Politik

Habeck im ZDF "Sanktionen gegen Russland kosten uns Wohlstand"

Die Aussagen des Kreml und von Putin seien durchaus widersprüchlich, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Die Aussagen des Kreml und von Putin seien durchaus widersprüchlich, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck.

(Foto: picture alliance/dpa/AFP-Pool)

Der Krieg in der Ukraine ist auch am Donnerstagabend Thema der Talkshows mit Maybrit Illner und Markus Lanz im ZDF. Dabei geht es vor allem um die Sanktionen gegen Russland. Präsident Putin hat mit einer Aussage über die Bezahlung von Rohstofflieferungen für Verwirrung gesorgt.

Im Kreml scheint Panik zu herrschen. So jedenfalls könnte man die letzten Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin bewerten. Der hatte am Donnerstag angekündigt, er habe ein Dekret unterzeichnet, nach dem die Öl- und Gaslieferungen aus Russland in Zukunft nur noch in Rubel gezahlt werden dürften. Die Verträge mit den westlichen Ländern sollten deswegen ausgesetzt werden.

Zuvor hatte Putin in einem Telefongespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz jedoch in Aussicht gestellt, Deutschland und die anderen Länder könnten die Rohstoffe wie bisher in Dollar zahlen. Bei den Experten in den ZDF-Talkshows Maybrit Illner und Markus Lanz herrscht deswegen am Donnerstagabend Verwirrung. Sie vermuten, dass die westlichen Länder die Lieferungen an die zuständige Bank des Lieferanten Gazprom zunächst mit Dollar oder Euro zahlen könnten. Die Bank würde die Zahlungen dann in Rubel tauschen und nach Moskau weiterleiten. Damit hätte die russische Regierung gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie hat unterschwellig mit einem Ende der Gaslieferungen gedroht und zugleich die wichtige Gazprom-Bank mittelfristig vor Sanktionen bewahrt.

"Das System stützen wir schon"

Wirtschaftsminister Robert Habeck jedenfalls hält das Szenario der Experten für eher wahrscheinlich. Allerdings sagt er bei Markus Lanz: "Sicher sein kann man sich im Augenblick über gar nichts." Klar ist für ihn: "Wir und die Unternehmen werden weiter entlang der vereinbarten Ströme, so wie es die Verträge vorsehen, in Euro und Dollar bezahlen. Und dann hängt es von der Reaktion des Kreml ab."

Die Aussagen des Kreml und von Putin seien durchaus widersprüchlich, räumt Habeck ein. Klar sei nur, dass der russische Staat eigentlich bankrott sei. Tatsächlich haben mittlerweile schon zwei Rating-Agenturen russische Staatsanleihen auf "Ramsch-Status" herabgestuft. Habeck: "Niemand würde russische Wertpapiere kaufen, der noch bei Sinnen ist." Das sei das Ergebnis der Sanktionen, die westliche Länder gegen russische Banken und Unternehmen verhängt hätten, erklärt der Minister. Dennoch müsse Deutschland weiterhin für eine gewisse Zeit Rohstoffe wie Öl und Gas aus Russland beziehen. Aber: "Mit den Öl- und Gasimporten finanzieren wir nicht den Krieg. Aber das System stützen wir schon."

"Tempolimit für die Freiheit"

Dasselbe Argument hatte zuvor in der Sendung Maybrit Illner auch BDI-Präsident Siegfried Russwurm geäußert und war dafür von der Umweltaktivistin Lisa Neubauer von den Grünen scharf kritisiert worden. "Das sehen Menschen anders", ist sie sich sicher. Man habe bisher geglaubt, es sei genug Gas vorhanden, um sich von der Kohleindustrie zu trennen. "Diese Annahme zerschlägt sich gerade", sagt Russwurm. Deswegen findet auch er eine Erweiterung der Sanktionen gegen Russland falsch.

Neubauer sieht das völlig anders. Sie erklärt: "Jemand, der ein Embargo vorschlägt, macht das, weil es richtig und notwendig ist, und weil wir jeden Tag, an dem es das nicht gibt, einen Kriegsverbrecher weiter finanzieren." Neubauer setzt sich für ein erweitertes Wirtschaftsembargo gegen Russland ein. Sie plädiert aber auch dafür, Energie zu sparen. Eine Möglichkeit: Runter vom Gas beim Autofahren. "Warum sagt man nicht, wir machen ein Tempolimit für die Freiheit? Das wäre nur konsequent."

Dass weitere Sanktionen für Deutschland teuer werden könnten, weiß Neubauer. Aber sie sagt auch: "Wir sind in einem Angriffskrieg. Und seit wann ist es eine Option, dass man da ohne einen Preis für irgendjemanden wieder rauskommt?"

"Moralisches Gewissen hilft nicht weiter"

"Die Sanktionen gegen Russland kosten uns Wohlstand", sagt später auch Habeck. Dennoch habe er noch keine Kritik an den aktuellen Sanktionen aus der Wirtschaft gehört, und auch kein Bürger habe ihm bisher geraten, Deutschland solle sich mit Russland verbünden und die Ukraine "verrecken" lassen. "Die Frage ist jetzt, wie wir die Kosten gerecht kompensieren." Das müsse man den Menschen jetzt erklären. Auf jeden Fall sei Deutschland im Herbst oder Winter so weit, sich von russischen Rohstofflieferungen unabhängig zu machen, verspricht Habeck.

Im Laufe des Abends spricht Markus Lanz Habeck auf dessen Verhandlungen mit Katar über Rohstofflieferungen an, für die er in den letzten Tagen immer wieder kritisiert worden war. Der Vertrag mit Katar befreie Deutschland von Putin, "der ein Land überfällt und das Völkerrecht vergewaltigt", hebt Habeck hervor. Es gebe in Deutschland die Idee, wenn wir Gas aus Katar kauften, machten wir ein Geschäft mit dem Teufel. Aber moralisches Gewissen helfe uns hier nicht, ist sich Habeck sicher.

"Wir ziehen mit unserem täglichen Leben eine Spur der Verwüstung durch diese Erde, und wir kümmern uns nicht darum. Alles, was wir tun, hat Konsequenzen, wir sind keine Engel. Aber wir können versuchen, diese Konsequenzen Schritt für Schritt ein bisschen weniger schlimm zu machen."

Quelle: ntv.de

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