Ukraine-Streit bei Maischberger "Rufen Sie doch in Moskau an und nicht in Kiew"
21.02.2024, 05:18 Uhr Artikel anhören
Mohamed Ali will, dass die Ukraine verhandelt, Strack-Zimmermann, dass sie sich mit Taurus-Marschflugkörpern wehrt.
(Foto: WDR/Oliver Ziebe)
Wenn der Bundestag morgen über weitere Ukraine-Hilfen berät, will die FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann nicht für den Antrag der Ampel-Parteien stimmen, sondern für den der Union. Bei Maischberger erläutert sie ihre Gründe - und streitet sich heftig mit BSW-Chefin Mohamed Ali.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann könnte für neuen Zoff in der Ampelkoalition sorgen. Die Politikerin will im Bundestag einem Unions-Antrag zu Ukraine-Hilfen zustimmen, sagte sie in der ARD-Talkshow "Maischberger". Dort liefert sie sich einen heftigen Schlagabtausch mit der Co-Chefin des Bündnis Sahra Wagenknecht, Amira Mohamed Ali.
"Die Sache ist todernst"
Der Bundestag wird am Donnerstag über weitere Hilfen für die Ukraine beraten. Dabei stehen zwei Anträge zur Abstimmung, einer von der Regierungskoalition, einer von der Union. "Die Sache ist todernst", sagt Strack-Zimmermann bei "Maischberger". Der Antrag der Ampel sei sehr weitgehend. Darin werde klargestellt, dass man an einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine nach dem Krieg arbeite und dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen müsse. "Dieser Antrag wird von der Ampel abgestimmt, und da werde ich auch zustimmen." Dann sei da aber der Antrag der CDU. Der unterscheide sich in einem wesentlichen Punkt von jenem der Ampel: während die Ampel fordere, dass auch weitreichende Waffensysteme geliefert werden müssten, verlange der Unions-Antrag konkret die Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern. Strack-Zimmermann: "Das zeigt eben, dass das Ganze sich an einem Wort aufhängt." Und weiter: "Ich bin jetzt der Meinung, jetzt muss mal ganz deutlich gesagt werden, von was reden wir." Es gehe um ein Waffensystem von großer Relevanz. "Und deswegen werde ich dem CDU-Antrag zustimmen, weil ich will, dass das Kind beim Namen genannt wird."
Amira Mohamed Ali vom Bündnis Sahra Wagenknecht spricht sich gegen die Taurus-Lieferungen aus. Militärexperten auf der ganzen Welt seien der Meinung, dass die Ukraine den Krieg militärisch nicht gewinnen könne. "Die Offensiven haben alle nicht zum Erfolg geführt. Im Gegenteil: Die Ukraine verliert diesen Krieg eigentlich gerade." Die Taurus-Marschflugkörper seien nicht der Gamechanger. "Aber die Gefahr besteht, dass dadurch - nämlich tatsächlich spätestens auch dann, wenn von der Ukraine aus mit deutschen Waffen nach Russland direkt geschossen werden kann - dass der Krieg weiter eskaliert." Davon könne Deutschland direkt betroffen sein.
Warum Russland angegriffen werden sollte, will Strack-Zimmermann wissen. "Weil die Flugkörper das können", antwortet ihr Mohamed Ali. Die Ukraine wolle die Taurus-Marschflugkörper auf der Krim einsetzen, hinter der Linie, wo die Russen stehen. Die Krim sei ukrainisch, kontert Strack-Zimmermann. Darauf Mohamed Ali: "Die Taurus-Flugkörper können auch nach Moskau fliegen."
Tatsächlich gibt es mittlerweile Stimmen, die einen Angriff auf Russland fordern. Der CDU-Militärexperte Roderich Kiesewetter gehört dazu. Er erklärte jüngst: "Der Krieg muss nach Russland getragen werden. Russische Militäreinrichtungen und Hauptquartiere müssen zerstört werden. Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände."
Strack-Zimmermann kommentiert die Aussagen des CDU-Politikers nicht. Doch die Moderatorin hakt nach: "Wollen Sie den Krieg nach Russland tragen?"
"Ich finde die Fragestellung komplett absurd", antwortet die Politikerin sehr erregt. Es zeuge von einem tiefen Misstrauen, würde man der Ukraine unterstellen, dass sie Moskau bombardieren werde. Das Land habe sich in den letzten zwei Jahren daran gehalten, Russland nicht mit westlichen Waffen zu beschießen.
Das stimmt zwar, aber die Ukraine hat die russische Hauptstadt bereits mit Drohnen aus eigener Produktion beschossen.
Mohamed Ali für Friedensverhandlungen
Für Mohamed Ali geht es vor allem darum, den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden. Darum fordert sie, dass westliche Länder Gespräche der beiden Kriegsgegner über einen Waffenstillstand vermitteln sollten. Dazu müsse auch mit dem russischen Präsidenten Putin gesprochen werden. Der sei ein Mörder, aber er sei nun mal da. "Ich möchte, dass es damit aufhört, dass in der Ukraine jeden Tag Menschen sterben."
Nun wird Strack-Zimmermann richtig wütend. "Dann rufen Sie doch in Moskau an und nicht in Kiew. Da passiert es doch", schreit sie. "Das sind immer so markige Sprüche, das ist doch nicht die Realität", antwortet Mohamed Ali, die inzwischen auch sichtlich wütend ist.
Die Einigkeit der Kontrahentinnen
Es gelingt der Moderatorin nur mit Mühe, wieder Ruhe in die Diskussion hineinzubringen. Und am Ende herrscht fast so was wie Harmonie, als Maischberger die Frage nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland anspricht. Denn beide Politikerinnen sind dagegen. Strack-Zimmermann aus finanziellen Gründen, Mohammed Ali aus Furcht, dass Jugendliche ohne Ausbildungsplatz keine andere Möglichkeit für sich sehen könnten, als sich bei der Bundeswehr zu bewerben.
Ein Thema lässt Maischberger aus: die Forderung Strack-Zimmermanns nach einem Koordinator oder einer Koordinatorin zum Aufbau einer europäischen Armee. Das fordert die FDP-Verteidigungspolitikerin seit einigen Wochen, zuletzt an diesem Montag bei ntv.
Quelle: ntv.de