Iron Dome, Arrow, David's Sling So wehrte die israelische Luftabwehr den Angriff ab


Hunderte Geschosse schickt der Iran gegen Israel. Aber 99 Prozent davon werden laut israelischer Armee abgefangen. US-Präsident Biden lobt die "bemerkenswerte Verteidigungsfähigkeit" des Landes. Wie sieht diese aus? Ein Überblick.
Mit mehr als 300 Drohnen, Marschflugkörpern und ballistischen Raketen hat der Iran in der Nacht auf Sonntag Israel angegriffen. Laut Teheran war es eine Reaktion auf einen mutmaßlich israelischen Schlag auf ein iranisches Konsulargebäude im syrischen Damaskus am 1. April.
Trotz des massiven iranischen Luftangriffs, der von Attacken der Hisbollah im Libanon, der Huthi im Jemen und schiitischer Milizen im Irak begleitet wurde, gab es in Israel nur geringe Schäden. Behörden berichteten von zwölf Verletzten und leichten Schäden an einem Militärstützpunkt - allerdings wurde ein Mädchen offenbar lebensgefährlich verletzt. Von der Masse der Geschosse erreichten laut der israelischen Armee nur einige wenige ballistische Raketen das Hoheitsgebiet des Landes. 99 Prozent der Drohnen und Raketen wurden demnach über Syrien, Jordanien oder dem Irak abgeschossen.
Dass der erste direkte Angriff des Irans so glimpflich ablief, verdankt Israel neben der Hilfe durch Verbündete wie den USA und Großbritannien auch seiner starken Luftverteidigung. Diese besteht aus Kampfjets, aber vor allem aus einem mehrstufigen System der Luftabwehr. US-Präsident Joe Biden lobte die "bemerkenswerte Verteidigungsfähigkeit" Israels.
Eine Kuppel gegen Kurzstreckenraketen
Am bekanntesten ist wohl der israelische Raketenabwehrschirm Iron Dome. Diese "Eiserne Kuppel" wurde seit 2010 an mehreren Orten in Israel aufgestellt. Angestoßen wurde die Entwicklung durch die Zunahme des Beschusses aus dem Gazastreifen und dem Südlibanon. Entsprechend ist das System eingestellt auf Waffen wie Kassam-Kurzstreckenraketen der Hamas oder Katjuscha-Kurzstreckenraketen der Hisbollah.
Iron-Dome-Batterien haben drei Hauptbestandteile: ein Radarsystem, einen Computer, der die Flugbahn der eintreffenden Rakete berechnet, und eine Abschussvorrichtung, die eine Abfangrakete abfeuert, wenn eine zuvor erkannte Rakete auf bebautes oder strategisches Gebiet treffen könnte. Jede Einheit verfügt dabei über bis zu 20 Abschussvorrichtungen. Die Abfangraketen folgt dem feindlichen Geschoss und explodiert in dessen Nähe.
Hergestellt wird Iron Dome vom israelischen Rüstungskonzern Rafael Advanced Defense Systems sowie Israel Aerospace Industries. Die USA haben die Entwicklung militärisch und finanziell unterstützt. Laut Hersteller Rafael wurden mit Iron Dome bis Ende 2020 über 2500 Ziele bekämpft, die Trefferquote liegt demnach bei annähernd 90 Prozent. Jede Abfangrakete kostet laut der US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies 50.000 US-Dollar (etwa 46.900 Euro), ein komplettes Abwehrsystem rund 100 Millionen US-Dollar. Israel verfügt nach Angaben des beteiligten US-Rüstungskonzerns RTX über insgesamt zehn der mobilen Einheiten, andere Schätzungen gehen von mehr aus. Die USA kauften 2019 zwei Batterien, liehen sie nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 aber an Israel aus.
Gedacht ist Iron Dome für Mörsergranaten und Kurzstreckenraketen - also Geschosse mit einer Reichweite von bis zu 70 Kilometern. Jede Batterie kann ein Gebiet von 150 Quadratkilometern abdecken, das entspricht einem Radius von 7 Kilometern um die Batterie. Die Abwehrraketen haben eine Reichweite von etwa 17 Kilometern.
Ein Pfeil mit hoher Reichweite
Für Raketen mit längerer Reichweite verfügt Israel über zwei andere Systeme der Luftverteidigung: das System Arrow (Pfeil), das auf die Abwehr ballistischer Raketen ausgerichtet ist und das System David's Sling (Davids Steinschleuder), mit dem Mittelstreckenraketen und Mittelstrecken-Lenkflugkörper abgefangen werden sollen.
Das Arrow-System wurde Ende der 1980er-Jahre von Israel und den USA entwickelt, um Boden-Boden-Raketen abzufangen und zu zerstören. Es war das erste antiballistische System, das auch in der Stratosphäre, also in einer Höhe von 100 Kilometern eingesetzt werden konnte. Inzwischen ist Arrow 3 so weit entwickelt, dass es feindliche Raketen durch einen direkten Treffer - sogenannter Hit-to-Kill - unschädlich machen kann. 2021 verkündeten die USA und Israel die Entwicklung von Arrow 4.
Das System verfügt neben den Raketen auch über ein Kontrollsystem, genannt Yellow Citron, und eine Radaranlage namens Green Pine, die die Lenkwaffensteuerung besorgt. Die Rakete selbst hat kein eigenes Radar, sondern fliegt auf ein vom Bodenradar beleuchtete Ziel zu. Dank eines Splittersprengkopfs kann der Lenkflugkörper zudem mit einem sogenannten Näherungszünder auch knapp vorbeifliegende Raketen zerstören - der effektive Wirkungsradius liegt bei 50 Metern.
Die sogenannte Anti-Raketen-Rakete hat eine Geschwindigkeit von bis zu neun Mach, also 2500 Metern pro Sekunde und eine Reichweite von 2400 Kilometern. Damit sollen vor allem Langstreckenraketen abgefangen werden. Eingesetzt wurde Arrow 2 im März 2017 gegen eine S-200-Luftabwehrrakete, die von Syrien abgefeuert wurde. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat Deutschland Interesse an dem System bekundet.
Die Steinschleuder, auch gegen Kampfjets
Ebenfalls aus israelischer und US-Produktion stammt das Flugabwehr- und Raketenabwehrsystem David's Sling. Es wurde ab 2006 von Rafael und dem US-Rüstungsunternehmen Raytheon entwickelt und 2017 in Dienst gestellt. Es soll ältere Hawk- und Patriot-Systeme ersetzen und Raketen mit einer Reichweite von 70 bis 300 Kilometer, aber auch Kampfflugzeuge und Marschflugkörper bekämpfen. Die "Steinschleuder" schließt damit die Lücke zwischen Iron Dome und Arrow.
Ziele können dabei auch wenige Meter über dem Boden bekämpft werden, sowie bis zu einer Flughöhe von etwa 15 Kilometern. Die maximale Zielgeschwindigkeit beträgt Mach 7,5, umgerechnet 9261 Kilometer pro Stunde. Luftraumüberwachung und Lenkwaffenführung geschieht über ein Radar vom Typ ELM-2084 AESA, das Ziele in bis zu 470 Kilometer Entfernung erfassen kann. Sowohl Radar als auch Raketen werden auf Lastwagen oder Sattelschlepper installiert.
Die Stunner-Lenkwaffen verfügen über einen zweistufigen Flugkörper sowie einen Booster am Heck, der die Rakete in der ersten Flugphase antreibt. Der Splittersprengkopf verfügt sowohl über einen Aufschlags - als auch einen Näherungszünder. Ein System verfügt über jeweils zwölf Raketen. Zu deren Reichweite gibt es keine offiziellen Daten. Schätzungen gehen von 30 bis mehr als 280 Kilometer aus.
Quelle: ntv.de, mit hpr/AFP