Politik

Die Kriegsnacht im Überblick Selenskyj wirft Russland "Informationsterror" vor - Kreml könnte gesamte Oblast Charkiw angreifen

Ein ukrainischer Panzer bahnt sich den Weg durch Stupotschky in der Region Donezk.

Ein ukrainischer Panzer bahnt sich den Weg durch Stupotschky in der Region Donezk.

(Foto: AP)

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beklagt einen gezielten "Informationsterror" von russischer Seite, gegen den sich seine Landsleute emotional wappnen müssten. Indes könnte Kremlchef Wladimir Putin die Eroberung des gesamten Gebiets Charkiw angeordnet haben, vermutet die US-amerikanische Denkfabrik ISW. Kurz zuvor hatte das Verteidigungsministerium in Moskau bekannt gegeben, die Angriffe fast fünf Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine wieder ausweiten zu wollen.

Selenskyj: Werden besetzte Gebiete zurückerobern

Selenskyj wirft Russland vor, im Krieg gegen sein Land gezielt Falschnachrichten, als Waffe einzusetzen. Die Ukrainer bräuchten "eine Art emotionaler Souveränität", um dieses "Informationsspiel" nicht mitzuspielen, sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Unwahrheiten etwa über angeblich vorbereitete Raketenangriffe verfolgten nur einen Zweck: "den Raketen- und Artillerie-Terror gegen unseren Staat durch Informationsterror zu ergänzen".

Der Präsident sprach auch von ersten Erfolgen bei der Rückeroberung russisch besetzter Gebiete. "Es ist uns bereits gelungen, einen Teil des nach dem 24. Februar besetzten Territoriums zu befreien", sagte Selenskyj. "Nach und nach werden wir auch andere Regionen unseres Landes befreien, die zurzeit besetzt sind."

ISW: Gesamtes Gebiet um Charkiw im Fokus des Kreml

Nach der Ankündigung Russlands, seine Angriffe auf die Ukraine nach einer operativen Pause wieder zu verstärken, geht der US-amerikanische Thinktank ISW (Institute for the Study of War) mit Sitz in Washington D.C. davon aus, dass die russischen Streitkräfte auf Anordnung des Kreml versuchen könnten, die gesamte Oblast Charkiw zu erobern - trotz relativ geringer Erfolgsaussichten. Am Samstag hatte es in der Region zuletzt einen russischen Luftangriff auf die Stadt Tschuhuiw gegeben. Dabei war eine 70-jährige Frau getötet worden. Ein Wohngebäude, eine Schule und ein Geschäft wurden beschädigt.

HIMARS Raketenwerfer setzen russischer Artillerie zu

Nach Informationen des ISW sind die von den USA gelieferten Raketenwerfer des Typs HIMARS wahrscheinlich für eine Schwächung der russischen Artillerie im Donbass mitverantwortlich. Angriffe auf russische Munitionsdepots, logistische Elemente sowie die Kommando- und Kontrollstrukturen würden die russische Artillerie wahrscheinlich in ihrer Fähigkeit beeinträchtigen, ihr intensives Artilleriefeuer entlang der Frontlinie Slowjansk-Bachmut aufrecht zuhalten.

Der Einsatz von HIMARS sei aber nur ein Faktor für diese Entwicklung. Die kommenden Tage würden laut ISW zeigen, ob die Reduzierung des russischen Artilleriefeuers tatsächlich ein Ergebnis ukrainischer Angriffe ist, oder ob dies lediglich mit der operativen Pause der Angreifer im Donbass zusammenhängt.

Boeing erwartet höheren Flugzeugbedarf - trotz Russland

Der US-Flugzeugbauer Boeing rechnet trotz des Wegfalls Russlands als Absatzmarkt in den nächsten zehn Jahren mit einem größeren Bedarf an neuen Jets als zuletzt. In der Zeit von 2022 bis 2031 dürften etwa 19.575 neue Passagier- und Frachtmaschinen den Weg zu ihren Kunden finden, teilte Boeing mit. Dies ist etwas mehr als 2021 für zehn Jahre vorhergesagt - obwohl Boeing da noch 710 Flugzeuge für russische Airlines eingerechnet hatte.

Wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland infolge des Ukraine-Kriegs dürfen westliche Flugzeughersteller und Zulieferer keine Maschinen und Teile mehr nach Russland liefern. Zudem gibt Russland Hunderte im Ausland geleaste Flugzeuge seit Monaten nicht an seine Eigentümer zurück, sodass der Markt für Airbus und Boeing aus heutiger Sicht praktisch wegfällt.

Strack-Zimmermann will Ukraine-Konferenz mit Scholz

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat Kanzler Olaf Scholz aufgerufen, zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine "Nationale Ukraine-Konferenz" einzuberufen. Es sei dringend notwendig, die Karten auf den Tisch zu legen und dabei zu klären, was Deutschland aktuell leiste und wozu Bundeswehr, Industrie und Politik in den kommenden Wochen noch in der Lage seien, heißt es in einem Schreiben der FDP-Politikerin an den Kanzler. Die FDP-Politikerin plädiert für ein Treffen, bei dem Vertreter aus Politik und dem Bundeskanzleramt, der Rüstungsindustrie, den Gewerkschaften und der Bundeswehr an einem Tisch sitzen und weitere Schritte abstimmen.

Was an diesem Sonntag wichtig wird

  • Nach der Ankündigung aus Moskau zu der geplanten Ausweitung der Angriffe wappnet sich die Ukraine für feindliche Offensiven vor allem im Osten. Auch internationale Militärexperten halten es für möglich, dass Russland schon in den nächsten Stunden wieder verstärkt Ziele im Donbass attackieren könnte.

Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, jug/dpa

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