Panik in Südafrika Trump unterstützt weiße Minderheit mit Apartheid-Argumenten
04.02.2025, 18:31 Uhr Artikel anhören
Die Regierungspartei ANC will den ungerechten Landbesitz in Südafrika korrigieren - wenn auch bisher mit mäßigem Erfolg.
(Foto: AP)
Der neue US-Präsident wirft der südafrikanischen Regierung indirekt Rassismus gegen Weiße vor. Die Vorwürfe sind abwegig. Sie dürften ihm von Lobbyisten eingeflüstert worden sein - und von seinem Berater Elon Musk.
Südafrika duckt sich schon seit Monaten, aus Angst vor dem Schaden, den der neue US-Präsident Donald Trump der führenden Wirtschaftsnation auf dem afrikanischen Kontinent zufügen könnte. Vor allem fürchteten Südafrikaner den Ausschluss aus einem US-Handelsprogramm, das 35 afrikanischen Ländern Zollerleichterungen für Importe in die USA gewährt.
Tatsächlich kam es noch schlimmer. Trumps Frontalangriff trifft mitten ins Herz der Nation, die das Apartheid-Regime besiegt hat: Der neue US-Präsident schlägt sich mithilfe seines aus Südafrika stammenden Beraters Elon Musk auf die Seite extremer weißer südafrikanischer Lobbyisten. Indirekt wirft er der Regierung in Pretoria Rassismus gegen die weiße Minderheit am Kap vor.
"Südafrika beschlagnahmt Land und behandelt bestimmte Klassen von Menschen SEHR SCHLECHT", schrieb er in seinem üblichen Stil auf seiner Plattform Truth Social. Und er drohte: "Die Vereinigten Staaten werden das nicht dulden, wir werden handeln. Außerdem werde ich alle künftigen Finanzmittel für Südafrika einstellen, bis eine umfassende Untersuchung dieser Situation abgeschlossen ist!"
Milliardär Musk ist Sohn dieser "bestimmten Klasse von Menschen". Trumps Wortwahl hat in Südafrika einen bitteren Geschmack, erinnert sie doch an die dunklen Apartheid-Zeiten, in denen das rassistische Regime Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe auch in "Klassen" einstufte - in Weiße, Asiaten, Farbige und Schwarze. Dass der US-Präsident eine derartige Apartheid-Sprache benutzt, wird in Südafrika als Hinweis auf Berater gesehen, die Trump zum Handeln motiviert haben dürften. Seit Jahrzehnten sind in den USA Lobbyisten für extreme weiße Südafrikaner aktiv. Man kann ohne Zweifel davon ausgehen, dass Trump von sich aus weder ein Interesse an der südafrikanischen Tagespolitik hat noch über tieferes Wissen darüber verfügt.
Bis heute wurde kein Land ohne Entschädigung enteignet
Vordergründig reagiert Trump auf ein vor wenigen Tagen vom südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa unterschriebenes Gesetz, das Landenteignungen ermöglicht. Was in Südafrika geschehe, sei "mindestens eine massive VERLETZUNG der Menschenrechte", so Trump. Bei seinem Angriff geht er offenbar davon aus, dass Landenteignungen in erster Linie weiße Südafrikaner treffen würden. Obwohl Weiße nur 8 Prozent der Bevölkerung ausmachen, besitzen sie weiterhin drei Viertel des Farmlandes. Aber: Bis zum heutigen Tag wurde in Südafrika kein Stück Land ohne Kompensation enteignet. Stattdessen hat die südafrikanische Regierung in den vergangenen dreißig Jahren nach dem Restitutionsmodell "williger Käufer-williger Verkäufer" Ländereien aufgekauft.
Auch das neue Gesetz gibt der Regierung keine freie Hand, Landbesitzer einfach so ohne Kompensation zu enteignen. Allerdings will die Regierungspartei ANC den ungerechten Landbesitz korrigieren - wenn auch bisher mit mäßigem Erfolg. Die 1913 erfolgte gesetzliche Aberkennung des Rechts auf Landbesitz für Einheimische und die damit verbundene Vertreibung von Schwarzen ist für den ANC, die Partei von Nelson Mandela, die Ursünde der Apartheid. Heute stellt der ANC zwar noch den Präsidenten, regiert aber in einer breit angelegten Koalition. Präsident Ramaphosas Entscheidung, das lang diskutierte Enteignungsgesetz unerwartet doch zu unterzeichnen, hat auch in der südafrikanischen Koalition mangels vorheriger Absprachen zu Verstimmung geführt. Doch selbst die von Weißen dominierte Demokratische Allianz kritisiert Trumps Interpretation als überzogen und unrealistisch.
Weltweit agierende rechte Lobbyisten malen ein anderes Bild. Es sind meist südafrikanische Auswanderer, unterstützt vom reichen südafrikanischen AFRIFORUM, einer rechts orientierten Vertretung weißer Interessen im Land am Kap. Auch während seiner ersten Amtszeit fanden sie bei Trump Gehör.
"Warum habt ihr offensichtlich rassistische Eigentumsgesetze?"
Ramaphosas Entscheidung, das Gesetz ausgerechnet jetzt zu unterschreiben, ist ein gefundenes Fressen für alle Kritiker Südafrikas. Derer gibt es besonders in den USA derzeit viele. Südafrikas wachsende politische und wirtschaftliche Nähe zu Russland und China als Teil des BRICS-Bündnisses sowie die Genozid-Klage gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen sind nur zwei Gründe. Der gebürtige Südafrikaner Elon Musk mischt auch ordentlich mit.
Das neue Gesetz sei kein "Enteignungs-Werkzeug", antwortete Ramaphosas zeitnah auf Trumps Attacke und bat um eine persönliche Audienz in Washington. Tatsächlich sind die Hürden für mögliche Enteignungen ohne Kompensation sehr hoch. Wie gesagt: Bis heute gibt es keinen einzigen Fall. Den Vorwurf rassistischer Beweggründe weist Pretoria vehement zurück. "Südafrikas Demokratie ist in Recht, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung verankert", schreibt Ramaphosa auf X.
An diesem Punkt schaltet sich Landsmann Elon Musk ein, dem das Netzwerk bekanntlich gehört. "Warum habt ihr offensichtlich rassistische Eigentumsgesetze?", fragt er Ramaphosa auf X. Musk ist zu Apartheid-Zeiten als Kind eines nachweislich rassistischen Vaters in Südafrika aufgewachsen. Der enge Trump-Berater und international einflussreiche Geschäftsmann beißt sich derzeit an Südafrika die Zähne aus. Sein Unternehmen Starlink wird hier nicht zugelassen, weil es rechtliche Vorgaben nicht erfüllt: In Südafrika müssen Unternehmen eine Beteiligung schwarzer Bürger nachweisen. Musk weigert sich, sich daran zu halten. In den vergangenen Monaten gab es diesbezüglich zahlreiche Gespräche zwischen Ramaphosa und Musk.
In Südafrika ist die Verärgerung über Trumps Vorstoß groß. Aber die Angst auch. Südafrika ist in vieler Hinsicht auf Zuwendungen aus den USA angewiesen. Umgerechnet 426 Millionen Euro waren es 2023. Südafrikas HIV/AIDS-Programm PEPFAR steht und fällt mit der Unterstützung aus den USA. Wenn es "fällt" bedeutet dies, dass hunderttausende Infizierte Zugang zu antiretroviralen Medikamenten verlieren. Südafrika hat die weltweit höchste Rate HIV-Infizierter, die medikamentös behandelt werden. Eine Unterbrechung der Medikation kann zur Bildung von Resistenzen führen und viele Menschenleben kosten.
Und so griff Ramaphosa zum Telefon und versuchte, den Streit zu entschärfen. Der Präsident habe am Montag mit Musk über "Fragen der Fehlinformationen und Verzerrungen über Südafrika" gesprochen, teilte sein Büro auf X mit. "Dabei bekräftigte der Präsident die in der Verfassung Südafrikas verankerten Werte der Achtung von Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit, Fairness und Gleichheit." Eine Reaktion von Musk auf das Telefonat steht noch aus.
Quelle: ntv.de