Weniger Teilhabe und Schutz Trump bekämpft "Gender-Wahn" mit Dekretflut


Wenige Stunden nach seinem Amtseintritt unterzeichnet Trump die erste Verordnung.
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Dekret folgt auf Dekret: Seit seinem Amtsantritt schränkt Donald Trump die Rechte von trans Menschen immer weiter ein. Diversitätsprogramme verschwinden aus Bundesbehörden und Unternehmen, auch im Militär soll Vielfalt nicht mehr vorkommen. Und das ist erst der Anfang.
"Das Leben ist bunt viel schöner". In großen Lettern steht der Satz auf der Website von McDonald's, darunter quellen mehrfarbige Pommes aus einer Papiertüte. "Rainbow Sticks" - für mehr Diversität. Der Spruch ist alt, die Werbekampagne von 2021. Mittlerweile hat sich McDonald's in den USA von seinen Diversitätsbemühungen verabschiedet. Noch bevor Donald Trump am 20. Januar seinen Amtseid schwor, verkündete die Fastfood-Kette das Ende ihrer DEIB-Programme ("Diversity, Equity, Inclusion and Belonging"), die Chancengleichheit am Arbeitsplatz garantieren sollten. Meta und andere große Firmen taten es dem Unternehmen gleich.
Seitdem legt der US-Präsident unermüdlich nach. Nur wenige Stunden nach seinem Amtseintritt unterzeichnete er die erste Verordnung, die die Rechte von trans Menschen in nahezu allen Lebensbereichen einschränken soll. Schon während seines Wahlkampfes war Trump mit einer radikalen Trans-Agenda hausieren gegangen. "Was jetzt passiert, ist deshalb kaum überraschend", sagt Daniela Schubert. Schubert ist DEIB-Consultant und beschäftigt sich seit fast 20 Jahren mit Gendervielfalt und Neurodivergenz. Wie angekündigt, schaffe Trump eine Regierung, die auf Diskriminierung, Informationsmangel und Feindbildern aufbaut. "Faschisten tun, was sie schon immer getan haben", sagt Schubert. Allerdings sei das Tempo, mit dem der Präsident vorgehe, beunruhigend.
Dabei geht es Trump laut Dekret vor allem um den Schutz der Frauen und die "Verteidigung der biologischen Wahrheit". Genderideologen würden die "biologische Realität ausmerzen" und "sozial zwingende Mittel einsetzen", um Männern zu erlauben, Frauenduschen zu nutzen, heißt es auf der Website des Weißen Hauses.
Deshalb definiert die Verordnung trans Frauen nunmehr als Männer und weist Bundesbehörden an, diese von "intimen Räumen und Aktivitäten", die für Frauen bestimmt sind, fernzuhalten. Steuergelder dürften nicht länger für die Förderung des "Gender-Wahns" verwendet werden. Trump schickte sämtliche Diversitätsbeauftragte in bezahlten Urlaub, bevor ihre Stellen vollständig gestrichen werden sollen. Wer sich als Staatsbediensteter weiter um Inklusion bemühe, werde gefeuert, so Trump. Dazu sollen auch all jene zählen, die sich weigern, ihre Kollegen zu denunzieren.
Kein Pass, kein Militär
Trumps Dekret zielt auch auf die Ausweispapiere von trans Menschen und definiert den Begriff des Geschlechts so eng, dass er trans und nicht binäre Personen fortan ausschließt. Anerkannt werden nur noch zwei Geschlechter: männlich und weiblich. US-Außenminister Marco Rubio wies sein Ministerium sogleich an, die Ausgabe neuer Pässe mit dem Geschlechtseintrag "X" zu stoppen. Seit 2021 steht das "X" für nicht-binäre, intergeschlechtliche oder genderfluide Personen.
Damit außerdem das US-Militär die "tödlichste und wirksamste Streitmacht der Welt" bleibt, sollen trans Menschen künftig vom Militärdienst ausgeschlossen werden. Laut Trump ist die Behauptung eines Mannes, er sei eine Frau, nicht mit der erforderlichen Demut eines Soldaten vereinbar. Geschlechtsidentität schade der Disziplin und Einsatzbereitschaft der Armee. Die Idee, dass Vielfalt auch von strategischem Vorteil sein kann, fällt demnach in die Kategorie "Gender-Wahn". Zuletzt verkündete der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth in einer Ansprache an die Mitarbeiter seines Ministeriums: "Ich glaube, der dümmste Satz in der Geschichte des Militärs ist, dass unsere Vielfalt unsere Stärke ist."
Erste Klagen eingereicht
Auch der landesweiten "chemischen und chirurgischen Verstümmelung" will Trump ein Ende setzen. Gemeint sind geschlechtsangleichende Behandlungen. Besonders hart trifft das Verbot junge Menschen: Trump wies Krankenhäuser an, die Versorgung und Behandlung von Personen unter 19 Jahren einzustellen. In mehreren US-Bundesstaaten verweigerten Krankenhäuser in den Tagen danach die Ausgabe von Rezepten oder die Verschreibung von Pubertätsblockern und Hormontherapien.
Die Generalstaatsanwältin von New York, Letitia James, warnte die Krankenhäuser derweil: Die Einstellung der geschlechtsangleichenden Versorgung Minderjähriger verstoße gegen das staatliche Antidiskriminierungsgesetz. Dieses einzuhalten sei Pflicht.
Auch an anderer Stelle formiert sich juristischer Widerstand. Mehrere Klagen wurden gegen Trumps Anordnung, trans Frauen in Männergefängnisse zu verlegen, erhoben. Diese komme einem Verstoß gegen den achten Zusatzartikel der US-Verfassung gleich, der grausame und ungewöhnliche Strafen verbiete, hieß es vonseiten der Anwältinnen und Anwälte. Trumps Anordnung sieht außerdem die Einstellung geschlechtsangleichender medizinischer Versorgung in der Haft vor, zudem soll der gesetzliche Vergewaltigungsschutz für trans Personen nicht länger gelten. Medienberichten zufolge wurden erste trans Frauen bereits aus Bundesgefängnissen verlegt.
Trans Pilotin in Washington?
Vergangene Woche brachte Trump dann auch den tödlichen Flugzeugabsturz in Washington mit dem Thema Transgeschlechtlichkeit in Verbindung. Es könne sein, mutmaßte er bei einer Pressekonferenz, dass der Diversitätskurs der Flugaufsichtsbehörde FAA schuld an dem Unglück sei. Beweise konnte er keine liefern und kritisierte unter anderem die Tatsache, dass die Behörde Fluglotsen mit einer Reihe von Behinderungen eingestellt habe - ein Programm, das während seiner ersten Amtszeit ins Leben gerufen wurde. Nach Trumps Anschuldigung verbreiteten sich Gerüchte in den sozialen Medien, die trans Pilotin Jo Ellis habe den Hubschrauber gesteuert. Wenig später postete diese auf Social Media ein "Lebenszeichen" mit dem offensichtlichen Hinweis, sie sei nicht im Einsatz gewesen.
Neben Trumps landesweitem Kampf gegen Diversität und Geschlechtervielfalt führen mehrere US-Bundesstaaten ihre eigenen Fehden. Das Landesparlament in Idaho forderte Ende Januar mit überwältigender Mehrheit, gleichgeschlechtlichen Paaren das Eherecht zu entziehen. Dieses wurde vor zehn Jahren vom Supreme Court gesichert. Grund dafür: das Recht auf Gleichbehandlung.
Eine allumfängliche Gleichbehandlung beschreibt Trump in seinen Dekreten als "beschämende Diskriminierung". "Eine typische Reaktion", sagt Schubert. Bestehende Missstände würden oft ins Gegenteil verkehrt und auf privilegierte Personen projiziert. "Dahinter steckt meist die Angst vor Privilegienverlust". Dabei gehe es ja nicht um einen Kuchen, der in mehr Stücke geteilt werden soll, sondern um gleichberechtigte Teilhabe. Wie wenig Trump von dieser Teilhabe hält, zeigt die Vehemenz, mit der er seine Agenda vorantreibt. Und das nach nur 19 Tagen im Amt.
Quelle: ntv.de