Letzte Bastion des Widerstandes Taliban melden Eroberung des Pandschir-Tals
06.09.2021, 06:54 Uhr
In den vergangenen Tagen kam es im Pandschir-Tal zu schweren Gefechten.
(Foto: picture alliance / abaca)
Am Wochenende liefern sich die Taliban im Pandschir-Tal schwere Gefechte mit Widerstandskämpfern. Nun verkünden die Radikalislamisten die "vollständige" Eroberung der Provinz. Zuvor hatten die Taliban-Gegner einen Waffenstillstand vorgeschlagen.
Die radikalislamischen Taliban haben nach eigenen Angaben die letzte Bastion des Widerstands in Afghanistan eingenommen. Das Pandschir-Tal sei "vollständig erobert", erklärte der Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid. "Mit diesem Sieg ist unser Land vollständig aus dem Sumpf des Krieges befreit." Videos in den sozialen Netzwerken zeigen Taliban-Kämpfer vor dem Tor des Dienstsitzes des Gouverneurs der Provinz Pandschir. Die Nationale Widerstandsfront (NRF) erklärte später, sie sei in "strategischen Positionen" präsent. "Der Kampf gegen die Taliban und ihre Partner wird weitergehen", hieß es von der Gruppe auf Twitter.
Noch am Sonntagabend hatten die Widerstandskämpfer nach schweren Gefechten mit den militanten Islamisten einen Waffenstillstand vorgeschlagen. In der Nacht erklärte die NRF, sie schlage vor, dass die Taliban ihre "Militäroperationen im Pandschir-Tal stoppen" und sich zurückziehen sollten. "Im Gegenzug werden wir unsere Kräfte anweisen, von Militäraktionen abzusehen".
Die radikalislamischen Taliban waren am Wochenende weiter in die letzte Bastion des Widerstands in Afghanistan vorgerückt. Die neuen Machthaber am Hindukusch meldeten schwere Kämpfe im Pandschir-Tal und nahmen Berichten zufolge weitere Gebiete der Provinz nördlich von Kabul ein. Wie die NRF mitteilte, wurden bei den Kämpfen auch ein bekannter Sprecher sowie ein General der Widerstandsgruppe getötet.
Das Pandschir-Tal war bereits in den 90er Jahren eine Hochburg des Widerstands gegen die Islamisten und fiel nie unter deren Kontrolle. Vor drei Wochen formierte sich in dem Tal eine neue Widerstandsbewegung namens NRF unter Führung des Sohnes des 2001 getöteten afghanischen Kriegsherrn und Taliban-Gegners Ahmad Schah Massoud sowie des ehemaligen Vizepräsidenten Amrullah Saleh. Letzterer hatte angesichts der Belagerung durch die Taliban vor einer humanitären Krise im Tal gewarnt.
Unterdessen haben sich die Taliban in Kabul nach UN-Angaben verpflichtet, für die Sicherheit von humanitären Helfern in Afghanistan zu sorgen. Die Islamisten hätten in Gesprächen zugesichert, dass Mitarbeiter von Hilfsorganisationen sich im Land frei und sicher bewegen könnten, erklärte ein UN-Sprecher am Sonntag. Taliban-Sprecher Suhail Schaheen erklärte auf Twitter, die Taliban sicherten der UNO "Zusammenarbeit und die Bereitstellung der notwendigen Einrichtungen" zu.
Nach der Machtübernahme durch die radikalislamischen Taliban ist rund die Hälfte der afghanischen Bevölkerung nach Einschätzung der UNO von einer humanitären Katastrophe bedroht. Afghanistan war bereits zuvor in hohem Maße von humanitärer Hilfe abhängig. Rund 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes werden aus dem Ausland finanziert.
Quelle: ntv.de, jpe/AFP