Massive Luftangriffe auf Ukraine Warschau: Russische Rakete drang in polnischen Luftraum ein
29.12.2023, 15:46 Uhr Artikel anhören
Nach polnischen Angaben durchflog eine russische Rakete kurz den Luftraum des EU- und NATO-Staates.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
In der Nacht überzieht Russland mehrere Städte in ganz Ukraine mit massiven Luftangriffen, mindestens 18 Menschen sterben, Dutzende werden verletzt. Nach ukrainischen Angaben feuert Moskau etwa 110 Raketen ab. Wie nun die polnische Armee bekannt gibt, dringt eine davon in den Luftraum des NATO-Staates ein.
Eine russische Rakete hat polnischen Armeeangaben zufolge am Freitagmorgen den polnischen Luftraum durchflogen und in Richtung Ukraine wieder verlassen. "Alles deutet darauf hin, dass eine russische Rakete in den polnischen Luftraum eingedrungen ist", sagte der polnische Generalstabschef Wieslaw Kukula vor Journalisten. Die Rakete sei mithilfe eines Radars gesichtet worden und habe den Luftraum des EU- und NATO-Staates gleich wieder in Richtung Ukraine verlassen. Den Angaben zufolge befand sich die Rakete etwa drei Minuten lang im polnischen Luftraum und überflog dabei 40 Kilometer.
Es gab keine genauen Angaben dazu, wo das Flugobjekt vom Radar verschwunden war und in welche Richtung es flog. Der Nachrichtensender TVN24 zeigte Bilder, wie Polizisten und Soldaten in der Nähe der Stadt Zamosc im Südosten des Landes nach Trümmern suchten. "Das Objekt war schwarz, etwa ein bis zwei Meter lang und flog sehr niedrig, niedriger als ein Flugzeug", berichtete ein Bewohner des Dorfes Komarow-Osada.
Der Vorfall ereignete sich vor dem Hintergrund einer der heftigsten Angriffswellen der vergangenen Monate. Dabei setzte Russland nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "fast alle Arten von Waffen" ein - Hyperschall-Raketen vom Typ Kinschal, Raketen vom Typ S-300 sowie Marschflugkörper und Drohnen. Der Großteil der etwa 110 Raketen wurde der ukrainischen Luftwaffe zufolge abgefangen.
Nach Angaben der ukrainischen Behörden wurden in sechs Städten überall im Land unter anderem Schulen, Einkaufzentren und Wohnhäuser angegriffen. Dabei wurden mindestens 18 Menschen getötet und mehr als 130 weitere verletzt. International wurden die massiven russischen Angriffe scharf kritisiert.
Polens Generalstabschef sagte, man habe in der Nacht die Flugbahn der meisten russischen Raketen verfolgt. Eine von ihnen habe dann die ukrainische Grenze zu Polen überflogen. "Wir haben unsere Flugzeuge angewiesen, sie abzufangen und falls nötig abzuschießen." Dies sei aber wegen der kurzen Zeit und der Art und Weise, wie die Rakete flog, nicht möglich gewesen. Sicherheitshalber würden nun gleichwohl Soldaten im Verlauf der Flugbahn am Boden noch nach eventuellen Trümmern suchen.
Regierungschef Donald Tusk hielt ein Treffen mit Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz, dem Generalstab der Armee sowie Geheimdienstchefs ab. Polens Präsident Andrzej Duda berief eine Sitzung des Büros für Nationale Sicherheit ein. Er informierte auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg über den Vorfall. "Die NATO steht in Solidarität zu unserem geschätzten Verbündeten, wir beobachten die Situation und bleiben in Kontakt, während die Fakten ermittelt werden", schrieb Stoltenberg auf X. Aus dem Weißen Haus hieß es, der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan habe mit seinem polnischen Amtskollegen Jacek Siewiera gesprochen und technische Hilfe angeboten. US-Präsident Joe Biden verfolge die Angelegenheit genau.
Im November 2022 war in einem polnischen Dorf im Grenzgebiet zur Ukraine eine Rakete eingeschlagen, zwei Zivilisten kamen ums Leben. Der Westen geht davon aus, dass es sich um eine ukrainische Flugabwehrrakete gehandelt hat, die zur Verteidigung gegen russische Angriffe eingesetzt worden war.
Quelle: ntv.de, uzh/AFP/dpa