Politik

BSW-Gründerin bei LanzWagenknecht hatte Kontakt zu Rechtsextremist Mörig

18.01.2024, 04:50 Uhr
imageVon Marko Schlichting
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Erst Anfang Januar hatte Wagenknecht das Programm ihrer neuen Partei vorgestellt. (Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen)

Parteigründerin Sahra Wagenknecht räumt Kontakte zu einem der Organisatoren des rechtsextremen Geheimtreffens in Potsdam ein. Bei Markus Lanz erklärt die Ex-Linken-Politikerin, dass sie von dessen politischen Ambitionen jedoch keine Ahnung gehabt habe.

Die Gründerin der Partei BSW, Sahra Wagenknecht, hatte vor Jahren Kontakt zum Rechtsextremisten Gernot Mörig. Das räumte die ehemalige Fraktionschefin der Linken im Bundestag am Mittwochabend in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" ein. Mörig gehört zu den Initiatoren einer Versammlung am 25. Oktober 2023 in der Potsdamer Villa Adlon, an der Mitglieder von AfD, CDU, Werteunion und der identitären Bewegung sowie weitere Personen teilgenommen hatten. Dabei wurde ein Plan zur Deportation von Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht und "nicht assimilierten" deutschen Staatsbürgern diskutiert. Die Versammlung wurde vom Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckt, das in der vergangenen Woche erstmals darüber berichtete.

Mörig praktizierte in Düsseldorf als Zahnarzt und war außerdem Lehrbeauftragter an der dortigen Universität. Nachdem Studenten seine völkischen Aktivitäten aufgedeckt hatten und meldeten, verlor er vor sechs Jahren seine Anstellung. Seit den 1970er Jahren ist Mörig führendes Mitglied der völkisch-rechtsextremistischen Szene in Deutschland. Laut Recherchen der "Zeit" gab es vor dem Treffen in Potsdam mindestens sechs weitere Zusammenkünfte. An mindestens einem dieser Treffen soll auch der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla teilgenommen haben.

Mailverkehr vor zehn Jahren

Mörig habe sich mit ihr 2013 oder 2014 per Mail in Verbindung gesetzt, sagt Wagenknecht nun bei Lanz. Er habe ein Abendessen mit dem linken Kabarettisten Volker Pispers in einem Restaurant organisiert. "Der (Mörig) hat mir nette Mails geschrieben", so Wagenknecht. "Ich war überhaupt nicht bösgläubig, dass der aus der rechten Szene kommt." Wagenknecht berichtete, dass sie "sehr gerne" in das Treffen eingewilligt habe: "Und dann haben wir zusammen zu Abend gegessen."

"Wenn mir jemand anbietet, dass ich einen Menschen treffen kann, den ich interessant finde, den ich hoch respektabel finde, dann freut mich das und dann mache ich das", verteidigt sich Wagenknecht. Wagenknecht berichtete, der Kontakt habe in der Folge über Jahre bestanden. Mörig habe ihr immer wieder E-Mails geschrieben, in denen er ihr zu gelungenen Talkshow-Auftritten gratulierte, sie habe sich jeweils bedankt, so die Parteichefin. Der letzte Kontakt sei mindestens Monate her, "eher Jahre". Dass Mörig ein einschlägiger Rechtsextremist ist, sei ihr erst klar geworden, als sie jetzt von dem Potsdamer Treffen im Oktober gelesen habe. "Ich mein', jetzt werd ich mit diesem Mann keinerlei Kontakte mehr haben. Aber wenn jemand sich so einführt, wenn jemand auf so 'ne Art Kontakt aufnimmt, dann erreicht er natürlich, dass man überhaupt nicht drüber nachdenkt, dass das ein Rechter ist", so Wagenknecht.

Für Marcus Bensmann von Correctiv, ebenfalls Gast bei Lanz, kommt diese Geschichte Wagenknechts nicht ganz überraschend. Mörig habe auf dem Treffen damit geprahlt, die Telefonnummer Wagenknechts zu besitzen. Das weist die Politikerin jedoch zurück. Es habe ausschließlich Mailverkehr gegeben, sagt sie. Entstanden sei der Kontakt durch Max Otte, der zu dieser Zeit ein bekannter Buchautor und Börsenspezialist war. Später rückte er politisch deutlich nach rechts, wurde Vorsitzender der Werteunion und kandidierte 2022 für die AfD für das Amt des Bundespräsidenten.

Auch wenn Wagenknecht glaubhaft versichert, dass sie von den rechtsextremistischen Umtrieben Mörigs nichts gewusst habe, ist es nicht das erste Mal, dass sich die Gründerin des "Bündnis Sahra Wagenknecht" mit zwielichtigen Personen umgibt. So veröffentlichte sie 1995 das kommunismus-theoretische Buch "Vorwärts - und vergessen?" gemeinsam mit dem heutigen Rechtsextremisten Jürgen Elsässer im Konkret Literaturverlag. Darin hob die ehemalige "Speerspitze" der "Kommunistischen Plattform" in der damaligen PDS unter anderem die wirtschaftspolitischen Leistungen des ersten DDR-Staatschefs Walter Ulbricht hervor.

Kritik an Deportationsplänen

Dass AfD-Politiker an dem rechtsextremistischen Treffen im Oktober teilnahmen, überrascht Wagenknecht derweil nicht. "Dass die AfD eine Partei ist, in der Nazis sind und wo man sich auch mit Nazis trifft, ist nicht ganz neu." Die auf dem Treffen diskutierten Deportationspläne nennt Wagenknecht "richtig düstere faschistische Ideologie". Die AfD habe Menschen, die sich damit identifizieren, in ihren eigenen Reihen. Als Beispiel nennt sie den AfD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Thüringen, Björn Höcke.

Was sie umtreibe, sei die Frage, wie man es schaffen könne, dass nicht so viele Menschen in Deutschland so politisch heimatlos wären und eine Partei wie die AfD wählten, sagt Wagenknecht. Schuld daran sei die jetzige Bundesregierung und ihre verfehlte Politik. Wichtig sei, den politisch Heimatlosen eine politisch seriöse Adresse zu geben, damit diese nicht aus Protest die AfD wählten.

Dass die neue Wagenknecht-Partei diese Adresse sei, sagt sie zwar nicht, aber man merkt ihr an, dass sie es tun würde. Moderator Markus Lanz nimmt ihr das ab. Immerhin: Ganz falsch scheint Wagenknecht mit ihrer Annahme nicht zu liegen. Laut einer Umfrage würde ihre Partei in Thüringen aktuell auf 17 Prozent der Wählerstimmen kommen. Dort wird im September ein neuer Landtag gewählt. Stärkste Partei wäre dort derselben Umfrage zufolge die AfD.

Quelle: ntv.de

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