Grenze zu Iran und Pakistan zu Taliban verprügeln Frauen auf offener Straße
01.09.2021, 18:31 Uhr
Bei ihrem Einzug in Kabul verwüsteten die Taliban die Schaufenster von Modeläden und Schönheitssalons.
(Foto: picture alliance / AA)
Seit die internationalen Truppen Afghanistan verlassen haben, steht Flüchtlingen nur noch der Landweg offen. Während Augenzeugen berichten, wie Taliban Frauen in Kabul öffentlich verprügeln, warten Tausende an den Grenzen zu Pakistan und Iran auf die Ausreise. Vergebens, das Land ist eingemauert.
Nach dem Ende der Luftbrücke aus Afghanistan wagen viele Menschen die Flucht auf dem Landweg. Allein am Übergang Islam Kala an der Grenze zum Iran drängten sich Tausende Menschen, wie Augenzeugen berichteten. Auch an einem Grenzübergang zu Pakistan unweit des Chaiber-Passes warte eine große Zahl von Menschen darauf, dass die Tore geöffnet werden, sagte ein pakistanischer Behördenvertreter. Ein ehemaliger US-Militärvertreter erklärte, Überlandverbindungen seien riskant, aber zurzeit die einzige Möglichkeit zur Flucht.
Innerhalb des Landes mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Taliban trotz anderslautender Zusicherungen die Rechte von Frauen weiter massiv missachten. Als sich am Dienstag vor den Banken in Kabul lange Schlangen bildeten, hätten Taliban-Kämpfer mit Stöcken auf Frauen eingeschlagen, berichtete eine 22-Jährige. "Es ist das erste Mal, dass ich so etwas gesehen habe, es hat mir große Angst gemacht."
Nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban Mitte August waren über 122.000 Menschen ausgeflogen worden. Laut UN könnten bis Jahresende bis zu einer halben Million Menschen fliehen. "Ich höre in den Nachrichten und von Verwandten, dass Tausende an der afghanischen Grenze zu Pakistan warten", sagte ein Mann, der einen US-Pass besitzt und für das amerikanische Militär gearbeitet hat. Seine Versuche, mit seinen sechs Töchtern in eine der Evakuierungsmaschinen zu gelangen, blieben erfolglos, erklärte er mithilfe eines Übersetzers. Die US-Botschaft habe nur ihm, aber nicht seinen Kindern die Ausreise zusagen können. Seine Töchter seien keine US-Bürger, seine Frau sei im Juli an Corona gestorben. Hussain, der seinen Nachnamen aus Sicherheitsgründen nicht nennen wollte, erwägt eine Flucht nach Tadschikistan.
"Das Land ist praktisch eingemauert"
Das zentralasiatische Nachbarland hat die Aufnahme von 100.000 Flüchtlingen zugesagt. Wie aus dem Umfeld von privaten Evakuierungsmissionen verlautete, zieht es viele Afghanen auch nach Usbekistan. Das Land hat erklärt, Amerikanern und unter Umständen auch anderen Staatsangehörigen die Durchreise zu ermöglichen. Wie viele Menschen beide Ex-Sowjetrepubliken bereits ins Land gelassen haben, war zunächst unklar. Pakistan, wo bereits Hunderttausende Flüchtlinge aus Afghanistan untergekommen sind, hat nach Informationen aus Diplomatenkreisen zuletzt 2000 Afghanen einmonatige Transit-Visa ausgestellt. Die Menschen hätten in Afghanistan für ausländische Institutionen gearbeitet und fürchteten nun Sanktionen der Taliban, so die Diplomaten.
Zur gegenwärtigen Lage sagte ein US-Vertreter, der zuvor Amerikanern und von den Taliban bedrohten Afghanen auf dem Weg zum Flughafen Kabul und dort in Evakuierungsflugzeuge geholfen hatte: "Das Land ist praktisch eingemauert". Auch der Weg an die Grenze birgt große Risiken, zumal die Taliban laut US-Militärkreisen weitere Kontrollpunkte auf den Hauptstraßen nach Usbekistan und Tadschikistan errichtet haben. Die Islamisten verbieten Frauen, ohne männliche Begleitung zu reisen.
Quelle: ntv.de, mau/rts