Politik

Selbstkritische Töne und Dank Ricarda Lang verabschiedet sich mit knackiger Rede

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Ricarda Lang mahnt ihre Partei: "Wir sind nicht die Staubsaugervertreter der Demokratie."

Ricarda Lang mahnt ihre Partei: "Wir sind nicht die Staubsaugervertreter der Demokratie."

(Foto: REUTERS)

Ricarda Lang blickt ganz unverblümt auf ein "beschissenes Jahr" zurück. Die scheidende Grünen-Vorsitzende appelliert an ihre Partei, klarer zu kommunizieren und auch eigene Ratlosigkeit einzugestehen. Zum Abschied wendet sie sich in sehr persönlichen Worten an ihre Wegbegleiter.

Mit einer ernsten Rede, doch ohne Bitterkeit, hat sich Ricarda Lang auf dem Bundesparteitag der Grünen als Co-Vorsitzende verabschiedet. "Wir erleben eine tiefe Krise des demokratischen Systems", sagte sie vor mehr als 800 Delegierten in Wiesbaden mit Blick auf die Stimmenzuwächse für die AfD bei den zurückliegenden Landtagswahlen. "Es reicht nicht, gegen Rechtsextremismus zu sein", schrieb sie ihren Parteifreunden ins Stammbuch. Notwendig sei auch, "das Leben von Menschen zu verbessern".

Es sei falsch, nach Misserfolgen zu sagen, man müsse seine Politik nur überzeugender verkaufen, mahnte sie. Und: "Wir sind nicht die Staubsaugervertreter der Demokratie." Den Zynikern gehöre nicht die Zukunft, sie hätten zuletzt im politischen Raum dennoch viel Raum eingenommen.

Die scheidende Co-Parteichefin fordert eine klare Kommunikation für die Menschen und auch das Eingeständnis eigener Ratlosigkeit. Sie sei aus Interviews gekommen und habe sich "gedacht, ich glaub mir doch die Hälfte von dem, was ich da gerade erzähle, selbst nicht mehr". Die Grünen dürften nicht nur den Zusammenhalt in der Gesellschaft einfordern, sondern müssten konkret sagen, wie es funktionieren könne für die Menschen.

Auch beim Klimaschutz dürften die Grünen nicht so tun, als gebe es nur Gewinner, ohne über die Kosten zu reden. "Dann werden wir an Vertrauen verlieren", sagt Lang. "Wir Grüne können uns das mit der Mitte der Gesellschaft in die Haare schmieren, solange wir als Elitenprojekt wahrgenommen werden."

Neubauer würdigt Langs Leistungen

Einer Personenschützerin des Bundeskriminalamts, die sie zuletzt begleitet hat, dankte Lang, die in den vergangenen Jahren von politischen Gegnern oft persönlich beleidigt wurde: "Demokratie funktioniert heute nur, weil Sie uns schützen." Omid Nouripour, mit dem sie die Partei gemeinsam geführt hat, dankte sie für seine große Loyalität. Ihrem Lebensgefährten, den sie vor Kurzem geheiratet hat, rief sie zu: "Vielen Dank, dass du mir in diesem beschissenen Jahr den schönsten Moment meines Lebens beschert hast."

Die Klimaschutz-Aktivistin Luisa Neubauer würdigte die Leistungen Langs, die sie als Freundin bezeichnete, nicht nur politisch, sondern auch auf der menschlichen Ebene. Beide erlebten sie seit Jahren, dass man aus Sicht mancher Menschen als junge Frau mit politischen und gesellschaftsverändernden Ambitionen eigentlich nur alles falsch machen könne. Am Ende werde man von diesen Menschen ohnehin nur daran gemessen, "wie sehr wir es schaffen, uns in mittelalte Männer zu verwandeln".

Lang und Nouripour hatten nach Stimmenverlusten der Partei bei drei Landtagswahlen Ende September gemeinsam den Rücktritt des Parteivorstands angekündigt.

Quelle: ntv.de, fzö/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen