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US-Vermittler treffen Netanjahu Trotz Waffenruhe: Tote im Gazastreifen gemeldet

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Ein Palästinenser trauert um einen Angehörigen nach israelischem Beschuss.

Ein Palästinenser trauert um einen Angehörigen nach israelischem Beschuss.

(Foto: picture alliance / SIPA)

Erneut gibt es Berichte über israelische Angriffe im Gazastreifen, zugleich kommen mehr Hilfslieferungen in das Gebiet. In Israel wird derweil weiter verhandelt: Trump-Schwiegersohn Kushner übermittelt der Regierung in Jerusalem eine "wichtige Botschaft".

Die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas bleibt fragil. Nachdem die Feuerpause bereits am Sonntag gewackelt hat, gab es im Gazastreifen erneut einzelne Zwischenfälle. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete unter Berufung auf eine Klinik zwei Tote durch israelischen Beschuss im Viertel Tuffah im Osten der Stadt Gaza.

Israel lässt nach einem Aussetzen der Hilfslieferungen derweil wieder humanitäre Güter in den Gazastreifen. Die politische Führung habe angeordnet, dass "humanitäre Hilfe weiterhin den Gazastreifen über den Übergang Kerem Schalom und weitere Übergänge erreicht", verlautete aus Sicherheitskreisen. Am Sonntag hatte es noch geheißen, die Hilfslieferungen seien wegen "eklatanter Verletzung" der Waffenruhe-Vereinbarungen durch die islamistische Terrororganisation Hamas gestoppt worden.

Nach Inkrafttreten der Waffenruhe waren die Hilfslieferungen als Teil der Vereinbarung ausgeweitet worden, mit einem Ziel von 600 Lkw am Tag. Die zuständige israelische Behörde Cogat äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht dazu, wie viele Transporter derzeit tatsächlich täglich in das Gebiet fahren.

Israel: Palästinenser näherten sich Soldaten

Israels Armee bestätigte unterdessen Zwischenfälle im Gazastreifen. In Schedschaija, einem Nachbarviertel von Tuffah, hätten in zwei Fällen am Morgen Palästinenser ein vom Militär kontrolliertes Gebiet betreten und sich Soldaten genähert. Konkret hätten sie die "gelbe Linie", hinter die sich die israelische Armee als Teil der vereinbarten Waffenruhe zurückgezogen hat, überschritten. Die Palästinenser hätten eine Bedrohung für die Soldaten dargestellt, hieß es weiter. Diese hätten deshalb auf die Menschen - die Armee sprach in beiden Fällen von "Terroristen" - gefeuert.

Zu möglichen Opfern machte Israels Militär zunächst keine Angaben. Es war zunächst auch unklar, ob einer der beiden Vorfälle im Zusammenhang mit dem von Wafa geschilderten Bericht steht. Israels Armee meldete am Montagnachmittag einen ähnlichen Vorfall im Gebiet der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens. Dort seien Personen aus der Luft angegriffen und "ausgeschaltet" worden, die sich Soldaten genähert hätten. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Um die weitere Umsetzung des Friedensplans und die Einhaltung der Waffenruhe zu besprechen, trafen die US-Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner unter anderen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Kushner forderte die israelische Regierung auf, den Palästinensern eine gesicherte Zukunft zu ermöglichen.

Kushner: Palästinensisches Volk muss "gedeihen"

Wenn sich Israel in der Zukunft in der Nahost-Region einfügen wolle, müsse es "einen Weg finden, dem palästinensischen Volk dabei zu helfen, dass es gedeihen kann und es ihm besser geht", sagte Kushner in einem Interview des US-Senders CBS News. Dies sei die "wichtigste Botschaft" der US-Vermittler an die israelische Regierung.

Die Hamas-Delegation in Kairo unter Führung von Chefunterhändler Chalil al-Hajja werde mit den Vermittlern über die israelischen Luftangriffe im Gazastreifen sprechen, hieß es aus Verhandlungskreisen. Weiter hieß es, die Hamas-Delegation werde mit ägyptischen Vertretern über einen innerpalästinensischen Dialog beraten. Dabei solle es um eine Einigung zwischen den palästinensischen Fraktionen gehen sowie um die Zukunft des Gazastreifens.

Ägypten hat bereits in der Vergangenheit versucht, vor allem zwischen der radikalislamischen Hamas und der säkularen Fatah-Partei zu vermitteln, die im Westjordanland regiert. Die Gruppierungen sind seit Jahrzehnten verfeindet. Laut dem Friedensplan der USA soll die Hamas in der Zukunft des Gazastreifens keine Rolle mehr spielen und entwaffnet werden. Hamas-Kräfte rückten seit dem Beginn der Waffenruhe jedoch in Gebiete vor, aus denen sich die israelischen Truppen zurückgezogen hatten.

Erste Belastungsprobe der Waffenruhe

Die mühsam ausgehandelte Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas hatte am Sonntag ihre erste schwere Belastungsprobe überstanden. Laut der israelischen Armee wurden Soldaten im Süden des Gazastreifens unter anderem mit einer Panzerfaust angegriffen, zwei Soldaten starben demnach dabei.

Israel flog daraufhin die schwersten Luftangriffe seit Beginn der Waffenruhe am 10. Oktober. Dabei wurden Krankenhausangaben zufolge 44 Palästinenser getötet. Die Hamas weist die Vorwürfe zurück und sagt, sie stehe nicht hinter den Angriffen. Israels Armee teilte am Sonntagabend mit, sich nach den Angriffen wieder an die Vereinbarung halten, aber auch auf jeden Verstoß reagieren zu wollen.

ZDF: Mitarbeiter einer Partnerfirma getötet

Bei einem israelischen Raketenangriff kam am Sonntagnachmittag laut ZDF auch ein Mitarbeiter einer für den Sender tätigen Produktionsfirma ums Leben. Ein Ingenieur von der Palestine Media Production (PMP) sowie der achtjährige Sohn eines anderen Mitarbeiters wurden dabei den Angaben zufolge getötet. Auf Nachfrage bei der israelischen Armee, warum der Angriff erfolgt sei, habe diese geantwortet, der Vorfall werde geprüft. Auf Bildern ist nach ZDF-Angaben zu sehen, dass auch der Übertragungswagen sowie Teamfahrzeuge zerstört wurden. Überlebende hätten berichtet, dass es keine Vorwarnung gegeben habe.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte eine "lückenlose Aufklärung" des tödlichen Angriffs. Der Standort der getroffenen Produktionsfirma "dürfte sowohl dem israelischen Militär als auch der Hamas bekannt gewesen sein", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Die Antwort des israelischen Militärs auf die Nachfrage des ZDF, der Vorfall werde geprüft, reiche nicht aus. "Wir verlangen eine lückenlose Aufklärung des Überfalls und die in einer Demokratie übliche juristische Strafverfolgung", fügte Beuster hinzu.

Bundesregierung ist besorgt

Deutschland pocht darauf, dass sich die islamistische Hamas und Israels Regierung an den Gaza-Friedensplan halten. "Der zeitweilige Bruch der Waffenruhe wurde von der Bundesregierung mit Sorge zur Kenntnis genommen", sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin. Die Verabredungen zur Waffenruhe seien klar und konkret. Alle Parteien seien aufgefordert, sich daran zu halten - "auch die Hamas oder andere Kämpfer, die im Gazastreifen Provokationen ausgelöst haben".

Die Hamas will indes nach eigenen Angaben am Abend die sterblichen Überreste einer weiteren Geisel an Israel übergeben. Der Leichnam werde gegen 20.00 Uhr (Ortszeit, 18.00 Uhr MESZ) übergeben, teilte der bewaffnete Hamas-Arm Essedin-al-Kassam-Brigaden mit. Die tote Geisel sei "gestern ausgegraben" worden.

Quelle: ntv.de, mdi/dpa/AFP

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