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Merz: Wir reichen nicht die Hand Scholz verkündet früheres Ende der Energiepreisbremsen

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Die vor dem Verfassungsgericht gescheiterte Haushaltspolitik trifft die Ampel hart, sagt Kanzler Scholz in einer Regierungserklärung. Der Handlungsspielraum sei deutlich eingeschränkt, an den Zielen halte man aber fest. Oppositionschef Merz will dabei nicht mitspielen. Die Schuldenbremse bleibe.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat eingeräumt, dass das Karlsruher Urteil die Arbeit seiner Ampel-Koalition deutlich erschwert. "Dieses Urteil schafft eine neue Realität - für die Bundesregierung und für alle gegenwärtigen und die zukünftigen Regierungen, im Bund und in den Ländern. Eine Realität, die es allerdings schwieriger macht, wichtige und weithin geteilte Ziele für unser Land zu erreichen", sagte der SPD-Politiker in einer Regierungserklärung im Bundestag.

Bundeskanzler Olaf Scholz bestätigte ein früheres Ende der staatlichen Energiepreisbremsen. Scholz sagte in der Regierungserklärung im Bundestag zur Haushaltskrise, die Energiepreisbremsen könnten zu Beginn des kommenden Jahres beendet werden. Der SPD-Politiker nannte als Grund, dass inzwischen überall in Deutschland wieder Strom- und Gastarife verfügbar seien, die zwar deutlich höher lägen als vor der Krise - aber meist unterhalb der Obergrenzen der Preisbremsen und ebenfalls spürbar unterhalb der Preise im vergangenen Herbst und Winter.

Scholz sagte: "Unsere Gasspeicher haben wir zudem so gut gefüllt, dass wir nicht mit plötzlichen Preissprüngen rechnen müssen. Klar ist aber auch: Sollten die Preise für Energie dennoch erneut unerwartet dramatisch steigen, sind wir jederzeit in der Lage, kurzfristig gegenzusteuern."

Die Preisbremsen sollten eigentlich bis Ende März gelten. Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte vor dem Hintergrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts gesagt, zum 31. Dezember werde der Wirtschaftsstabilisierungsfonds geschlossen - aus diesem werden die Preisbremsen finanziert. Strom- und Gaspreisbremsen würden daher zum Jahresende beendet werden müssen. Ob Strom- und Gaspreisbremsen aber im nächsten Jahr aus dem Kernhaushalt finanziert werden könnten, war in der Koalition bisher umstritten. Der Bundestag hatte beschlossen, die Preisbremsen-Regelung bis zum 31. März zu verlängern.

Sorgfalt vor Schnelligkeit

Die Beratungen über die Folgen des Urteils seien noch nicht abgeschlossen. Sorgfalt gehe dabei vor Schnelligkeit. Der Kanzler vermied es in seiner Rede, die vom Verfassungsgericht verworfene Haushaltspraxis seiner Regierung im Nachhinein als Fehler zu bezeichnen. Doch klar sei: "Mit dem Wissen um die aktuelle Entscheidung hätten wir im Winter 2021 andere Wege beschritten - Wege, die das Gericht in seinem Urteil ebenfalls gewiesen hat."

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An den politischen Prioritäten seiner Regierung will Scholz ungeachtet des Karlsruher Urteils festhalten, wie er in seiner Regierungserklärung sagte - nur müssten die aufgenommenen Schulden nun im Haushalt eingebucht werden. Eine "neue Realität" schaffe das Urteil "insofern, als Hilfen in solchen Notsituationen nun jedes Jahr vom Bundestag neu beschlossen werden müssen - aber auch neu beschlossen werden können". Die von der Bundesregierung beschlossenen Ausgaben für Nothilfen seien "damals nötig und richtig" gewesen und seien auch "heute noch genauso nötig und richtig", sagte Scholz.

Scholz stimmte Bürger und Unternehmen auf Sparbeschlüsse im Etat des kommenden Jahres ein. Der Bundestag habe den Abschluss der Haushaltsberatungen verschoben. "Das gibt uns Zeit, vorhandene Spielräume im Haushalt auszuloten, Schwerpunkte zu setzen und natürlich auch Ausgaben zu beschränken", sagte der SPD-Politiker. Nähere Angaben machte er dazu nicht.

Bundesregierung und Bundestag arbeiteten nun intensiv daran, alle Beschlüsse für den Haushalt 2024 so schnell wie möglich zu treffen. "Denn die Bürgerinnen und Bürger und unsere Unternehmen brauchen in unruhigen Zeiten Klarheit." Wann der Etat für das kommende Jahr beschlossen werden soll, ist weiterhin offen.

Im Alltag der Menschen ändert sich nichts

Scholz sagte zudem, es wäre ein "schwerer, ein unverzeihlicher Fehler", über die Bewältigung akuter Herausforderungen die Modernisierung des Landes zu vernachlässigen. "Diese Modernisierung ist nötig und richtig." Sie schaffe die Voraussetzungen für gute Arbeitsplätze und eine starke Wirtschaft und damit das Fundament des künftigen Wohlstands. Scholz ergänzte: "Natürlich haben auch die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder das allergrößte Interesse daran, dass Zukunftsinvestitionen bei ihnen vor Ort auch zustande kommen - Investitionen etwa in die Chip-Industrie, in klimafreundlichen Stahl oder in Batteriefabriken. Uns eint darüber hinaus eine Überzeugung: Nur wenn sich Deutschland modernisiert, werden wir in der Lage sein, auch künftig auf unvorhergesehene Krisen kraftvoll zu reagieren."

Der Kanzler richtete eine Botschaft an alle Bürgerinnen und Bürger, "die aufgrund manch wilder Vorschläge und manch gezielter Falschmeldungen in den sozialen Medien verunsichert sind: In Ihrem Alltag, hier und heute, ändert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts - völlig unabhängig davon, ob Sie Kindergeld oder BAFÖG bekommen, eine Rente oder Wohngeld."

Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz machte in seiner Reaktion deutlich, dass seine Partei an der Schuldenbremse festhalten will. "Damit Sie sich bitte keine Illusionen machen: Wir werden an der Schuldenbremse des Grundgesetzes festhalten", sagte der Unions-Fraktionschef im Bundestag in Berlin. Merz antwortete auf Bundeskanzler Olaf Scholz, der zuvor eine Regierungserklärung zur Haushaltskrise abgegeben hatte.

Merz: Keinen Keil in die Union treiben

Der CDU-Chef warnte die Ampel davor, beim Thema Schuldenbremse zu versuchen, einen Keil in die Union zu treiben. "Die Entscheidungen werden hier im Deutschen Bundestag getroffen und nicht im Rathaus von Berlin", sagte Merz in Anspielung auf Äußerungen des Regierenden Bürgermeisters der Hauptstadt, Kai Wegner. Der hatte die Schuldenbremse ebenso wie weitere CDU-Regierungschefs in den Ländern in ihrer aktuellen Form kritisiert.

Es gehe um Nachhaltigkeit bei den Staatsfinanzen "und wir werden Ihnen nicht die Hand dazu reichen, wieder zurückzufallen in die alten sozialdemokratischen Muster einer stetig steigenden Staatsverschuldung", sagte Merz.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen. Das hatte die Bundesregierung in mehreren Sondertöpfen unter anderem für die Energiepreisbremsen aber getan.

Die Bundesregierung muss deshalb den laufenden Jahreshaushalt auf eine verfassungskonforme Grundlage stellen. Die Verabschiedung des Haushalts für das kommende Jahr verzögert sich wegen des Urteils.

Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP

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