Interview mit Florian Wanner"Ich bin ein Wettkampftyp"
Überraschung pur in Osaka: Mit Florian Wanner gewinnt erstmals seit 1995 wieder ein deutscher Judoka Gold bei einer Weltmeisterschaft.
Sie sind erster deutscher Judo-Weltmeister seit acht Jahren, haben Sie diesen Triumph schon realisiert?
Darüber muss ich erstmal eine Nacht schlafen. Das ist nicht zu fassen. Es war einfach mein Tag. Allein schon eine Weltmeisterschaft in Japan zu kämpfen, ist ein tolles Erlebnis. Und dann auch noch so erfolgreich. Ich fasse das nicht.
Im Finale stand der zweimalige Europameister Sergej Aschwanden aus der Schweiz 73 Sekunden gegen Sie auf der Matte. Sie kämpfen in der Bundesliga beide für den TSV München-Großhadern und kennen sich gut. Wie war Ihr Plan?
Sergej und ich kennen uns beide in- und auswendig. Ich wusste, dass es eine enge Kiste wird und dass meine Chance bei 50 Prozent steht. Ich wollte ihn überraschen, und das ist perfekt gelungen. Als ich meine Kontertechnik durchgebracht hatte, war ich noch skeptisch, weil an der Matte protestiert wurde. Doch dann zeigte der Mattenrichter Ippon, und ich wusste, dass mir niemand mehr den Sieg wegnehmen konnte.
Vor zwei Jahren sind Sie bei der Heim-WM in München nach einer Niederlage im ersten Kampf gescheitert. Haben Sie daran heute irgendwann gedacht?
An Niederlagen sollte man sich nie erinnern. Mein dritter Platz bei der EM im Mai in Düsseldorf hat mich aufgebaut. Ich denke, ich bin ein Wettkampftyp und kann mich in solchen Situation besonders gut konzentrieren. München war eher eine Ausnahme.
Was bedeutet dieser Triumph für das deutsche Judo?
Wir haben eine sehr, sehr lange Durststrecke hinter uns und haben zu Recht in den letzten Jahren viel Prügel bezogen. Jetzt geht es aufwärts. Frank Wieneke ist ein guter Bundestrainer und dafür verantwortlich, dass sich wieder Erfolge einstellen.
Wie belohnen Sie sich nach diesem großen Tag?
Ich denke, ich werde mir erstmal ein japanisches Bierchen genehmigen. Dann werde ich zu Hause meine Familie anrufen. Ich glaube, die Eltern drehen bestimmt durch. Dann wird es noch ein langes Telefonat mit meiner Freundin Auri geben, und sicher leeren wir auch mit der Mannschaft im Hotel noch die eine oder andere Flasche. Aber eigentlich bin ich schon ganz schön kaputt.
Aufgezeichnet von Peter Stracke (Sport-Informationsdienst)