Chaos bei Ansturm auf Hilfsgüter Weltweit Entsetzen nach Dutzenden Toten in Gaza-Stadt
01.03.2024, 13:01 Uhr Artikel anhören
Verwundete Palästinenser werden in einem Krankenhaus in Gaza-Stadt behandelt.
(Foto: AP)
Die Empörung in aller Welt ist groß über das Blutbad bei Hilfslieferungen in Gaza-Stadt. Außenministerin Baerbock zeigt sich erschüttert und fordert Aufklärung durch Israel. Auch die USA verlangen "Antworten", Frankreichs Präsident Macron spricht sich für eine sofortige Waffenruhe aus.
Der Tod zahlreicher Menschen in der Stadt Gaza bei der Ankunft von Lebensmittelhilfen hat international für Entsetzen und scharfe Kritik gesorgt. Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich erschüttert und forderte Aufklärung durch Israel. "Menschen wollten Hilfsgüter für sich und ihre Familien und fanden den Tod. Die Berichte aus Gaza erschüttern mich", schrieb die Grünen-Politikerin auf X. Die israelische Armee müsse lückenlos aufklären, wie es zu Massenpanik und Schüssen kam. Sie bekräftigte ihre Forderung nach einer humanitären Feuerpause, "damit die Geiseln endlich aus den Händen der Hamas freikommen und nicht noch mehr Menschen in Gaza sterben. Und Hilfe sicher verteilt werden kann."
Auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron äußerte auf X "große Empörung über die Bilder aus Gaza, wo Zivilisten von israelischen Soldaten ins Visier genommen wurden". Eine sofortige Waffenruhe sei zwingend erforderlich. "Ich verurteile diese Schüsse scharf und verlange Wahrheit, Gerechtigkeit und Respekt für das Völkerrecht", erklärte Macron. "Die Situation in Gaza ist dramatisch. Alle Zivilbevölkerungen müssen geschützt werden."
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zeigte sich schockiert: "Ich bin entsetzt über die Nachrichten über ein weiteres Blutbad unter Zivilisten in Gaza, die verzweifelt humanitäre Hilfe brauchen", schrieb der EU-Außenbeauftragte Borrell auf X. "Diese Todesfälle sind absolut inakzeptabel."
UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte "Akte der Gewalt". "Wir wissen nicht genau, was geschehen ist", sagte sein Sprecher Stéphane Dujarric in New York. "Aber ob diese Menschen nun durch israelische Schüsse getötet wurden, ob sie von der Menge erdrückt oder von Lastwagen umgefahren wurden, es handelt sich um Akte der Gewalt, die in gewisser Weise mit diesem Konflikt in Verbindung stehen." Guterres selbst forderte bei einem Besuch im Karibikstaat St. Vincent und die Grenadinen eine "unabhängige Untersuchung" der Ereignisse.
Die USA pochten ebenfalls auf "Antworten". "Wir benötigen dringend zusätzliche Informationen darüber, was genau geschehen ist", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in Washington. US-Präsident Joe Biden äußerte derweil die Befürchtung, dass der tödliche Vorfall die Verhandlungen über eine erneute Feuerpause im Gazastreifen erschweren werde. China zeigte sich ebenfalls empört über den Tod Dutzender Menschen. "China ist schockiert über diesen Vorfall und verurteilt ihn aufs Schärfste", sagte die chinesische Außenamtssprecherin Mao Ning. "Wir drücken unsere Trauer um die Opfer und unser Mitgefühl für die Verletzten aus".
Dutzende Tote und Verletzte in Gaza
Nach Angaben der israelischen Armee war es am Donnerstag in der Stadt Gaza zu einem "Gedränge" gekommen, als Tausende Menschen sich um einen Konvoi von 38 Hilfstransportern versammelten. Dabei habe es Dutzende Tote und Verletzte gegeben, von denen einige von Lastwagen überfahren worden seien. Ein Vertreter der israelischen Armee räumte eine "begrenzte" Zahl von Schüssen durch israelische Soldaten ein, die sich "bedroht" gefühlt hätten. Das von der palästinensischen Terrororganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium des Gazastreifens sprach von einem "Massaker", bei dem 112 Menschen getötet und 760 weitere Menschen verletzt worden seien.
In New York befasste sich der UN-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung hinter verschlossenen Türen mit dem tödlichen Vorfall. "Der Sicherheitsrat sollte sagen, dass das Maß voll ist", sagte der Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde bei den Vereinten Nationen, Rijad Mansur, vor der Sitzung. Algerien legte einen Entwurf für eine Erklärung vor, in dem "tiefe Besorgnis" zum Ausdruck gebracht wird und "Schüsse der israelischen Armee" für die Eskalation der Lage verantwortlich gemacht werden. Mansur sagte nach der Sitzung, 14 der 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates hätten den Text unterstützt.
Nach Angaben aus diplomatischen Kreisen waren die Veto-Macht USA dagegen, Israel verantwortlich zu machen. Die Verhandlungen wurden aber fortgesetzt. Der stellvertretende US-Botschafter bei der UNO, Robert Wood, sagte, es werde nach einer Wortwahl gesucht, um zu einer gemeinsamen Erklärung des Gremiums zu kommen. "Das Problem ist, dass wir nicht alle Fakten vorliegen haben."
Der Gazakrieg war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Hunderte Terroristen verübten Gräueltaten vorwiegend an Zivilisten und töteten nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen und verschleppten rund 250 Geiseln in den Gazastreifen. Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Dabei wurden nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 30.000 Palästinenser getötet.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP