Sport

Vorkehrungen wie für Staatsgäste Die BBL verabschiedet sich in den Lockdown

Ab Samstag ist Kontakt wieder erlaubt.

Ab Samstag ist Kontakt wieder erlaubt.

(Foto: imago images/Philippe Ruiz)

Niemand darf rein, kaum jemand darf raus: Um ihre Saison zu beenden, versetzt sich die Basketball-Bundesliga für ihr Samstag beginnendes Turnier selbst in Quarantäne. In München entsteht eine BBL-Welt. Wie sieht es darin aus? Und was sollen diese drei Wochen bringen?

Wurfmaschine, Golf-Simulator und "Futter für die Seele": Beim außergewöhnlichen Quarantäne-Turnier der Basketball-Bundesliga soll für die Profis erst gar kein Lagerkoller aufkommen. Für bis zu mehr als drei Wochen werden die zehn Teams in einem Vier-Sterne-Hotel am Rande eines Gewerbegebiets nahe des Münchner Olympiazentrums abgeschottet. Kontakt zur Außenwelt sowie zu Familien und Freunden ist im Hygiene- und Sicherheitskonzept untersagt. Abseits des Parketts stehen aber zumindest einige Annehmlichkeiten für die Spieler bereit. Die strengen Regeln, um die Saison ab Samstag in Turnierform zu beenden, gehen dabei noch deutlich über die der Fußball-Bundesliga hinaus. "Wir kennen die Situation von Sicherheitsvorkehrungen für Staatsgäste", berichtet Stephan Loewel, regionaler Manager für das Leonardo Royal Hotel München, "aber selbst da sind wir nicht komplett so geschlossen wie jetzt."

Wie ist das sportliche Niveau nach der langen Pause? Was genau die Zuschauer am TV-Bildschirm ab Samstag (6. Juni) auf dem Court in München zu sehen bekommen, ist noch ungewiss. Die zehn der 17 Bundesligisten, die am Event teilnehmen, haben aufgrund der Coronaregeln teils unterschiedlich lange und intensiv trainiert. Vielerorts werden wichtige Spieler dem Turnier fernbleiben. Effizient musste in der kurzen Vorbereitungszeit gearbeitet werden. Insgesamt ist die Situation ein Vorteil für die eingespielten Favoriten, glauben die Coaches.

Die zehn teilnehmenden Klubs

FC Bayern München
MHP Riesen Ludwigsburg
Alba Berlin
Hakro Merlins Crailsheim
EWE Baskets Oldenburg
Rasta Vechta
Brose Bamberg
BG Göttingen
Ratiopharm Ulm
Fraport Skyliners Frankfurt

Wer ist überhaupt dabei? Jedes der zehn Teams darf inklusive Profis maximal 22 Personen bestimmen, die zum inneren Zirkel der sogenannten Aktivzone gehören. Hinzu kommen unter anderem Schiedsrichter und Mitarbeiter der Liga. Die 260 direkt Beteiligten werden auf 260 Einzelzimmern verteilt. Alle Türen zum Hotel sind gegen unbefugten Zutritt von außen geschlossen, auch der Innenhof ist gesichert. Rein geht es nur über die Rezeption. In Gruppen bis zu drei Personen dürfen Spieler und Betreuer das Hotel verlassen, aber nur zum Spazierengehen oder Joggen. Andere geschlossene Räume und Einkaufen sind verboten.

Wer ist Favorit? Tuomas Iisalo, Trainer der Hakro Merlins Crailsheim, sieht Bayern München deutlich in der Pole Position für den Titel. "Sie haben den stärksten Kader, den Heimvorteil und haben während der gesamten Coronazeit trainiert", sagte der Finne. Auch für Sebastian Gleim von den Frankfurt Skyliners führt "kein Weg an München vorbei". Trotzdem haben die Münchner den Ausfall Topscorer Greg Monroe und Routinier Nihad Djedovic zu verkraften, Nationalspieler Ismet Akpinar wurde dafür aber nachverpflichtet.

Bei einigen Trainern gelten neben Bayern München vereinzelt auch die EWE Baskets Oldenburg mit Vereinsikone Rickey Paulding als Kandidat - meistens fiel jedoch der Name Alba Berlin. "Sie sind eingespielt, qualitativ und quantitativ exzellent besetzt und haben auch in der EuroLeague großartige Spiele gezeigt", meinte John Patrick, Coach der MHP Riesen Ludwigsburg: "Vor dem Hauptrunden-Abbruch haben sie durch den Pokalsieg zusätzliches Selbstvertrauen getankt."

Was ändert sich bei den Spielen? Die Zuschauer werden im Audi Dome fehlen - und auch sonst ist vieles anders. Es gibt keine Einlaufkinder, keine Maskottchen, keine Cheerleader, kein Händeschütteln. Auch Bodenwischer, die den rutschigen Schweiß wegfeudeln, fehlen. Diese Aufgabe wird von Teammitgliedern oder Betreuern übernommen. Wischmobs stehen an den Spielerbänken. Geduscht werden soll im Hotel. Wenn der Ball einen Zwei-Meter-Sicherheitsbereich um das Feld verlässt, muss er desinfiziert werden, bevor er wieder benutzt werden kann.

Was ist mit gemeinsamen Essen? Die Mahlzeiten werden am Büffet eingenommen, aufgeteilt auf verschiedene Slots zu bestimmten Zeiten. Die Hotel-Mitarbeiter bringen Essen sowie Geschirr und verlassen den Raum vor dem Essen wieder. Um Abwechslung zu garantieren, wurden vorab Wünsche der Profis abgefragt. "Nach drei Wochen Spaghetti Bolognese und Hähnchenbrust würden uns wohl die meisten Sportler aufs Dach steigen", sagt Loewel. Das Hotel will dabei abends auch sogenanntes "Futter für die Seele" als Abwechslung zur Sportlernahrung anbieten: "Mal ein Schnitzeltag, mal Pizza, mal ein Leberkas."

Kommt da nicht Langeweile auf? Im Hotel gibt es einen Ballsaal mit 730 Quadratmetern, in einer Hälfte soll den Spielern ein sogenanntes Funzentrum zur Verfügung stehen. Eine Basketball-Wurfmaschine, Dartmaschine, Tischtennisplatte, Kicker, ein Golf-Simulator und die Möglichkeit, Basketball an der Videokonsole zu spielen, werden aufgebaut. Die Ein-Gigabyte-Internetleitung musste nicht ausgebaut werden. Dazu gibt es vor dem Ballsaal ein Foyer mit Loungemöbeln zum Abhängen.

Warum gibt es so wenige Corona-Tests? Aufgrund der Gruppenisolation aller aktiven Beteiligten wird ein Corona-Test pro Woche als angemessen angesehen. Bei einem positiven Test wird die Person sofort isoliert, es ist keine automatische Quarantäne für das komplette Team vorgesehen.

... und was soll das bringen? Die Ligaführung unternahm viele Anstrengungen, damit die BBL als einzige große deutsche Sport-Liga neben dem Fußball wieder spielen kann. Das begreifen die Teams daher als einmalige Gelegenheit. "Wir wollen Basketball in Deutschland nach vorne bringen", sagte Sebastian Gleim, Frankfurts Coach: "Das ist absolut einer der Gründe, warum wir auch mitspielen wollten."

Quelle: ntv.de, tsi/dpa/sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen