Nach mehr als 230 Jahren Vermont schickt als letzter US-Staat eine Frau in den Kongress
09.11.2022, 10:06 Uhr
Große Freude bei Becca Balint, ab Januar 2023 arbeitet sie in Washington.
(Foto: dpa)
Eigentlich ist Vermont als besonders liberaler und progressiver US-Bundesstaat bekannt. Dennoch dauerte es 230 Jahre, bis sich der kleine Bundesstaat von einer Frau in Washington vertreten lässt.
Nach mehr als 230 Jahren schickt auch der letzte US-Bundesstaat eine Frau in den US-Kongress. Die Wählerinnen und Wähler in Vermont entschieden sich bei der US-Zwischenwahl am Dienstag nach Angaben mehrerer US-Medien, die Demokratin Becca Balint ins Abgeordnetenhaus zu schicken. Eigentlich ist das kleine Vermont im Nordosten der USA als liberal bekannt - dennoch war es der letzte Bundesstaat ohne eine Frau im Repräsentantenhaus oder im Senat.
Die Gewinnerin Balint ist nicht nur die erste Frau, die Vermont in Washington vertritt, sondern auch die erste offen homosexuelle Abgeordnete aus dem Staat. Angetreten ist die ehemalige Lehrerin mit einer progressiven Politik. Die 54-Jährige warb für eine Gesundheitsversorgung für alle und bezahlten Familienurlaub. Unterstützt wurde ihre Kampagne vom bekannten linken Senator Bernie Sanders.
Männer besetzen seit Jahren die Senatssitze
Es bleibt jedoch eine Frage: Warum hat es 230 Jahre gedauert, bis es alle US-Staaten geschafft haben, eine Frau in den Kongress nach Washington zu schicken? Im Fall von Vermont gibt es dafür mehrere Gründe. Der kleine Bundesstaat hat nur drei Sitze im Kongress: zwei im Senat und einen im Repräsentantenhaus. Hinzu kommt ein anderer Faktor: Die erste Gouverneurin Vermonts, Madeleine Kunin, erklärte der "Washington Post", dass die Einwohner Vermonts sehr loyal gegenüber ihren Amtsinhabern seien.
Beispielhaft dafür sind die beiden Senatssitze: Der Demokrat Patrick J. Leahy hält seinen Posten seit 1974, abgelöst wird er wohl durch den Demokraten Peter Welch, der US-Medien zufolge in der Nacht sein Rennen gegen den Republikaner Gerald Malloy gewonnen hat. Den anderen Sitz hält seit 2007 Bernie Sanders, sein Vorgänger war 18 Jahre im Amt.
Dabei ist der kleine Bundesstaat auf Landesebene sogar vergleichsweise progressiv. Laut dem "Center for American Women and Politics" sind fast 42 Prozent der Sitze auf Landesebene weiblich besetzt, damit liegt der Staat im US-Vergleich auf Platz zehn. Doch laut "Washington Post" zogen sich Frauen, die auf Bundesebene kandidierten und verloren - anders als ihre männlichen Kontrahenten - häufig aus der Politik zurück.
Balints Herausforderer, Liam Madden, war sich übrigens der historischen Kampagne seiner Kontrahentin bewusst. Der von den Republikanern unterstützte Ex-Marine-Soldat signalisierte das zumindest laut "Washington Post" in einer Mail. Dort schrieb er, dass es für ihn wichtiger sei, "jemanden zu wählen, der einen Ausweg aus der tiefgreifenden politischen Dysfunktion und Korruption bietet, als einen anderen Parteigänger zu glorifizieren, in der Illusion, dass die Entsendung ähnlicher Leute nach Washington irgendetwas ändern wird". Seiner Kampagne hat das nicht geholfen. Am Ende hat Balint doch gewonnen. "Heute haben wir bekräftigt, dass Vermont und diese Nation immer noch Orte sind, an denen alles möglich ist", schreibt sie nach ihrem Erfolg auf Twitter.
Quelle: ntv.de, ses/dpa