Politik

Trumps und Putins Bromance Sind die Flitterwochen beendet?

Das Größenverhältnis dürfte dem US-Präsidenten nicht gefallen: Trump und Putin als Matrjoschkas.

Das Größenverhältnis dürfte dem US-Präsidenten nicht gefallen: Trump und Putin als Matrjoschkas.

(Foto: AP)

Nach Trumps Wahlsieg gab es noch Applaus in der Duma. Doch langsam macht sich Ernüchterung breit. Andrej Kortunow von der Denkfabrik "Russian International Affairs Council" erklärt, was Trump und Putin miteinander verbindet - und wieso Trump so gehypt wurde.

n-tv.de: Als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, war die Begeisterung groß in Russland. Nun gibt es erste Proteste gegen den "Trump-Kult", Politiker äußern sich enttäuscht. Wie groß ist die Ernüchterung in Russland nach nur wenigen Wochen Trump?

Andrej Kortunow: Die russischen Medien haben Trump völlig überbewertet. Es gab hochgesteckte Erwartungen - nicht zuletzt geschürt durch einige seiner Aussagen im Wahlkampf, die als Abkehr von der Russland-Politik seines Vorgängers Barack Obama betrachtet werden können. Bei Wissenschaftlern herrschte allerdings immer Skepsis gegenüber Trump. Sie haben stets gesagt: Es wird keine Flitterwochen geben, Trump wird in seiner Russlandpolitik nicht viel Bewegungsfreiheit haben.

Und wie groß ist die Enttäuschung bei Politikern?

Wir haben keine Politiker in diesem Land. Wir haben nur Putin. Er trifft die wichtigsten Entscheidungen und definiert die russisch-amerikanischen Beziehungen. Wenn man natürlich Leute wie Wladimir Schirinowski, …

… einen für seine radikalen Ansichten bekannten Rechtsnationalisten, …

… als Politiker bezeichnet: Er zeigte sich sehr enthusiastisch über Trumps Sieg. Es gab sogar Applaus, als die Nachricht von Trumps Wahl die Duma erreichte.

Auch Putin lobte Trump und bezeichnete ihn als einen talentierten Menschen.

Ich denke, er hegt immer noch Sympathien für Trump. Doch er sagt auch: Wir müssen abwarten, wie die US-Außenpolitik letztlich aussieht. Es mag größere Erwartungen im Kreml gegeben haben, aber in den offiziellen Statements zeigt man sich verhalten. Immerhin passt Trumps Wahl gut in Putins Weltanschauung vom Niedergang des Liberalismus, der Krise durch die Globalisierung, dem wachsenden Nationalismus und den Problemen nach dem Ende des Kalten Kriegs.  

Woher kommt die russische Begeisterung für Trump?

Die meisten westlichen Politiker gelten hier als Heuchler, getrieben von politischer Korrektheit. Niemand weiß, was sie wollen und was man von ihnen erwarten kann. Im Gegensatz zu ihnen gilt Trump als ein sehr direkter Mensch. Ein Mann, der weiß, was er will, der mit seiner Meinung nicht hinterm Berg hält und der eine Herausforderung für das westliche Establishment ist. Allerdings war auch US-Präsident Barack Obama vor acht Jahren sehr beliebt in Moskau. Die Leute waren begeistert von ihm, er war jung, dynamisch, völlig anders. Auch wenn es nicht sehr rational ist: Menschen tendieren dazu, sich für neue Gesichter und neue Herangehensweisen zu begeistern.  

Wie schätzen Sie selbst Trumps Haltung gegenüber Russland ein?

Die Signale aus dem Weißen Haus sind sehr widersprüchlich. Am Dienstag sagte Trump erst, er würde gerne einen Deal mit Putin abschließen. Das sei nicht gegen US-Interessen, sondern würde ihnen dienen. Das heißt, Trump bleibt bei seiner Rhetorik aus dem Wahlkampf, dass die USA versuchen sollen, mit Russland zusammenzuarbeiten. Wenn das nicht geht, ist das für ihn auch in Ordnung. Allerdings ist Trump umgeben von Menschen, die anders denken. Das politische Establishment in den USA war, ist und bleibt feindlich gegenüber Russland. Und mit denen hat Russland auch zu tun - nicht nur mit dem Präsidenten.

Wie stark ist denn ihr Einfluss auf Trump?

Andrej Kortunow von der Denkfabrik "Russian International Affairs Council".

Andrej Kortunow von der Denkfabrik "Russian International Affairs Council".

(Foto: Körber-Stiftung/Marc Darchinger)

Natürlich hat Trump eine Menge Macht und er ist keine Marionette seines Umfelds. Aber er kann definitiv beeinflusst werden durch seinen inneren Zirkel und das Establishment. Und wenn er sich mit Russland einigt, kann er seine Entscheidungen im Gegensatz zu Putin nicht direkt durchsetzen, sondern muss sie in seinem Umfeld gut verkaufen. Trump hat jetzt viele Schlachten zu schlagen und wir wissen nicht, ob Russland dazugehört. Zwar will er einen "Deal" mit Russland, doch wie genau der aussehen soll, ist unklar. Und der Preis dafür ist vermutlich hoch, die potenziellen Vorteile sind nicht groß.

Zur Anerkennung der Krim sagte Trump im Wahlkampf: "Das werden wir uns ansehen." Hofft Russland nun auf eine neue Ukraine-Politik?

Im Außenministerium glaubte man nicht wirklich, dass Trump die Krim anerkennen würde. Er hat andere Probleme, die Ukraine steht nicht auf seiner Prioritätenliste. Selbst für den hypothetischen Fall, dass die USA die Krim anerkennen würden: Die internationale Gemeinschaft würde dies nicht akzeptieren und für Russland ist die europäische Haltung viel wichtiger als die amerikanische.

Was erwarten Sie in den nächsten vier Jahren vom russisch-amerikanischen Verhältnis?

Das Risiko wird höher sein als in der Vergangenheit. Denn bei aller Kritik an Obama war dieser doch beständig. Er versuchte, Probleme durch Verhandlungen und multilaterale Arrangements zu lösen und vermied alles, was zu einer direkten militärischen Konfrontation führte. Bei Trump wissen wir schlicht nicht, wie es weitergeht. Meint er, was er sagt? Vielleicht blufft er und lässt sich in Krisen reinziehen. Bis jetzt haben wir nicht viel von einer Strategie gesehen. Das Problem ist, dass Trump so an Business Deals gewöhnt ist nach dem Motto: "Wir machen einen Deal und schütteln Hände. Und wenn wir uns nicht einigen, dann gibt es eben keinen Deal." In der Politik geht das nicht. Man kann nicht einfach gehen, wenn man keinen Deal erreicht hat.

Welche Ähnlichkeiten gibt es zwischen Putin und Trump?

Beide stehen für Nationalismus, für "Russia first" beziehungsweise "Make America great again". Beide sind unideologisch mit sehr spezifischen Interessen. Beide sind skeptisch, was multinationale Arrangements angeht. Und beide stehen der Globalisierung und dem Liberalismus kritisch gegenüber. Aber diese Gemeinsamkeiten müssen nicht bedeuten, dass sie miteinander auskommen. Gerade weil sie nationalistisch und Unilateristen sind, kann das zu Zusammenstößen führen.

Mit Andrej Kortunow sprach Gudula Hörr

Quelle: ntv.de

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