Meinungsfreiheit und an unserem eigenen Ethos." Viele ostafrikanische Regierungen legen in Zeiten der Massenproteste gern das Internet und die sozialen Medien lahm, über die sich die Demonstranten koordinieren. Ein Bündnis von mehr als zwanzig Menschenrechtsorganisationen hatte zuvor gewarnt, dass dies gegen das "von der Verfassung gegebene Recht zu protestieren und am politischen Prozess teilzunehmen" verstoßen würde.
Doch dann passierte es am Dienstagnachmittag trotzdem, kurz nachdem die Protestler das Parlament in der Hauptstadt Nairobi gestürmt hatten. Zahlreiche kenianische Telekomfirmen verschickten SMS an ihre Kunden und entschuldigten sich für den "limitierten Service".
Und auch die Nachbarländer Uganda, Südsudan bis weiter nach Ruanda, Burundi und dem Osten der Demokratischen Republik Kongo gingen offline. Der Grund: Fast alle diese Länder hängen an einem einzigen Glasfaserstrang, der durch Kenia geht und von dort aus in den Indischen Ozean führt - worüber Ostafrika mit dem weltweiten Internet vernetzt ist. Ein zweites Kabel verläuft parallel dazu via Tansania ins Innere des Kontinents, doch dieses zu nutzen ist teuer, weil Tansanias Regierung darauf ein Monopol hat und hohe Gebühren verlangt. Nur einige Telekomanbieter konnten ausweichen, sodass manche Webseiten sich immerhin langsam öffneten.
Für Ostafrikas Wirtschaft hat dies kostspielige Folgen. Die Online-Plattform NetBlocks, die den Onlinezugang weltweit überwacht, kalkuliert, dass eine einzige Offline-Stunde Kenias Wirtschaft umgerechnet fast 13 Millionen Euro kostet. In den übrigen Ländern ist der finanzielle Schaden ähnlich gravierend. Den wütenden Demonstranten gibt dies nun noch mehr Grund, gegen die Regierung auf die Straße zu gehen.
Quelle: ntv.de