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Spott über italienischen Zwirn Putin predigt Krieg in 12.000-Euro-Jacke

Schicke Jacke: Wladimir Putin am 18. März in Moskau.

Schicke Jacke: Wladimir Putin am 18. März in Moskau.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Wladimir Putin zerbombt die Existenz unzähliger Ukrainer, stürzt sein Volk in die Inflation und die Welt in eine drohende Ernährungskrise. Doch auch der Luxus der Oligarchen ist vor seinem Spott nicht mehr sicher. Für den russischen Präsidenten selbst gelten aber natürlich andere Regeln.

Durch den Krieg in der Ukraine gibt es nicht nur unzählige Tote und Verletzte. Er beraubt viele Menschen, deren Häuser, Wohnungen, Hab und Gut zerstört sind, auch ihrer Lebensgrundlagen.

Aber nicht nur die Menschen in der Ukraine haben unter der Gewalt zu leiden, sondern über kurz oder lang auch viele Russinnen und Russen, die ihr Präsident Wladimir Putin in wirtschaftliches Chaos, Isolation, Inflation und letztlich Armut treibt. Von den Auswirkungen des Krieges angesichts ausbleibender Getreideernten auf die globale Ernährungssituation mal ganz zu schweigen.

Doch selbst die Reichsten der russischen Reichen bekommen die Konsequenzen von Putins Handeln inzwischen zu spüren. Der Westen hat im Rahmen seiner Sanktionen schließlich auch ihre Besitztümer ins Visier genommen. Nicht zuletzt in Italien werden Jachten und Villen der Oligarchen reihenweise beschlagnahmt. Dabei können sie sich noch nicht einmal mehr der Unterstützung ihres bisherigen Kumpels im Kreml sicher sein. In einer Rede vergangene Woche wütete Putin vielmehr gegen "Landesverräter", die "auf Gänseleberpastete, Austern oder die sogenannten Gender-Freiheiten nicht verzichten können".

Strickpulli und Daunenjacke

Während Putin einerseits die Existenz Abertausender Menschen vernichtet und andererseits den Luxus bisheriger Weggefährten verspottet, lebt er selbst in Saus und Braus. Die Schätzungen des in vielen dunklen Kanälen schlummernden Vermögens Putins schwanken zwischen 40 und 200 Milliarden Dollar - in letzterem Fall wäre er der reichste Mensch der Welt. Zu der Bigotterie passt natürlich auch, dass der Kreml-Fürst zwar den Westen als Ursprung allen Übels brandmarkt, zugleich hier aber ein Immobilien-Imperium unterhält und seine Geliebte wohl sogar in der Schweiz versteckt.

Und dazu passt der Auftritt, den Putin am vergangenen Freitag im Luschniki-Stadion von Moskau absolviert hat. Wie ein Volkstribun ließ er sich von einer Menge zusammengekarrter Claqueure feiern. Dabei war er eher ein Mafiapate im Besitz von Atomwaffen, der dort die Massen auf den Krieg und seine absurde Weltsicht einschwor, ehe eine angebliche technische Panne ihm zumindest auf den Fernsehschirmen den Saft abdrehte.

Zu Putins vermeintlich volksnaher Inszenierung zählte auch sein Outfit, das ausnahmsweise mal nicht aus einem schlecht sitzenden Anzug bestand, sondern aus einem weißen Strickpulli und einer - scheinbar - schlichten blauen Daunenjacke. Denn so schlicht, wie es zunächst den Anschein machte, war die nämlich gar nicht, wie findige Beobachter rasch herausfanden. Schlappe 1,5 Millionen Rubel kostet das Jäckchen - umgerechnet nach (noch) aktuellem Stand etwa 12.000 Euro.

"Sie ist kugelsicher"

Doch damit nicht genug der Doppelmoral. Der feine Zwirn entstand nämlich noch nicht einmal in heimischer russischer Produktion, sondern ist ein 1A-Westimport. Hergestellt wurde die Jacke vom Luxus-Modelabel Loro Piana in Italien, dort also, wo gerade so mancher Oligarch seiner Jacht nachtrauert.

Der Spott vieler Nutzer in den sozialen Netzwerken war Putin angesichts dieser Kleiderwahl gewiss. "Sie singen 'Lang lebe Lenin, lang lebe Stalin, ich wurde in der UdSSR geboren', während der Chef Loro Piana trägt", machte sich etwa ein Twitter-Nutzer lustig. Die Frage, "Wie kann etwas mit so wenig Stil so teuer sein?", beantwortete ein anderer ironisch: "Sie ist kugelsicher." Doch auch ernsthaftere Kommentare wie diesen gibt es zuhauf: "12.000 Euro Loro-Piana-Parka für Putin. Ein russischer Soldat hat ein Monatsgehalt von 18.000 Rubel (knapp über 150 Euro)." Unter anderem auf einem dem Hacker-Netzwerk Anonymous nahestehenden Account wurde der Screenshot eines Online-Shops gezeigt, in dem die Jacke erworben werden kann.

"Etwas peinlich"

Mittlerweile sah sich sogar das Modelabel selbst zu einer Stellungnahme veranlasst. Dies sei "eine Angelegenheit, die aus menschlicher Sicht etwas peinlich ist", sagte Firmenchef Pier Luigi der italienischen Zeitung "Repubblica". "Die Gruppe, zu der Loro Piana gehört, hat bereits alle Maßnahmen ergriffen, um sich von der menschlichen Tragödie, die wir erleben, zu distanzieren und sich mit den europäischen Positionen zu solidarisieren."

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Tatsächlich hat die französische LVMH-Gruppe, die 80 Prozent an Loro Piana hält, ihre Lieferungen nach Russland seit Anfang März eingestellt und Boutiquen in dem Land geschlossen. "Ich denke, die von Putin getragene Jacke ist ein Kauf, der längere Zeit zurückliegt, aber ich glaube auch, dass dies Kleinigkeiten im Vergleich zu einer Kriegstragödie sind", erklärte Luigi. Er fühle sich nicht schuldig für diese Jacke, "aber ich glaube, dass Putin über das Leid nachdenken sollte, das er dem ukrainischen Volk zufügt", ergänzte der Unternehmer.

Dass sich diese Hoffnung erfüllt, darf an jedem Tag, an dem der Krieg weitergeht, mehr bezweifelt werden. Eines allerdings ist gewiss: Die Redewendung "Kleider machen Leute" kann man getrost ad acta legen.

Quelle: ntv.de

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