Kontrollverlust in der Pandemie Rechtsextreme Buchprojekte erhielten Staatshilfen
26.04.2023, 14:15 Uhr Artikel anhören
Literaturprojekte wurden insgesamt mit mehr als 93 Millionen Euro gefördert.
(Foto: picture alliance/dpa)
Auch die Kultur darbt in der Corona-Pandemie massiv. Das unkomplizierte Hilfsprogramm "Neustarts Kultur" ist da sehr willkommen. Einem Bericht zufolge profitieren allerdings auch rechtsextreme Buchprojekte davon. Der Börsenverein des Buchhandels sieht kein Problem.
Die Bundesregierung hat einem Medienbericht zufolge im Rahmen des Corona-Hilfsprogramms "Neustart Kultur" auch rechtsextreme Buchprojekte gefördert. Wie Deutschlandfunk Kultur berichtet, erhielten einzelne rechtsextreme Buchprojekte, darunter ein vom Bundesamt für Verfassungsschutz im Nachgang als "in Teilen extremistisch" eingestuftes Buch, vierstellige Fördersummen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels konnte die Gelder demnach ohne inhaltliche Prüfung zuteilen.
Während der Corona-Pandemie wurden die Fördermittel dem Deutschlandfunk zufolge von der Bundesregierung nicht direkt an die Empfänger gesandt, sondern an zwischengeschaltete Branchenverbände, Stiftungen und Vereine. Das habe zwar die Prozesse und somit die Abläufe beschleunigt, andererseits bedeutete es für den Staat demnach einen Kontrollverlust.
Denn laut der Recherche des Deutschlandfunks führte der für die Verlagswirtschaft zuständige Börsenverein des Deutschen Buchhandels keine qualitative Prüfung der Förderanträge durch. Bei den Online-Anträgen hätten Antragsstellende lediglich versichern müssen, mit dem staatlichen Geld "keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Inhalte" zu produzieren. Nach Ansicht des Börsenvereins seien damit aber die von Kulturstaatsministerin Claudia Roth gestellten Vorgaben eingehalten worden.
Keine inhaltliche Prüfung möglich
Das Büro Roths verwies demnach auf Anfrage des Deutschlandfunks darauf, es sei darum gegangen, möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen. Es sei "eine bewusste Entscheidung" gewesen, mit dem "Programm in die Breite zu wirken". "Inhaltliche Prüfungen sind unter dieser Voraussetzung nicht möglich", hieß es dem Bericht zufolge. Der Börsenverein solle aber "Hinweisen" auf eine Förderung rechtsextremer Buchprojekte "nachgehen"; er könne die Fördersumme zudem zurückfordern.
Während der Corona-Pandemie konnten Verlage im Rahmen des milliardenschweren Programms "Neustart Kultur" Druck- und Produktionskostenzuschüsse für eine Neuerscheinung in Höhe von bis zu 10.000 Euro beantragen. Für Buchhandlungen standen zur Digitalisierung ihrer Vertriebswege Fördermittel von bis zu 7500 Euro pro Geschäft zur Verfügung. Der datenjournalistischen Recherche des Deutschlandfunks zufolge flossen insgesamt mindestens 93,7 Millionen Euro in den Bereich Literatur.
Quelle: ntv.de, als/AFP