Politik

Doppelte Szene gibt Rätsel auf Russland fälscht Jubelbilder aus dem Stadion

Dieses Foto zumindest sollte aktuell sein: Wladimir Putin am Freitag im Moskauer Luschniki-Stadion.

Dieses Foto zumindest sollte aktuell sein: Wladimir Putin am Freitag im Moskauer Luschniki-Stadion.

(Foto: picture alliance/dpa/POOL)

Zehntausende Russen jubeln ihrem Präsidenten Wladimir Putin zu, als er sie am Freitag im Luschniki-Stadion von Moskau auf den Krieg einschwört. Doch nicht alle Bilder, die von dem Ereignis im Fernsehen gezeigt werden, sind wirklich aktuell. Das lässt sich eindeutig beweisen.

Der Auftritt Wladimir Putins am vergangenen Freitag im Luschniki-Stadion von Moskau liefert jede Menge Gesprächsstoff. Und das nicht nur wegen der schauerhaften Kriegspropaganda, die der russische Präsident in seiner dortigen Rede unter dem Jubel Zehntausender Menschen vom Stapel gelassen hat.

Schon die Jacke, die Putin bei dem Ereignis trug, sorgte für einiges Aufsehen. Schließlich stellte sich heraus, dass sie schlappe 12.000 Euro kostet und ein lupenreiner West-Import aus der Fabrikation eines italienischen Luxus-Labels ist. Für einen, der auf den dekadenten Westen schimpft, sein Volk gerade in die Armut treibt und seine schlecht bezahlten Soldaten in den Tod, vielleicht nicht so ganz die passende Kleiderwahl.

Zwei Jahre, dieselbe Szene

Nun gibt ein weiteres Detail der auch im Fernsehen gezeigten Veranstaltung Rätsel auf. Darauf aufmerksam gemacht hat zunächst das in Warschau sitzende russischsprachige Oppositionsmedium Nexta. Ihm fiel auf, dass wenigstens eine der am Freitag angeblich aus dem Stadion gezeigten Szenen in Wahrheit gar nicht von der aktuellen Veranstaltung stammte. Aufgenommen wurde sie vielmehr bereits vor exakt einem Jahr, als Putin im Luschniki-Stadion ebenfalls schon zu einem Fest unter dem Motto "Tage der Krim" geladen hatte.

Nexta demonstrierte das auf seinem Twitter-Account mit zwei Screenshots. Der eine, so hieß es, stamme aus der Aufzeichnung der Veranstaltung am 18. März 2021. Der andere sei hingegen den Fernsehbildern, die an diesem Freitag über die Bildschirme flimmerten, entnommen. Zu sehen ist auf beiden Bildern jedoch das Gleiche: zwei junge Frauen - die eine mit nude-farbenem Hoodie, medizinischer Maske auf dem Kinn und schwarzer Jacke, die andere mit rotem Oberteil und blonden Haaren. Die beiden applaudieren, während im Hintergrund eine ältere blonde Frau mit lila Schal ebenfalls gute Laune zu haben scheint.

Das RTL-Verifizierungsteam hat sich daher auf Spurensuche begeben, ob die von Nexta gemachte Beobachtung tatsächlich zutrifft. Und siehe da: Ja, sie tut es. So ist etwa auf der Webseite "m24.ru" noch ein Mitschnitt der Veranstaltung aus dem Jahr 2021 abrufbar. Bei Minute 6:23 lässt sich hier die Szene mit den beiden jungen Frauen begutachten. Aufzeichnungen von Putins Rede an diesem Freitag und dem Propaganda-Fest, in das sie eingebettet war, lassen sich unterdessen auch auf Youtube finden - nach Minute 40:42 taucht exakt die gleiche Situation wieder auf.

Auf alles vorbereitet?

Fakt ist somit: Die Bilder von der Stadion-Feier waren zumindest an dieser Stelle gefälscht. Nun werden viele weitere Fragen auftauchen, unter anderem diese: Wurde noch mehr getrickst? Und warum ist dies geschehen?

Ein möglicher Grund könnte sein, dass es nach russischer Darstellung technische Probleme gab. So brach auch Putins Rede während der Übertragung mitten im Satz ab. Eventuell nutzte man das alte Material also, um einen Sendeausfall zu überbrücken.

Ebenso denkbar wäre jedoch auch, dass die Nahaufnahmen der begeisterten Zuhörerinnen einfach zu schön waren, um sie nicht mal eben einfach wiederzuverwenden. Dass so schnell auf die Aufnahmen des vergangenen Jahres zugegriffen werden konnte, suggeriert jedenfalls, dass sie schon zur Verwendung bereit lagen. Vielleicht sind die russischen Medien auch einfach nur auf alle Eventualitäten vorbereitet, sollte mal wieder jemand spontan mit einem Schild mit der Aufschrift "Kein Krieg" ins Bild laufen?

Eines lässt sich in jedem Fall an dieser Posse ablesen: Mit der Authentizität nimmt es Russland in seinem Informationskrieg nicht so ganz genau.

Quelle: ntv.de

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