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Trump dealt am Horn von Afrika Somaliland sucht Anerkennung, USA suchen Ort für Palästinenser

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Im November 2024 stehen Frauen vor einem Wahlbüro in der Warteschlange. Somaliland ist mehrheitlich muslimisch und wird vergleichsweise demokratisch regiert.

Im November 2024 stehen Frauen vor einem Wahlbüro in der Warteschlange. Somaliland ist mehrheitlich muslimisch und wird vergleichsweise demokratisch regiert.

(Foto: AP)

Seit 34 Jahren ringt Somaliland um Anerkennung als von Somalia unabhängiger Staat. US-Präsident Trump könnte den lang gehegten Traum erfüllen, doch der selbsternannte "Dealmaker" will auch etwas dafür. Der Kleinstaat könnte Zielort von Umsiedlungen aus dem Gazastreifen werden.

Donald Trump hat das kleine Somaliland im Visier. Der US-Präsident schlägt dem Land am Horn von Afrika einen "Deal" vor, den es nicht abschlagen kann: die Anerkennung als eigenständigen, souveränen Staat. Danach strebt die von Somalia abtrünnige Region seit über 30 Jahren. Aber Trump wäre nicht Trump, wäre der Nutzen für ihn nicht größer als für das kleine Somaliland. Es geht um Kriegsstrategie, wertvolle Rohstoffe und - eigentlich unvorstellbar - die mögliche Umsiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen an das Horn von Afrika. Gedankenspiele, die für Aufruhr in der Region sorgen.

"Wir sind näher dran als je zuvor", sagt Hassan Mohamed Abdirahman. Der Staatssekretär im Außenministerium sitzt betont stolz an seinem schweren Holzschreibtisch in Hargeisa, der Hauptstadt von Somaliland. Dieser Tage herrscht in Hargeisa geschäftiges diplomatisches Treiben. Meist noch hinter verschlossenen Türen, doch die Andeutungen gehen in eine klare Richtung. "Die Bürger von Somaliland waren lange geduldig. Wir glauben, jetzt ist die Zeit für unsere Anerkennung durch die internationale Gemeinschaft gekommen", so Hassan Mohamed Abdirahman. "Wir verdienen einen gerechten Platz am Tisch souveräner Staaten."

Das heute circa 3,5 Millionen Einwohner zählende Somaliland erklärte sich 1991 nach dem Sturz der somalischen Regierung in Mogadischu für unabhängig. Somaliland wird trotz Jahrzehnten erfolgreicher demokratischer Wahlen und relativer Sicherheit - im Gegensatz zum failed state Somalia - von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt. Auch die Bundesrepublik setzt stattdessen weiterhin auf die Befriedung Somalias, das Anspruch auf die Region Somaliland erhebt.

Wie hoch ist Trumps Preis?

Staatssekretär Hassan Mohamed Abdirahman ist guter Hoffnung.

Staatssekretär Hassan Mohamed Abdirahman ist guter Hoffnung.

Staatssekretär Hassan Mohamed Abdirahman -so munkelt man hier- habe mehr Einfluss als der Außenminister. Die Regierung in Hargeisa ist erst seit Jahresbeginn im Amt und noch wackelig auf den Beinen. Nicht gut in diesen turbulenten Zeiten. Staatssekretär Hassan Mohamed Abdirahman reiste im Mai mit dem Außenminister nach Washington, wurde von hochrangigen Regierungsvertretern und Parlamentariern empfangen. Dabei soll ein Besuch von Somalilands frisch gewähltem Präsidenten Mohamed Abdullahi Abdirahman in Washington vorbereitet worden sein.

Seitdem verbreitet sich neu entdecktes Selbstvertrauen in den Büros, Cafés und Privathäusern des Landes. Doch jeder hier weiß, Somaliland wird für eine Anerkennung "bezahlen" müssen. US-Zugang zu Rohstoffen, ein US-Militärstützpunkt - all das unterstützt man hier. Für große Unruhe und Ablehnung in der Bevölkerung sorgen dagegen Berichte, Washington habe bei zahlreichen Regierungen am Horn von Afrika, auch in Hargeisa nachgefragt, ob sie bereit seien, palästinensische Flüchtlinge aus Gaza aufzunehmen.

Will sich Washington aktiv an einer Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens beteiligen? Das derzeitige Vorgehen der israelischen Armee in Gaza gibt diesen angeblichen Anfragen der US-Regierung jedenfalls zusätzliche Brisanz. "Ich kommentiere keine hypothetischen Fragen", sagt Staatssekretär Hassan Mohamed Abdirahman dazu kurz angebunden. "Es gibt vieles, was wir derzeit nicht öffentlich aussprechen können", sagt Staatssekretär Abdirahman. "Das ist Diplomatie. "

Im Wettlauf mit China

Es ist ein schmaler Grat. Die Anerkennung durch die USA würde das kleine Somaliland salonfähig machen. Folgen andere Nationen, wäre Somaliland eine neues und somit das 196. souveräne Land der Welt. Die Anerkennung würde "direkte internationale Investitionen ermöglichen", erklärt Wirtschaftsexperte Ahmed Abdinasser. "Wir wären Teil des Internationalen Währungsfonds, könnten Schulden aufnehmen und Entwicklungshilfe beziehen."

Aber der Trump -Regierung geht es nicht darum, die demokratischen Bemühungen in Somaliland zu honorieren. Die USA stehen unter Zeitdruck, sich in der strategisch wichtigen Küstenregion am Golf von Aden besser aufzustellen. Es geht um die Sicherheitslage im für den Welthandel wichtigen Roten Meer und um den Gaza-Konflikt. Hinzukommt die Tatsache, dass Somaliland das einzige verbliebene Land in Ostafrika ist, das jegliche Zusammenarbeit mit China ablehnt. Somaliland gilt als das Taiwan Afrikas.

Diese Analogie wird oft benutzt. Sie beschreibt die politische Lage passend, auch wenn sie an einigen Stellen hinkt. "Somaliland sagt klar Nein zu China", erklärt Abdinasser. Es ist nur eine logische Konsequenz, dass Taiwan und Somaliland enge politische, sogar offizielle diplomatische Beziehungen pflegen. In Peking stößt das auf große Kritik. Trumps Nähe zu Hargeisa noch mehr. "Somaliland bietet dem Westen, besonders den USA, eine Alternative am Horn von Afrika", sagt Abdinasser. "Es bietet einen Militärstützpunkt, der komplett von chinesischem Einfluss abgeschirmt ist. "

Mogadischu protestiert

Derzeit betreiben die USA im benachbarten Dschibuti den für sie strategisch wichtigen Marinestützpunkt Camp Lemonnier. Von dort wurden zuletzt Angriffe auf die Huthi Rebellen im Jemen koordiniert. Chinas Einfluss auf Dschibuti wächst aber zunehmend und damit auch das antiamerikanische Sentiment. Auch Chinas Marine betreibt eine Militärbasis im kleinen Dschibuti, quasi neben Camp Lemonnier.

Neuer US-Marinestützpunkt? Berbera aus Satelliten-Perspektive.

Neuer US-Marinestützpunkt? Berbera aus Satelliten-Perspektive.

(Foto: © Google Earth (Data SIO, NOAA, U.S. Navy,NGA, GEBCO) Image © 2025 Airbus)

Trump will weg. Die US-Marine soll umziehen in den von den Vereinigten Arabischen Emiraten - einem engen Verbündeten Washingtons - gebauten neuen Militär-Hafen nahe der somaliländischen Küstenstadt Berbera. Er liegt unweit von dem derzeit brachliegenden Militärstützpunkt der einstigen Kolonialmacht Großbritannien. Dort, so erzählen Anwohner, fliegen derzeit nachts vermehrt große Helikopter ein.

Heftiger Protest kommt aus Mogadischu. Berbera sowie das komplette Gebiet Somaliland sei Teil des souveränen Staates Somalia. Die international nicht anerkannte Regierung in Hargeisa habe kein Recht, Entscheidungen über Militärbasen mit den USA zu treffen. Auch Ägypten und Dschibuti sind über die Pläne der USA verärgert. Der US-Vorstoß kreiert neue Spannungen am Horn von Afrika.

"Wenn die Palästinenser freiwillig kommen, ... "

Somaliland verfügt zudem über nachgewiesene Lithiumvorkommen, über Öl und Gold. Ob die USA im Austausch für die offizielle Anerkennung Somalilands Zugang zu diesen Ressourcen verlangen, gibt die neu gewählte Regierung in Hargeisa nicht offen preis. Man habe Explorationsrechte angeboten, sagen andere Quellen. Doch in Washington sei man nicht an Investitionen interessiert, eher an einer garantierten Beteiligung an Rohstoff-Erträgen.

In der Bevölkerung von Somaliland regt sich derweil großer Widerstand gegen eine mögliche Aufnahme von aus Gaza vertriebenen Palästinensern. Trotz wiederholter Bekräftigungen des Präsidenten Mohamed Abdullahi Abdirahman, es gebe diesbezüglich keinen Austausch mit Washington, klingt dies im Ministerium für Flüchtlinge in Hargeisa anders. "Wir akzeptieren niemanden, der zur Flucht aus seinem Land gezwungen wird", sagt Osman Hussain Aidrous, stellvertretender Direktor im Ministerium. "Aber wenn sie freiwillig kommen, dann sind sie willkommen. "

Die Idee, palästinensische Vertriebene aus Gaza an das Horn von Afrika zu bringen, soll in Washington viele Befürworter haben. Das vornehmlich muslimische Somaliland nahm im vergangenen Jahr 23.000 Flüchtlinge vornehmlich aus benachbarten Nationen auf. Darunter waren auch einige wenige palästinensische Familien. "Wenn wir als souveräner Staat anerkannt wären, würden uns wesentlich mehr internationale Ressourcen zur Verfügung stehen", sagt Osman Hussain Aidrous. Man könne die Menschen dann auch besser unterstützen. "Flüchtlinge sind immer bei uns willkommen. Wir können gern mehr aufnehmen."

Quelle: ntv.de

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