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"Gott segne den Nahen Osten" Dieser Deal brauchte einen wie Trump

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Der Deutsch-Israeli Alon Ohel erblickt die Landsleute, die ihn vor dem Krankenhaus empfangen.

Der Deutsch-Israeli Alon Ohel erblickt die Landsleute, die ihn vor dem Krankenhaus empfangen.

(Foto: Getty Images)

Eigentlich war schon lange klar: Wer das Leben der Geiseln und der Menschen in Gaza retten will, muss den Krieg beenden und einen Deal machen. Doch das schien unmöglich. Donald Trump hatte keinerlei Qualifikation, den Konflikt zu lösen. Und war damit für den Job genau der richtige.

Die Chance auf Frieden im Nahen Osten braucht Leute wie Donald Trump und Dinge wie Danny Mirans Bart. Was hat der US-Präsident mit einem Bart gemeinsam? Beide beweisen, dass die kompliziertesten, vertracktesten politischen Konflikte manchmal nur zu lösen sind, wenn man alle Argumente, alle Pros und Contras einfach wegschiebt und erkennt: Was hier passiert, das darf nicht sein und muss enden. No matter what, egal was es kostet.

Danny Miran hat das für sich beschlossen am 7. Oktober 2023. An dem Tag, als sein Sohn Omri als eine von 251 Hamas-Geiseln nach Gaza verschleppt wurde, entschied Danny, sich nicht mehr zu rasieren. 738 Tage lang ließ er seinen weißen Bart wachsen, um sich selbst und allen anderen eines unmissverständlich klarzumachen: Dieses Schicksal wird nicht akzeptiert. Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Nicht, wenn man sein Kind als lebendige Geisel in den Klauen von Bestien weiß. Das darf nicht sein.

Eine sehr einfache Botschaft, die Danny Miran ausdrückte, und die dennoch fast zwei Jahre lang von den entscheidenden Akteuren nicht verstanden wurde. Sie brauchte einen Empfänger, dem einfache Botschaften liegen: Danny Miran brauchte Donald Trump.

Während der US-Präsident in seiner eigenen Heimat die Säulen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Stücke haut, hat er im Mittleren Osten etwas vollbracht, was an vielen der zurückliegenden 738 Tage absolut unmöglich erschien: eine Einigung zwischen der rechten israelischen Regierung und einer islamistischen Terrororganisation sowie: Freiheit für Omri Miran und die 19 anderen noch lebenden Geiseln.

Wer ermessen möchte, was Trump gelungen ist, kann sich ins Gedächtnis rufen, wie sehr die vergangenen zwei Jahre von folgendem Szenario geprägt waren: Der x-te Deal-Entwurf liegt in Katars Hauptstadt Doha auf dem Tisch. Wochenlang wird verhandelt, eine Einigung scheint erreichbar, schließlich erklärt eine der beiden Seiten, warum dieser Deal selbst beim besten Willen leider doch absolut unannehmbar ist. Zuweilen waren sich die Unterhändler in Katar schon einig geworden, doch Israels Premier Benjamin Netanjahu fand dann immer noch einen Passus im Dokument, der den Abschluss des Vertrags verhinderte.

Geiselfamilien verfolgen, wie die Befreiten zunächst zur medizinischen Untersuchung gebracht werden.

Geiselfamilien verfolgen, wie die Befreiten zunächst zur medizinischen Untersuchung gebracht werden.

(Foto: dpa)

Zweimal tatsächlich gab es eine Waffenruhe in jener Zeit, fragile Zustände, die einigen israelischen Geiseln die Freiheit schenkten. Die anderen Familien warteten voller Hoffnung, die Rettung ihrer Lieben - zum Greifen nah. Die Menschen in Gaza atmeten auf, keine Bombenhagel mehr, vielleicht für immer? Doch beide Male entschied Netanjahu anders. Er ließ erneut die Waffen sprechen, der Krieg ging weiter, erbitterter noch als zuvor.

So destruktiv, so zum Verzweifeln entwickelte sich die Lage im Nahen Osten, versackte jede einzelne Verhandlungsrunde zwischen Israel und der Hamas im Nichts, dass viele die Hoffnung verloren.

Nie jedoch Danny Miran und die anderen Familien der Verschleppten. Woche für Woche standen sie auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv. Dachten sich neue Aktionen aus, pflasterten das Land mit Plakaten, machten Musik, liefen zu Fuß nach Jerusalem, gaben unzählige Interviews, wurden nicht leise. Danny Miran akzeptierte das Schicksal an keinem Tag dieser zwei Jahre und musste doch zusehen, wie die Aussicht auf Rettung seines Sohnes immer mehr schwand.

Doch dann kam der 9. September. Der Tag, an dem Netanjahu einen Fehler beging. Wieder einmal lag in Doha ein Deal auf dem Tisch, wurde verhandelt, näherte man sich an, da eskalierte der israelische Regierungschef: Er ließ die Luftwaffe einen Anschlag auf die dort anwesenden Hamas-Vertreter ausüben. Zu spät erkannte der gewiefte Premier, dass er hier einen Schritt zu weit gegangen war. Denn mit dieser Attacke brachte er denjenigen gegen sich auf, der als einziger für Israels Sicherheit absolut unverzichtbar ist: den US-Präsidenten.

Erst kurz zuvor hatten die USA mit Katar einen Handelsvertrag abgeschlossen, im Nahen Osten hatte sich Doha zu einem wichtigen Partner der USA entwickelt. Und nun wurde der von Netanjahus Armee bombardiert? So ging es nicht.

Beim Besuch Netanjahus in Washington hielt Trump dem Israeli ein Telefon hin mit einer unmissverständlichen Anweisung: Hier ist gleich Katar am Apparat, und da ist eine Entschuldigung fällig. Netanjahu willigte ein und entschuldigte sich bei den Arabern. Eine Machtdemonstration Donald Trumps, vor aller Welt wies er den israelischen Premier in die Schranken.

Die Evyatar David erreicht nach 738 Tagen Gefangenschaft Israel.

Die Evyatar David erreicht nach 738 Tagen Gefangenschaft Israel.

(Foto: dpa)

Zugleich konnte der Amerikaner den Arabern Schutz vor Israel anbieten. Im Gegenzug sollten sie die Hamas zur Aufgabe zwingen. Druck aus Doha und aus Istanbul soll schließlich die Terroristen dazu gebracht haben, sich auf den vorliegenden Deal einzulassen, neben einer ziemlich direkten Gewaltandrohung aus dem Weißen Haus.

Doch Trump beließ es nicht bei Druck auf die eine Seite, er machte auch Netanjahu klar, dass die Zeit des Zögerns vorbei war. Keine Argumente mehr, keine Ausflüchte, nichts. Der Deal, den unter anderem Trumps Schwiegersohn Jared Kushner mit ausgearbeitet hatte, war zu unterschreiben. Und zwar jetzt. Nicht allein die 20 Punkte in diesem Papier machten den Unterschied, nicht nur Kushners Geschick im Verhandeln mit den Terroristen, sondern vor allem auch der Zwang, den plötzlich Netanjahu spürte, den Deal zu akzeptieren.

Mehr als eine Stunde lang sprach der US-Präsident heute vor dem israelischen Parlament in Jerusalem, beschwor den historischen Moment und hielt dabei eine absolut unhistorische Rede. Er überschüttete seine Getreuen mit Lob. Er hob hervor, dass sein Nahost-Beauftragter Steve Wittkoff, wenn man bedenkt, dass er eigentlich in Immobilien macht, doch einen super Job gemacht habe. Er stellte heraus, dass Netanjahu ja kein ganz einfacher Typ sei, und fragte bei der Gelegenheit nach, ob man ihm nicht die drohende Strafe wegen Korruptionsverdacht erlassen könnte.

"Gott segne den Nahen Osten", sagte Trump in einem Moment feierlich und sorgte sich an anderer Stelle grinsend, ob er nicht zu spät in Ägypten zur Unterzeichnung des Vertrags einträfe. Die anderen Staatschefs, die "mit ihren Boeings" schon angereist seien, wären dann womöglich gar nicht mehr da.

In einem wahrlich historischen Augenblick äußerte der US-Präsident profane Gedankengänge, zeigte ein kindlich-naives, simples Gemüt. Genau das jedoch war hier der Schlüssel zum Erfolg. Nach zwei Jahren immer wieder gescheiterter Verhandlungen, die so viele der Geiseln das Leben kosteten, musste jemand kommen mit einem Gemüt wie Donald Trump: Der sieht in einer Friedenslösung im Nahen Osten für sich selbst geschäftliche Vorteile und möchte außerdem als Friedensstifter in die Geschichtsbücher eingehen. Beides machte Trump für Danny Mirans einfache Botschaft so empfänglich.

Alle Argumente beiseite schieben und Frieden erzwingen, nichts anderes hätte hier funktioniert. So wurde heute ein erster, aber enorm wichtiger Schritt hin zu einem Frieden im Nahen Osten geschafft. Und wenn die israelischen Familien, die heute ihre Liebsten zurückbekommen haben, irgendwann doch mal erschöpft ins Bett gehen, dann kann sich Danny Miran vor dem Spiegel in Ruhe seinen Bart abrasieren.

Quelle: ntv.de

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