Beben im US-Repräsentantenhaus Republikaner McCarthy scheitert bei Chefpostenwahl auch im zweiten Wahlgang
03.01.2023, 19:55 Uhr
Kevin McCarthy hat Historisches geleistet.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die Republikaner erobern im November die Mehrheit im US-Repräsentantenhaus zurück. Doch die Sitzverteilung ist knapp und der republikanische Fraktionschef McCarthy nicht unumstritten. Bei der Wahl des Vorsitzenden fällt er deswegen durch - auch im dritten Wahlgang dürfte er eine Mehrheit verfehlen.
Die Republikaner haben ihre Machtübernahme im US-Repräsentantenhaus mit einer historischen Demonstration ihrer Zerstrittenheit begonnen: Zum ersten Mal seit 1923 wurde der Vorsitzende der Kongress-Kammer nicht im ersten Wahlgang gewählt. Der republikanische Fraktionschef Kevin McCarthy erhielt in der konstituierenden Sitzung nur 203 von 218 benötigten Stimmen für das mächtige Amt. 19 Mitglieder der republikanischen Partei stimmten für andere Kandidaten.
Beim zweiten Anlauf votierten 19 Republikaner geschlossen für den republikanischen Abgeordneten Jim Jordan. Der Trump-Vertraute zählt zu den konservativen Hardlinern in der Partei - so wie offenbar auch die Abgeordneten, die McCarthy die Gefolgschaft verweigern. Allerdings hatte Jordan zuvor McCarthy für den zweiten Wahlgang nominiert und seinen Parteikollegen ins Gewissen geredet, die Reihen zu schließen. Vergebens, McCarthy verfehlte die Mehrheit erneut. Der demokratische Fraktionschef Hakeem Jeffries bekam 212 Stimmen. Inzwischen zeichnet sich auch im dritten Wahlgang eine Schlappe für McCarthy ab. Erneut verweigerten ihm mehrere Parteikollegen ihre Unterstützung und stimmten stattdessen für Jordan.
Die Republikaner hatten den Demokraten bei den sogenannten Midterms die Kontrolle über das Repräsentantenhaus entrissen. Das Ergebnis fiel aber deutlich knapper aus als erwartet: Die Konservativen stellen künftig eine Mehrheit von 222 der 435 Abgeordneten, die Demokraten gewannen 213 Sitze. Ihr Kandidat für den Vorsitz im Repräsentantenhaus, Fraktionschef Hakeem Jeffries, erhielt bei der Abstimmung 212 Stimmen.
Wählen bis zur Mehrheit
Bereits vor der Sitzung hatten mindestens fünf ultrakonservative Abgeordnete erklärt, ihren 57-jährigen Parteikollegen McCarthy nicht unterstützen zu wollen. Die US-Verfassung sieht für diesen Fall vor, dass so lange abgestimmt wird, bis ein Kandidat oder eine Kandidatin die nötigen 218 Stimmen erhält - auch wenn dies Stunden oder wie 1923 sogar mehrere Tage dauert. In den 1850er Jahren waren 133 Wahlgänge über zwei Monate nötig, um den Vorsitzenden zu wählen - der bisherige Rekord.
Für McCarthy geht es um sehr viel politischen Einfluss. Der Sprecher des Repräsentantenhauses steht in der politischen Rangfolge der USA an dritter Stelle hinter Präsident Joe Biden und dessen Vizepräsidentin Kamala Harris und ist somit der mächtigste Gegenspieler des Staatsoberhaupts.
Zerstrittene Partei
Unter den Republikanern tobt ein Richtungsstreit zwischen jenen Mitgliedern, die wie Ex-Präsident Donald Trump die Partei weiter nach rechts rücken wollen, und einem eher moderaten Flügel. McCarthy sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, als Minderheitsanführer nicht aggressiv genug den Demokraten die Stirn geboten zu haben. "Er ist Teil des Problems. Er ist nicht Teil der Lösung", bekräftigte etwa der republikanische Abgeordnete Bob Good im Sender Fox News seine Ablehnung. "Nichts deutet für mich darauf hin, dass er sein Vorgehen ändern wird."
Der Senat blieb bei der Wahl im November in der Hand der Demokraten. Sie konnten ihre knappe Mehrheit verteidigen und sogar ausbauen: Sie stellen künftig 51 der 100 Senatoren.
Der "gespaltene" Kongress bedeutet, dass die Republikaner große politische Vorhaben von Biden blockieren können, denn in den USA müssen Gesetzesvorlagen von beiden Kammern in identischer Form verabschiedet werden. Die nächsten Präsidentschafts- und Kongresswahlen finden im November 2024 statt.
Quelle: ntv.de, chr/ino/rts