Politik

Einst Schutzmacht Armeniens Russland zieht Soldaten aus Berg-Karabach ab

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Militärisch ist der Konflikt um Berg-Karabach klar zugunsten Aserbaidschans entschieden. Gestritten wird gegenwärtig vor Gericht. Die einstige Schutzmacht des unterlegenen Armenien zementiert den Rückschlag Eriwans noch, denn Russland zieht seine Truppen aus der Region ab.

Russland zieht seine Truppe aus der zwischen Aserbaidschan und Armenien umkämpften Region Berg-Karabach schrittweise ab. "Das ist tatsächlich so", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge auf Mediennachfragen. Zuvor hatte die aserbaidschanische Website "Musavat.com" darüber berichtet. Dort hatte es geheißen, der Posten im Khudaveng-Kloster sei bereits an die aserbaidschanische Polizei übergeben worden. Auch der Stützpunkt Khojaly sei bereits geräumt, hieß es weiter. In sozialen Medien gab kurze Videos, die eine lange Kolonne russischer Militärfahrzeuge zeigt. Details zum zeitlichen Rahmen der Operation nannte Peskow in seiner Bestätigung nicht.

Russland war lange Zeit Schutzmacht Armeniens im Konflikt mit Aserbaidschan. Dieses wurde wiederum von der Türkei unterstützt. Zuletzt fühlte sich Armenien jedoch von Moskau im Stich gelassen, da die Friedenstruppe beim Vorrücken der aserbaidschanischen Soldaten nicht eingriff. Der Ton zwischen Armenien und Russland wurde zuletzt immer rauer. Eriwan ließ sogar seine Mitgliedschaft im von Russland dominierten Militärbündnis Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO) ruhen. Derweil streiten die eigentlichen Konfliktparteien vor Gericht.

Armenien wehrte sich vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Einwände Aserbaidschans gegen eine Klage rund um die zwischen beiden Seiten umstrittene Kaukasusregion Berg-Karabach. Die Einsprüche Aserbaidschans gegen die von Armenien erhobene Klage wegen Diskriminierung würden "selbst einer oberflächlichen Prüfung" nicht standhalten, sagte der Leiter des armenischen Justizteams, Jeghische Kirakosjan, in einer Anhörung am Dienstag. Tags zuvor hatte die aserbaidschanische Seite die Abweisung der Klage gefordert - unter anderem mit dem Argument, dass die beiden Staaten nicht zuerst in ernsthafte Verhandlungen über eine Beilegung des Streits getreten seien.

Rassistische Diskriminierung oder nicht

Zudem erklärten Aserbaidschans Rechtsvertreter, dass die meisten armenischen Vorwürfe nicht unter das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung fielen. Daher sei der Gerichtshof gar nicht zuständig. Eine Anwältin Armeniens, Alison Macdonald, argumentierte hingegen, dass sämtliche Vorwürfe der Gewalt durch Aserbaidschaner zumindest rassistische Diskriminierung im Sinne der Konvention darstellen könnten.

Armenien hatte im jahrzehntelangen Streit um Berg-Karabach 2021 Klage gegen Aserbaidschan eingereicht und ihm eine "staatlich geförderte Politik des Hasses auf Armenier" vorgeworfen, die zu "systematischer Diskriminierung, Massentötungen, Folter und anderen Misshandlungen" geführt habe. Aserbaidschan hat Armenien wiederum wegen Diskriminierung verklagt. Die Einsprüche Armeniens gegen die aserbaidschanische Klage werden Ende des Monats verhandelt.

Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, verwaltete sich aber nach dem Ende eines Krieges armenischer Separatisten gegen die aserbaidschanische Regierung seit 1994 praktisch selbst. Die ethnischen Armenier in Berg-Karabach wurden dabei von der Regierung in Eriwan unterstützt. 2020 eroberte Aserbaidschan einen Teil dieser Gebiete zurück. Im vergangenen Jahr besetzte es auch den Rest. Der größte Teil der etwa 120.000 Einwohner floh. Im Dezember stimmten Armenien und Aserbaidschan Friedensverhandlungen zu. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte damals, dass die russischen Soldaten der Abmachung gemäß bis November 2025 in der Region bleiben sollten. Wegen der veränderten Lage müsse aber künftig geschaut werden, wie weiter mit der Truppe verfahren werde.

Quelle: ntv.de, als/AP/dpa

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