Chemiewaffeneinsatz in Syrien Russland blockiert verlängerte UN-Kontrolle
24.10.2017, 19:35 Uhr
Syrien dementiert, Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Russland unterstützt diese Darstellung.
(Foto: AP)
Die große Mehrheit im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen will, dass UN-Chemiewaffeninspekteure länger in Syrien arbeiten dürfen. Russland stimmt dagegen. Moskau will den noch ausstehenden neuen Bericht der Experten abwarten.
Russland hat eine Resolution im UN-Sicherheitsrat blockiert, die Untersuchungen über Chemiewaffenangriffe in Syrien verlängern sollte. In der Resolution ging es um den sogenannten Joint Investigative Mechanism (JIM), dessen Mandat mit dem Schritt um ein Jahr hätte verlängert werden sollen. Elf Ratsmitglieder stimmten für die Resolution, zwei dagegen und zwei - darunter auch China - enthielten sich.
Der JIM bezeichnet das gemeinsame Untersuchungsteam der Vereinten Nationen und der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) mit Sitz in Den Haag. Die OPCW stellt zwar fest, ob Chemiewaffen zum Einsatz kamen, die Verantwortlichen muss aber der JIM festmachen. Russland begründete das Veto damit, dass erst der neue, für Donnerstag erwartete JIM-Bericht vorliegen müsse. In diesem geht es auch um den mutmaßlichen Giftgas-Angriff auf die Stadt Chan Scheichun in der Provinz Idlib im April mit mehr als 80 Toten.
Russland hat die Arbeit des Untersuchungsteams immer wieder kritisiert. Moskau ist einer der engsten Verbündeten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Russland wolle mit allen möglichen Mitteln sicherstellen, dass "das barbarische Assad-Regime niemals Konsequenzen für dessen Einsatz von Chemiewaffen" fürchten müsse, sagte die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley.
Der JIM war bereits im September 2014 ausgelaufen, seitdem aber mehrfach verlängert worden. Schon bei der Verlängerung im vorigen Jahr hatte der Rat wochenlang über das Thema diskutiert und sich zunächst nur auf eine Verlängerung um zwei Wochen einigen können.
Die USA und ihre Verbündeten sowie die UN-Untersuchungskommission zur Lage der Menschenrechte in Syrien machen für den Angriff mit dem Giftgas Sarin die syrischen Streitkräfte von Staatschef Baschar al-Assad verantwortlich. Als Reaktion darauf attackierten die US-Streitkräfte in der Nacht zum 7. April von zwei Marineschiffen aus Al-Schairat mit 59 Tomahawk-Marschflugkörpern.
Die syrische Regierung bestreitet jegliche Verwicklung in den Angriff auf Chan Scheichun und gibt an, sie verfüge seit einem Abkommen von 2013 über keine Chemiewaffen mehr. In dem im September vorgelegten Bericht der UN-Untersuchungskommission werden Angaben der syrischen und der mit ihr verbündeten russischen Regierung zurückgewiesen, wonach das Giftgas bei einem versehentlichen Angriff auf ein Waffenlager der Dschihadisten freigesetzt worden sei. Dafür gebe es keinen Beleg.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte den USA vor wenigen Tagen vorgeworfen, gegen Abkommen zur nuklearen und chemischen Abrüstung zu verstoßen. "Für ein Land, das sich zum Vorreiter der Nichtverbreitung (von Massenvernichtungswaffen) erklärt hat, ist das unsolide", sagte Putin. Russland habe seine letzten Chemiewaffen Ende September vernichtet. Die USA zögerten den Termin für ihre Abrüstung bis 2023 hinaus, sagte der Kremlchef vor dem Waldai-Klub internationaler Außenpolitik-Experten.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa/AFP